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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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einer Armee von solcher Größe und Wildheit, dass es an ein Wunder grenzte, dass die Verteidiger nicht schon vor Monaten aufgegeben hatten, als die Belagerung begann. Sie hatte sie damals gewarnt, hatte ihnen geraten, nach Norden zu fliehen, hatte ihnen gesagt, dass sie nicht gewinnen, dass die Mauern nicht halten könnten. Sie konnten nicht siegen, solange sie nicht zu Guerilla-Methoden übergingen. Sie hatte es ihnen wieder und wieder gesagt und sie gewarnt, was geschehen würde, wenn sie nicht auf sie hörten.
    Das hatten sie selbstverständlich nicht. Sie konnten sich nicht dazu aufraffen. Sie war eine Ritterin des Wortes und verstand die Gefahr erheblich besser als sie, aber das zählte nicht. Sie hatten sich entschieden, sie blieben hinter ihren Mauern, blind gegenüber dem Unvermeidlichen.
    Und nun geschah dieses Unvermeidliche. Alle Lager der Stadt waren bis auf dieses eine verschwunden. Angel war gerade vom Coliseum gekommen, einem von acht Lagern, denen sie beinahe ein Jahr lang versucht hatte zu helfen. Aber sie war allein und konnte nicht überall gleichzeitig sein. Das Coliseum war in der Dämmerung des vergangenen Abends gefallen. Angel war nun schon fast drei Tage ohne Schlaf und davor beinahe eine Woche wach gewesen, und davor einen knappen Monat. Sie hätte nicht sagen können, wann sie das letzte Mal länger als vier Stunden am Stück geschlafen hatte. Alles in den letzten Monaten, die Kämpfe und das Sterben, die Schrecken und der Wahnsinn, war ein Wirrwarr von Bildern und Geräuschen gewesen, der ihr auch noch den letzten Rest von Frieden nahm. Es umhüllte sie wie eine zweite Haut, eine stetige Präsenz, eine unvergessliche Erinnerung.
    Sie hätte schon vor Monaten verschwinden sollen. Sie wusste, was geschehen würde, und hätte gehen sollen, aber sie war geblieben. Das hier war auch ihr Zuhause.
    Sie nahm sich ein wenig Zeit, um etwas länger darüber nachzudenken, wie sie den zum Untergang verurteilten Menschen in diesem letzten Lager am besten helfen könnte. Sie wusste die Antwort bereits. Sie hatte sie seit Wochen gewusst und ihre Pläne geschmiedet. Sie konnte sie nicht alle retten. Also hatte sie sich auf die konzentriert, die am dringendsten gerettet werden mussten. Das war von Anfang an ihr Auftrag gewesen, und sie hatte sich sehr bemüht, ihn zu erfüllen, während die Armee von Dämonen und Einst-Menschen die Lager überrannten. Das hier würde ihre letzte Anstrengung sein.
    Sie kam aus ihrem Versteck und eilte auf das Durcheinander zu. Sie huschte von einem Versteck zum nächsten, sah sich um, suchte nach Bewegung: Die Gebäude an diesem Band aus gerissenem Asphalt waren still und leer, die Fenster herausgebrochen, die Türen hingen schief in den Angeln oder waren vollständig verschwunden, die Wände von Ruß und Feuer geschwärzt. Sie waren einmal hoch und steil gewesen, die Wände von Bürogebäuden, aber das war lange her.
    Angel war klein und kompakt und viel stärker, als man aus ihrer Größe vielleicht geschlossen hätte, und erheblich besser ausgebildet, gut genug, um sich nahezu jedem und allem stellen zu können – eine Tatsache, die sie mehrmals bewiesen hatte. Ihre Kämpfe mit den Dämonen und Einst-Menschen waren legendär, obwohl die Zeugen, die davon hätten berichten können, immer weniger wurden. Mit ihrem dichten schwarzen Haar, der tiefbraunen Haut und den scharfen Zügen sah sie eindeutig wie eine Latina aus, aber sie war anderer Meinung. Sie sah sich in einem ganz anderen Licht.
    Sie war im Osten von Los Angeles geboren, in einem der ärmsten Viertel der Stadt, und hatte schon früh zu ihrer Identität gefunden. Ihre Eltern waren illegale Einwanderer gewesen, die die Grenze überquerten, als sie bedeutungslos geworden war, auf der Suche nach Zuflucht vor dem Wahnsinn, der ihr Heimatland bereits verschlang. Sie hatten noch lange genug gelebt, um Angel auf die Welt zu bringen und sie bis in ihre frühe Kindheit hinein begleitet, dann waren sie einer der Seuchen erlegen. Angel war auf der Straße aufgewachsen, arm und ungebildet wie so viele und ohne ein Zuhause. Sie hätte sterben sollen, lebte aber weiter. Sie hatte sich tief in sich zurückgezogen, um jene Kraft zu finden, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß, und sie hatte überlebt.
    Nun sah sie wieder die Fresser, ihre schattenhaften Gestalten, die an offenen Türen und Fenstern vorbeikamen und auf die belagerten Tore zueilten. Ihre Stimmung verdüsterte sich. Sie waren immer da, warteten

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