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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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beinahe sofort reagiert und dann angefangen hatte, sich unglaublich schnell zu erholen. War er, Hawk, wirklich verantwortlich dafür? Wenn er das akzeptierte, änderte es alles, was er über sich selbst und seinen Platz in der Welt gedacht hatte. Wenn er den großen Hund geheilt hatte, verfügte er über eine Macht, die über alles hinausging, was er für möglich gehalten hatte. Es bedeutete aber auch, dass er sich selbst gar nicht kannte, und das verstörte ihn. Er war nie etwas Besonderes gewesen, nie mehr als ein gewöhnlicher Junge, der versuchte, in einer Welt zu überleben, in der Jungen normalerweise durch die Mangel gedreht wurden und in der Gosse landeten. Nun musste er die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er mehr war als ein Junge mit einer Vision.
    Er dachte einen Moment darüber nach und fragte sich, ob es möglich war, dass eine Verbindung zwischen der Vision bestand und dem, was mit Cheney geschehen war. Selbst wenn er akzeptierte, dass Cheney geheilt worden war wegen etwas, was er getan hatte oder wegen etwas in ihm, das auf sein verzweifeltes Bedürfnis reagiert hatte, den Hund zu heilen. War es sehr weit hergeholt zu glauben, es habe etwas mit seiner Vision zu tun? Er konnte es nicht vollkommen abtun. Schließlich waren es diese beiden Dinge, die jüngste Erfahrung und seine Vision, die ihn zu etwas anderem machten. Also kamen sie vielleicht aus einer ähnlichen Quelle.
    Aber welcher Art war diese Quelle? War er damit zur Welt gekommen? Hatte er sie erworben? Alles daran – schlichtweg alles – war ein Rätsel.
    Er wurde langsamer, war sich seiner Umgebung noch bewusst, aber versunken in seine Überlegungen, wie wohl die Wahrheit aussehen mochte. Ihm fiel auf, dass er nie eine klare und vollständig erleuchtende Vision erfahren hatte. Seine Vision war, seit er sie zum ersten Mal gehabt hatte, nur in Bruchstücken und gelegentlich zu ihm gekommen. Sie hatte sich nie komplett gezeigt, nie so, dass er wusste, wohin er die, die er führte, bringen würde. Er hatte sich darauf verlassen, aber eigentlich hatte er sie niemals richtig erfasst.
    Machte ihn das zu einem Dummkopf? Er hatte das nie gedacht, hatte nie geglaubt, dass er in die Irre geführt wurde oder sich etwas darüber vormachte, was er tat. Er handelte in gutem Glauben, und das schien immer genug gewesen zu sein. Aber als er nun genauer hinsah, begann er zu zaudern. Einer Vision zu folgen, die nicht vollständig war und keine konkrete Grundlage hatte, kam ihm nicht sonderlich klug vor.
    Und dennoch glaubte er daran. Selbst jetzt noch, trotz allem – oder vielleicht glaubte er gerade deshalb immer noch daran.
    Vor ihm in den Schatten bewegte sich etwas zur Seite, etwas auf zwei Beinen. Er wurde langsamer, hielt Abstand und beobachtete, wie es mit der Dunkelheit verschwamm und verschwand. Ein anderes Geschöpf der Nacht, wie er selbst. Auf der Jagd. Es versuchte vielleicht auch, seinen Weg zu finden. Suchte einen Platz auf der Welt, genau wie er.
    Er schüttelte den Kopf. Solche poetischen Gedanken waren gefährlich. Alles war wild oder ein Raubtier. Alles jagte oder wurde gejagt. Im Augenblick war nur unklar, wo sich sein eigener Platz in der Nahrungskette befand. So einfach war das.
    Er zog die Schultern hoch, weil der kalte Wind ihn traf, als er aus dem Schutz der Häuser in den offenen Bereich rund um das Lager kam. Er war zu weit entfernt, als dass man ihn von dort aus hätte sehen können, aber er würde vorsichtiger sein müssen, wenn er sich näherte, und dafür sorgen, dass er nicht auffiel. Das Lager war eine dunkle Masse einzelner Lichter vor einem schwarzen Umriss, die darin wie kleine blinzelnde Augen wirkten. In der Ferne konnte er Stimmen hören. Es fühlte sich ein wenig unwirklich an, so von außen hineinzuschauen, als wäre er neu und von weither gekommen. Es erinnerte ihn immer daran, dass er niemals hierherpassen würde.
    Leicht geduckt begann er, sich zum Bahngebäude vorzuarbeiten, in dem Tessa warten würde. Er durchquerte den offenen Bereich in kurzen Spurts und hielt häufig inne, um sich umzusehen und zu lauschen – sehr wachsam. Aber es gab keinerlei Anzeichen von Bewegung auf den Lagermauern, keine Anzeichen, dass etwas nicht stimmte. Er kam durch eine gefrorene, leere, leblose Landschaft. Oder zumindest sah es so aus, wie so viel vom Rest der Welt. Wieder fragte er sich, wie er sich gefühlt hätte, wenn die Stadt lebendig und voller Lichter gewesen wäre, erfüllt von Stimmen und Lachen. Er konnte es sich

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