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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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war. Cheney würde alles für ihn tun, für sie alle. Er sollte dafür nicht sterben müssen. Hawk hatte gedacht, nichts könnte Cheney überwältigen, dass der große Hund zu zäh und zu erfahren war. Es war dumm gewesen, das zu denken. Er hätte es wissen müssen. Er hätte wissen müssen, dass Cheney ebenso verwundbar war wie alle anderen, so groß und stark er auch sein mochte.
    Er saß mit seinem Hund im Dunkeln und wünschte sich, den Platz mit ihm tauschen zu können.
    Stirb nicht.
    Tränen traten ihm in die Augen. Er beugte sich über Cheney und umarmte ihn, hielt ihn, als könnte er ihn damit am Leben erhalten, könnte seinen Tod abwehren, könnte ihn beiseiteschieben wie einen unangenehmen Gedanken. Er grub die Finger in das dichte Fell und flüsterte wieder und wieder: Stirb nicht! Bitte stirb nicht.
    Er wünschte sich mit aller Kraft, dass es nicht geschehen sollte. Er betete so angestrengt, dass sich sein Geist um den Gedanken schloss und sein gesamtes Selbst darin aufging.
    Und etwas Seltsames geschah.
    Plötzlich wurde ihm warm. Hitze breitete sich in ihm aus, als hätte er einen Schalter umgelegt. Er spürte sie in seinem Körper, in Armen und Beinen. Etwas so Seltsames und Unerwartetes hätte ihn erschrecken sollen, aber es hatte die gegenteilige Wirkung. Es geschah langsam, beinahe schleichend, so dass er spüren konnte, wie es sich Grad um Grad aufbaute und dann zu kleinen Ausbrüchen kam. Und er nahm an, es handelte sich um eine körperliche Reaktion auf seine Trauer.
    Dann schmeckte er jähe Bitterkeit und spürte ein Brennen in seinem Bauch. Beides dauerte nur Sekunden und war so schnell wieder verschwunden, dass er es kaum bemerkte. Aber danach fehlte es ihm unerwartet an Kraft, als hätte er sich gewaltig angestrengt.
    Er spürte, wie sich Cheney unter ihm rührte, sich ein wenig wand und zuckte. Er hätte den großen Hund beinahe losgelassen und tat es dann doch nicht. Er hatte die Augen geschlossen, also konnte er nicht sehen, was geschah. Aber er wollte sie auch nicht öffnen, um den Bann nicht zu brechen.
    »Cheney«, flüsterte er.
    Die Hitze sickerte aus ihm heraus, und Cheney zuckte weiter, dann schauderte er und winselte plötzlich. Nun öffnete Hawk die Augen doch und sah, dass auch Cheney die seinen geöffnet hatte. Sie waren nicht mehr matt und glasig, sondern hell und aufmerksam. Der große Hund befeuchtete sich die trockene Nase mit der Zunge. Er hatte Durst. Hawk spürte, wie Cheneys Atem sich veränderte und stärker und stetiger wurde.
    Dann war die letzte Hitze aus seinem Körper verschwunden. Er konnte die Veränderung spüren – die Wärme ließ nach, aber es ging nicht so schnell wie der Temperaturanstieg. Als er sich löste, weil er nicht mehr anders konnte, hob Cheney den Kopf und sah ihn an. Hawk schluckte angestrengt und starrte dann den verwundeten Hund an.
    Die Wunden waren beinahe vollkommen geheilt.
    Hawk begriff nicht, was geschehen war.
    * **
    Weit im Süden, irgendwo an der kalifornischen Küste, um geben von seiner Armee aus Einst-Menschen und Dämonen, saß ein alter Mann mit Augen, so kalt und leer wie die tiefste Eishöhle, die die Natur je gebildet hatte, und spürte, wie eine Welle von Magie über ihn hinwegspülte. Er erkannte die Quelle sofort; sie war unmissverständlich. Er hatte lange erfolglos danach gesucht, fast ein Jahrhundert lang.
    Ein finsteres Lächeln verzog seine verwitterten Züge. Manchmal musste man einfach nur Geduld haben.

23
    Angel Perez nahm den Blick von dem gewundenen Band der Straße, die sich zum langsam dunkler werdenden Horizont erstreckte, und runzelte frustriert die Stirn.
    »Wie viel weiter müssen wir noch?«, fragte sie Ailie.
    Der Schemen, eine ätherische Gestalt im schwindenden Licht, schaute über seine Schulter und sagte: »Nicht mehr weit.«
    »Es wird schon dunkel. Bald wird es Nacht sein.« Angel sah sich in den Bäumen und zwischen den dunklen Schatten um, die die Straße umgaben. »Ich möchte nicht unbedingt hier festsitzen, wenn es soweit ist.«
    Sie hatte ihr ganzes Leben in der Stadt verbracht und lehnte das Land instinktiv ab. Seit mehreren Stunden waren sie nun unterwegs und hatten kein einziges Gebäude gesehen, das nicht eine Scheune oder ein Stall gewesen wäre. Es gab weite Hügel, Berge mit zerklüfteten Gipfeln, tiefe Wälder, Straßen, die nirgendwohin zu führen schienen, und nicht viel mehr. Keine Häuser. Keine Geschäfte. Keine Hochhäuser. Es war nicht Los Angeles, und es war ihr nicht vertraut

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