Kinder der Apokalypse
von Müll auf dem Boden. Möbel, Kleidung, Bücher, Haushaltsdinge – alles, was man sich vorstellen konnte, lag da draußen. Sie fragte sich, was die Plünderer mitgenommen hatten. In einer Welt, in der Energiequellen selten und schwierig zu erhalten und Transport und Kommerz so gut wie zerstört waren, was gab es da noch zu stehlen?
Es gab selbstverständlich nur eine Antwort: Waffen. Was immer man sonst in dieser postapokalyptischen Welt besaß oder nicht, die Leute wollten einander immer noch umbringen.
Sie holte Ailie ein. »Das ist es? Hier wollten wir her?«
Ailie sah sie mit dem Blick und dem Gesicht eines Kindes an, ihre Miene gelassen und neutral. Dann begann sie, sich an den Müllhaufen vorbei zur Rückseite des Komplexes zu bewegen. Angel zögerte und folgte ihr. Immerhin war sie bis hierher mitgekommen.
Als sie sich beinahe an der Rückseite des Komplexes befanden, ging der Schemen auf eine lange Reihe leerer Wellblechhütten zu und an dem draußen verstreuten Schutt vorbei, bis sie den Schuppen am Ende erreichte. Wie bei den anderen stand auch hier die Tür offen, die Schlösser waren aufgebrochen, der Inhalt herausgerissen. Angel sah Ailie fragend an. Der Schemen lächelte, dann ging er zur hinteren Wand, wo ein paar leere Kisten aufgestapelt waren.
»Sieh mal, Angel«, sagte Ailie und zeigte geradeaus.
Angel folgte ihrem Arm mit dem Blick. Sie konnte nichts entdecken. Ailie winkte sie näher und deutete in die linke Ecke, was diese ein wenig aufschimmern ließ, und nun bemerkte Angel ein Blockschloss im Beton des Bodens, das die Wand an Ort und Stelle hielt. Eine Tür, erkannte sie, als Wand verkleidet. Ailie lächelte, ging zu dem Schloss, griff nach unten und berührte es. Sofort öffnete es sich klickend. Ailie machte eine weitere schnelle Bewegung, und die gesamte Wand glitt in ein verborgenes Paneel.
Angel spähte in die Geheimkammer und hielt den Atem an. Zwei hoch aufragende, mit Tüchern verhangene Maschinen standen in den Schatten, eine viel größer als die andere. Angel ging zu ihnen, zog die Abdeckungen weg und trat zurück.
Sie hatte zwei dreirädrige Geländefahrzeuge vor sich. Es waren große, wendige Maschinen, die sich durch jedwedes Gelände bewegen und auf offener Straße eine Geschwindigkeit von sechzig Meilen erreichen konnten. Der kleinere war ein Mercury Fünf, der größere ein Harley Crawler, entweder ein Flex- oder ein Sim-Modell. Der Mercury war schneller und manövrierfähiger, aber der Crawler so gut wie unverwüstlich. Angel hatte seit ihren frühen Tagen mit Johnny keine davon mehr gesehen.
»Wie hast du sie gefunden?«, fragte sie.
Ailie zuckte mit den Achseln. »Wir müssen nach Norden ziehen, und ich habe mich umgeschaut, bis ich diese hier fand. Ihr Besitzer, der nie zurückkehrte, hat sie hinter dieser falschen Wand versteckt. Sie haben immer noch ihre Energiepacks.«
Angel ging zu den Fahrzeugen und überprüfte das. Und tatsächlich befanden sich die schweren Energiezellen an Ort und Stelle und waren gut aufgeladen. Drei Packs für jede Maschine. Jedes würde sie weit wegbringen.
»Welches willst du?« Ailie lächelte, ihr Kindergesicht zeigte unerwartete Aufregung.
Angel dachte einen Moment nach, dann ging sie zu dem Mercury. Tempo und Beweglichkeit. Bessere Nutzung der Zellen, weil es die leichtere Maschine war.
»Das hier.«
Sie fuhr den Mercury nach draußen und ließ sie, wo sie war, während sie die Energiezellen aus der Harley holte und sie unter einem Müllhaufen in einiger Entfernung verbarg. Dann rollte sie die Wandtür wieder zurück, um die große Maschine zu verbergen. Sie hatte gelernt, nie etwas zurückzulassen, das sich gegen sie verwenden ließ. Dann stieg sie ein und ließ den Mercury an. Der Motor reagierte sofort und gab ein Geräusch von sich, das sich wie das Schnurren einer großen Katze anhörte. Angel wartete darauf, dass Ailie einstieg. Sie konnte mit diesem Fahrzeug umgehen. Johnny hatte es ihr beigebracht.
»Wohin?«, fragte sie.
Ailie zeigte nach Norden, die gepflasterte Straße entlang.
Angel lenkte den Mercury über den Hof mit dem Schutt und durch das verzogene Haupttor nach draußen. Als sie die Straße erreichten, entdeckten sie eine Gestalt, die an der Seite im Schatten stand, unter einem massigen alten Rotholzbaum. Sie sah sie direkt an, doch dann löste sich die Gestalt auf, und sie stellte fest, dass es dort nur einen Briefkasten auf einem Pfosten gab. Angel blinzelte und fragte sich, was sie wirklich
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