Kind des Glücks
nicht erlauben, jemand kostenlos mitfahren zu lassen, oder?« Irgendwie war dieser profane Geiz unter diesen Umständen eine freundliche Barmherzigkeit.
Wir starrten und einen langen Augenblick schweigend in die Augen, sagten Lebewohl oder, wie ich zu hoffen wagte, auf Wiedersehen, und umarmten uns; er schon lange bereit, sein selbstgewähltes Schicksal zu akzeptieren, während ich nicht die kleinste Ahnung hatte, was mein künftiges Ziel sein könnte.
Dann, als die stumme Umarmung sich schmerzhaft in die Länge zog, lachte Pater mit seiner Fähigkeit, den richtigen Augenblick zu finden, zuckte die Achseln und verzog das Gesicht zur komischen Nachahmung eines kleinen schmollenden Jungen. »Und da wir von einem fairen Handel sprechen«, sagte er ironisch, »nun, ich habe dir das tiefste Geheimnis meiner Seele offenbart, und jetzt mußt du das Geheimnis deines magischen Fühlens offenbaren.«
»Gut gesagt!« kicherte ich, erstaunt, daß in mir auf die Bitte des Flötenspielers ein solches Gelächter aufbrandete. »Wirklich, weit besser gesprochen, als der Sprecher selbst glauben würde.«
Ich zog den Fühler vom Finger und schob ihn feierlich auf Paters kleinen Finger.
»Das hier?« rief er. »Dieses gewöhnliche, billige Schmuckstück soll die Quelle deiner Kraft sein?«
»Entworfen ohne ästhetischen Anspruch und ökonomischen Wert, um nicht die Aufmerksamkeit von Dieben zu erregen«, erklärte ich ihm. »Attends.« Und während ich es sagte, nahm ich seine Hand, drückte auf den Ring, und bevor er wußte, was geschah, legte ich seine Hand über sein Lingam.
Der Ausdruck, der über sein Gesicht zog, hätte in einem Holo oder von einem Künstler in Öl festgehalten werden sollen, denn ich habe noch nie vorher oder nachher eine solche Mischung aus Erstaunen, Freude, Verwirrung und Verlegenheit gleichzeitig in einem menschlichen Gesicht gesehen. Er tastete sich vorsichtig ab, wobei er ein Stöhnen unterdrückte. Dann streichelte er die Innenseite seines Schenkels und starrte den Ring in verwirrtem Entzücken an.
»Merde!« rief er. »Ich wäre der letzte zu leugnen, wie sehr ich meine eigene Person schätze, doch selbst ich hätte nie geglaubt, daß ich mich selbst so lieben kann!«
»Mein Vater hat ihn gemacht«, erklärte ich. »Er nennt ihn den Fühler.«
»Dein Vater? Cuanto cuesta? Gewiß kannst du ihn doch überzeugen, einem amigo einen Nachlaß einzuräumen? Mit diesem Ding und den bereits überwältigenden Fähigkeiten des großen Pater Pari könnte ich die Frauen aller Welten in einer Weise beglücken, die Don Juan und Casanova wie Mönche erscheinen ließe!«
»Zweifellos«, sagte ich trocken. »Aber er ist um keinen Preis zu verkaufen. Auf allen Menschenwelten ist meiner der einzige, den es gibt, und mein Vater hat einen Eid geleistet, daß es keinen weiteren geben wird, solange ich nicht damit einverstanden bin.«
»Pas problem! Sage ihm nur, er soll eine einzige Ausnahme machen…«
»Und den priapischen Dämon an die unschuldigen Frauen der Welten verlieren?«
»Vraiment«, sagte Pater völlig ernst, indem er den Ring vom Finger zog und in meine Hände gab. »Wenn jeder Liebende auf allen Menschenwelten einen solchen Ring trüge, was würde aus der tantrischen Kunst! Wenn wir alle perfekte Meister der Freude wären, würden wir dann immer noch die Augenblicke erkennen, wenn über das Fleisch zwei wahre Geister zueinander sprechen?«
»Ich habe einen derartigen Mangel an Kommunikation zwischen uns nicht feststellen können…«, stichelte ich.
»Ich bin nicht ganz sicher, ob so ein Apparat nicht den Geist des Mutes der Liebe korrumpieren würde…«
»Ich spüre keine Korrumpierung im Mut meines Geliebten!« sagte ich nachdrücklich.
»Bien. Dann wirst du sicher nichts gegen meinen Vorschlag einwenden, daß unsere letzte passage d’amour auf Edoku au naturel geschehen soll. Ist es nicht gerecht, daß nun die ganz normale Frau aus ihrer magischen Festung treten soll, um einem wahren Geliebten bon voyage zu wünschen?«
»Gut gesprochen«, erklärte ich sofort, denn das Zittern, das ich bei seinen Worten fühlte, auf bizarre Weise dem einer Jungfrau ähnlich, die sich zum erstenmal vor ihrem Geliebten entkleidet, stachelte mich nur an. Denn was ist Mut, wenn er nicht im Angesicht der Furcht gefühlt wird, was ist Liebe wenn nicht das Entblößen der eigenen nackten und unvollkommenen Wahrheit?
Während ich noch sprach, wickelte ich die Schärpe der Gypsy Joker von der Hüfte und begann
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