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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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nicht vorstellen.
    Auf einer Seite, tief im Schatten, zerriss ein Kratzen den Schleier der Stille, und er erstarrte. Er wartete, lauschte. Aber das Geräusch wiederholte sich nicht, und er sah keine Bewegung. Er wartete lange, beobachtete die Lichter auf den Mauern des Lagers, suchte nach einer Veränderung in seiner Umgebung. Schließlich war er überzeugt, dass keine Gefahr drohte, und bewegte sich weiter vorwärts.
    Der Beton rings um die alte Bushaltestelle war voller Müllhaufen, und er konnte sich leicht von einem zum anderen bewegen und war nur für einen kurzen Moment ungeschützt. Es war dunkel genug, dass man ihn von den Mauern aus nicht sehen konnte, also richtete er sein Augenmerk auf seine unmittelbare Umgebung. Es war unwahrscheinlich, dass hier Raubtiere lauerten, es war so leblos und so nahe an den Lagermauern. Es war einfach zu gefährlich und unergiebig, hier zu jagen. Seit er sich mit Tessa traf, war er hier nie einem Freak begegnet, von Menschen ganz zu schweigen. Er erwartete nicht, dass sich das in dieser Nacht ändern würde.
    Er erreichte die Bushaltestelle und schlüpfte lautlos in den wackligen Unterstand, duckte sich und sah sich schnell um. Nichts. Er wandte sich der Treppe zu der unterirdischen Tunneltür zu und beugte sich suchend vor, als er auf der obersten Stufe stand. Weiter unten blieb er erneut stehen, starrte die Tür an und sammelte sich, versuchte, daran zu denken, was er Tessa sagen würde. Er musste sie überreden, musste sie überzeugen, dass es das einzig Vernünftige war, mit ihm zurückzukommen. Aber nachdem ihr Vater verschwunden war, würde sie ihre Mutter zurücklassen wollen? Seine Gedanken wirbelten umher wie Laub. Vielleicht war ihr Vater ja zurückgekehrt. Vielleicht hatte ihre Mutter ihr schon gesagt, sie solle tun, was sie selbst für das Beste hielt. Vielleicht hatte Tessa es sich von alleine überlegt.
    Vielleicht träumte er auch.
    Er schob seine Sorgen beiseite und ging weiter die Treppe hinunter, bis er vor dem Eingang stehenblieb. Etwas ließ ihn zögern, etwas an dem Gefühl, das der Anblick dieser geschlossenen Tür bei ihm hervorrief. Er konnte nicht feststellen, woher es kam, aber es war intensiv genug, um ihn zögern zu lassen.
    Dann klopfe er scharf an die Tür, zweimal laut und einmal leise.
    Sofort lösten sich die Schlösser, und die Tür öffnete sich ins Dunkel. Hände erschienen, zwei Paar, drei, mehr, packten seine Arme und den isolierten Griff des Schlagstocks, so dass er ihn nicht einsetzen konnte. Weitere kamen aus der Öffnung und stießen gegen ihn, rissen ihn zu Boden. Er wusste, worum es ging und kämpfte wie ein wildes Tier, verzweifelt bemüht, sich loszureißen. Aber die Hände hielten ihn fest gepackt, und er konnte ihnen nicht entkommen.
    Er hatte noch Zeit, kurz aufzuschreien, dann traf etwas seinen Kopf, und er stürzte ins Nichts.

26
    Logan Tom stand reglos im tiefen Schatten auf der anderen Straßenseite, als der Junge aus der Tür kam, sich umsah und dann weiterging. Er konnte selbst in dem schlechten Licht erkennen, dass er nur einen Jungen vor sich hatte und keinen Mann. Der Junge schien zu wissen, wohin er ging, er zögerte nicht, als er sich seinen Weg durch das von Trümmern übersäte Gelände suchte. Das hier war für ihn vertrautes Territorium. Ein Straßenkind, dachte Logan. Wie viele andere verbargen sich wohl noch in dem Haus, aus dem er gekommen war? Und wer von ihnen war der Zigeunermorph?
    Denn inzwischen war er sicher, dass es einer von ihnen sein musste.
    Er konnte spüren, wie sich die Fingerknochen ruhelos in seiner Tasche bewegten. Sie hatten damit am Tag zuvor begonnen, als er den Stadtrand erreichte. Er hatte sie noch einmal auf das Tuch geworfen, um zu sehen, ob er auf der richtigen Spur war, hatte beobachtet, wie sie sich sammelten und direkt in die Stadtmitte zeigten, dann hatte er sie wieder eingesteckt. Beinahe sofort hatte er gespürt, wie sie sich zu regen begannen und leise klickten, wenn sie zusammenstießen. Das hatte ihn erschreckt, und er hatte gegen seinen Abscheu ankämpfen müssen.
    Inzwischen, Stunden später, reagierten sie noch intensiver auf die Nähe des Morph. Es bereitete ihm ein seltsames Gefühl, dass sie sich so bewegten, aber es bedeutete, dass seine Suche so gut wie zu Ende war, dass sie an ihrem Ziel angelangt waren. Als er die Fingerknochen das letzte Mal geworfen hatte, war er geradewegs zu diesem Platz gekommen und zu den vielen leeren Gebäuden, die ihn umgaben, und er hatte

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