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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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unauffälliger Gebäude umgab und deren Bezirke man mit einem gemütlichen Nachmittagsspaziergang durchqueren konnte. Durch stillschweigende Übereinkunft, vielleicht auch von Gesetzes wegen, war kein Gebäude höher als vier Stockwerke, und die meisten waren in Weiß, Rosa und Blau gehalten, so daß sie sich harmonisch in die Landschaft einfügten. Nirgends waren Fabriken zu sehen, und die dem Gewerbe vorbehaltenen Gebäude waren kleine Gasthöfe, Restaurants, Boutiquen, Tavernen und so weiter. Einige kleine, offene Schwebetaxis standen zur Verfügung, doch die Bevölkerung schien überwiegend zu Fuß zu gehen.
    Kurz gesagt, als ich am Strand aus dem Schweber ausstieg, der mich von Lorienne herübergebracht hatte, stand ich in einer grünen, stillen Szene, glücklich isoliert vom Gedränge in den Zentren der zivilisierten Welten; eine Gegend für Ferien und Sportler oder für jene, die ein gemütlich zurückgezogenes Leben dem komplizierten Stadtleben vorzogen. Seltsam, doch das Ambiente erinnerte mich irgendwie an Nouvelle Orlean, nachdem ich einerseits so viele Wochen in Baumwipfeln verbracht und andererseits die künstlichen Umwelten von Edoku und Ciudad Pallas und die der Sprungschiffe gesehen hatte, wenn certainement Florida auch ein bescheidenes Kleinformat von Nouvelle Orlean war.
    Den Ort herauszufinden, wo Pater Pan sich höchstwahrscheinlich aufhielt, war ganz einfach, denn selbst vom Strand aus konnte ich deutlich ein Gesprenkel vielfarbiger Zelte auf einem Plateau etwa drei Viertel die Hügelflanke hinauf sehen.
    Ich nahm kein Schwebetaxi, sondern ging zu Fuß durch die Straßen der Stadt zum betreffenden Hügel. Die Straßen waren gepflastert oder, besser, bestreut mit buntem Kies aus winzigen Muscheln und den Bruchstücken größerer Exemplare, die angenehm unter den Füßen knirschten, wenn man darauftrat.
    Die Bürger der Stadt schienen in zwei Gruppen zu zerfallen: etwas bleiche Städter, offenbar auf Urlaub, und gut gebräunte Einheimische, die deutlich in der Minderzahl waren. Lendenschurze, Shorts, Badeanzüge und so weiter waren die bevorzugten Kleidungsstücke, doch auch völlig nackte Körper fehlten nicht, wenn auch naturellement der ästhetische Effekt all dieses nackten Fleisches bei den gutaussehenden Eingeborenen erheblich angenehmer war als bei den turistas. Seltsam – obwohl es hier viele junge Leute gab und obwohl ein solcher Ferienort ideal für solche Unternehmungen schien, sah ich keine organisierten Trupps von Straßensängern, Händlern, Geschichtenerzählern und so weiter auf diesen vielversprechenden Straßen.
    Dennoch, die Sonne schien hell, die Stadt war angenehm, die linde Luft trug süße Düfte von Blumen und salzigem Tang heran, und mein Geist schwebte trotz aller Befürchtungen meines Verstandes, denn es war wirklich schwer, sich in einer solchen Umgebung solch dunkle, urbane Schrecken wie die Ladersucht vorzustellen.
    Als ich schnaufend und leicht schwitzend den Vorsprung erreichte, auf dem sich das Lager befand, war mein Geist immer noch leicht. Dieses Camp besaß nicht die Größe und die Pracht, mit der sich die Gypsy Joker im großen Edoku eingerichtet hatten, aber dennoch füllte sein Anblick mein Herz mit einer rosigen, nostalgischen Sehnsucht nach dem goldenen Sommer, den ich als neugeborenes Kind des Glücks dort verbracht hatte. Und obwohl dieses Lager kaum mehr als ein oder zwei Dutzend Zelte in verschiedenen Größen, Formen und Farben umfaßte, stellte der Ausblick, den es bot, alles, was ich auf Edoku gesehen hatte, in den Schatten. Vom Rand des Lagers blickte ich über die bewachsenen Hügelflanken hinunter, über die winzigen Häuser der Stadt und den rosafarbenen Strand hinweg, zu einem azurblauen Meer, auf dem winzige blaue, weiße und rosafarbene Segel im Wind trieben wie ein Schwarm bunter Seemöwen.
    Erst als ich das Lager selbst betrat, löste sich der Bann der friedvollen und vollkommenen Schönheit auf.
    Einmal waren überwiegend sehr junge, halbstarke Alpaner anwesend, kaum alt genug, um als Kinder des Glücks auf ihrem Wanderjahr von anderen Planeten gekommen zu sein; einige trugen zwar das Vielfarbige Tuch, doch ihre Halstücher und Schärpen waren aus neuen Flicken zusammengesetzt statt aus den ehrlich erworbenen Abzeichen eines Wanderlebens.
    Außerdem – und noch beunruhigender – waren praktisch keine Handwerker oder Imbißverkäufer zu sehen und keine tantrischen Künstler, als lebte das Lager – und ich sollte bald herausfinden, daß

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