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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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bestehenden Persönlichkeit war.
    Doch da bei jeder Ladung die Verstärkung auf Kosten eines Stabilitätsverlustes des Gesamtmusters geschieht, wird die ›Persönlichkeit‹ des Süchtigen immer unbestimmter – ganz ähnlich der Auflösung eines Holobildes, das zwar durch die Zerstörung von Teilen des Trägers nicht gestört wird, aber immer schwächer wird, bis im Auf und Davon die tödliche Phase erreicht wird.
    Alle Abhandlungen, die ich studierte, stimmten bis zu diesem Punkt überein, doch die Berichte über die Persönlichkeit des Ladersüchtigen selbst, das, was über die Natur der im Auf und Davon auftauchenden Dinge gesagt wurde, waren unbestimmter und fragmentarischer und immer nebulöser, je tiefer die Wissenschaftler in dieses fremdartige Reich einzudringen versuchten.
    Einige nannten es eine Serie von »Pseudopersönlichkeiten«, die durch zufällige Anregung von Neuronen im Erinnerungsspeicher des Gehirns geschaffen wurden – jene Speicher, aus denen die Individualität des bisherigen Menschen gelöscht worden war. Andere behaupteten, genetische Codes unserer Art würden in den leeren elektroholographischen Bereich hinaufgetragen, so daß sich die Archetypen, die als kollektives Unbewußtes in unseren Genen gespeichert seien, manifestieren konnten.
    Und über das Ende selbst wagten nur die Anhänger des Laders selbst zu spekulieren, und wie man erwarten konnte, waren sie einhellig der Meinung, daß das Atman selbst im Augenblick des Auf und Davon mit ihrem Geist verschmolz.
    Kein Wunder, daß es Menschen gab, die delphische Verkündungen von den Lippen solcher Orakel erwarteten – denn beruhten nicht alle primitiven Religionen der Menschen im Grunde auf dem Glauben, daß man, indem man ihre Vorschriften, Praktiken und Rituale beachtete, schon auf dieser Seite des Todes ein lebendes Nirwana erreichen könne? Vraiment, waren nicht solche Psychonauten, die Betrachtungen über den Tod anstellten, schon immer unsere Schamanen gewesen?
    Und gab es nicht solche Schamanen – oder wenigstens die Prätendenten auf den Thron – auch in unserem gebildeten und erleuchteten Zweiten Raumfahrenden Zeitalter? War nicht Cort, mein Psychonauten-Geliebter in Nouvelle Orlean, ein solcher? Und Raul? Und Imre? Und die sterbenden Babas des Bloomenveldts? Und vor allem Guy Vlad Boca, der das absolute Amüsement seiner kurzen, lebenslangen Suche im Duftgarten in seiner Blume der Vollkommenheit gefunden hatte.
    Aber Pater Pan? Auch ein noch so intensives Studium konnte mich nicht dazu bringen, mir auch nur vorzustellen, wie der König der Gypsies und der Prinz der Joker der tödlichen Verführung des Laders zum Opfer gefallen war. Nicht der Flötenspieler Pan, dessen Ziel immer die Reise ohne letztes Ziel gewesen war, nicht er, der geschworen hatte, alle Menschenwelten und die Geschichte unserer Art zu sehen oder beim vergeblichen Versuch edel unterzugehen. Wie konnte sich ein solcher Mann entschlossen haben, seine Geschichte als böse Farce zu beenden, als Ladersüchtiger, der in einer kleinen Stadt auf einem kaum bekannten Planeten sein Leben aushauchte?
    Ich wußte es nicht. Ich verstand es nicht. Doch bald genug würde ich mich der unausweichlichen Realität stellen müssen. Und alle Kräfte meines Geistes und alle meine Herzenswünsche sollten am Ende nicht gegen sie ankommen.

 
   29
     
     
    Florida war eine kleine Stadt, die an einer tropischen Bucht zwischen einem weiten, halbmondförmigen Strand und einem niedrigen, bewaldeten Gebirgszug, den Meeresalpen, lag – in Wirklichkeit waren letztere nur bessere Hügel, die scharf die Grenze der Stadt zum Inland umrissen, und wie erwartet lagen viele der teuersten Häuser auf dem Plateau, das knapp unter dem Kamm auf der Seeseite lag. Die Bucht war blau, der Sand verblüffend rosa, das Blattwerk der Hügel hatte rötlich-grüne Pastelltöne. Der Himmel war strahlend blau, und das Wasser der Bucht war gesprenkelt mit einem Dutzend oder mehr kleiner sandiger Inseln, auf denen nicht mehr wuchs als vereinzelte Büschel von purpurnem Salzgras.
    Hier und dort ragten Vergnügungsmolen und gedeckte Pavillons in die Bucht hinaus, und auf dem Wasser waren allerlei Freizeitfahrzeuge unterwegs, wobei Segelboote den Vorzug zu genießen schienen, deren dominierende Färbungen Blau, Rosa und Weiß waren.
    Es ginge vielleicht etwas zu weit, Florida als Stadt zu bezeichnen, denn in Wirklichkeit war es eher eine größere Gemeinde, die die Bucht mit einem Saum niedriger und bewußt

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