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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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immer viel Menschenblut in sich hatte, dass er es auch noch schaffte, Zen den Brustkorb zu zerteilen, wäre eigentlich schon genug gewesen. Dass er auch noch ihn, Ares, verletzte – und das nicht unerheblich –, damit hätte er nicht gerechnet. Gut, genutzt hatte es diesem Mistkerl zuletzt nichts. Und doch, als er sein Schwert in Habib al Hayars Brust gerammt und ihm das Herz tödlich verletzt hatte, war in ihm etwas passiert.
    Ares schlug seinen Kopf gegen das von innen beschlagene Fenster. Warum nur musste er dem Mann in die Augen sehen? Warum hatte er ihm zugehört, als er zu sprechen begann? Er selbst hatte ihm noch voller Stolz verkündet, wessen Sohn er sei und was die Kinder der Dunkelheit jetzt, nach über zweitausend Jahren, erwarten würde. Habibs Reaktion aber entsprach so gar nicht dem, was Ares sich erhofft hatte. Der Mann, in dessen Brust noch immer sein Schwert steckte, sah ihn fast mitleidig an.
    „Du bist der Sohn eines Wahnsinnigen. Er war wahnsinnig, als er sterben sollte und er ist auch heute wahnsinnig. Sein Geist wird sich nie ändern. Das Blut aber, das in seinen Adern fließt, ist das Blut eines Mannes, dessen Größe weder du noch er je werden ermessen können. Du magst Herr über deine Gedanken sein, doch dein Blut – nein, sein Blut – wird, wenn du nicht dem gleichen Irrsinn erlegen bist wie der Mann, den du Vater nennst, irgendwann Treue einfordern. Du wirst dich an meine Worte erinnern, Ares, Sohn des Alexandre de Thyra“, hatte der Sterbende gesagt.
    Lange war es ihm unmöglich gewesen, die Augen von dem fast magischen Blick des viel zu langsam sterbenden Mannes zu lösen. Das waren Augen, die vieles gesehen hatten und viel wussten. Augen, in denen Verständnis war. Verständnis! Woher verdammt noch mal nahm der Kerl die Frechheit, Verständnis für ihn zu zeigen? Und warum fühlte er nun zum allerersten Mal in seinem Leben dieses Brennen der Schuld in seinen Adern? Er hätte ihm niemals in die Augen sehen sollen, denn dann würde jetzt nicht dieses schreckliche, fremde Gefühl in ihm gären, das ihn dazu drängte, sich zu fragen, ob es die eines Freundes hätten werden können. Um ein Haar hätten ihn die Killer der Dunkelheit dann auch noch gestellt, so sehr hatte Ares sich auf Habib konzentriert. Er konnte sie schon fühlen, als er sich endlich wieder darauf besann, seine Umgebung zu scannen. Ob sie wussten, dass er so nah gewesen war? Ob sie ahnten, wer ihnen hier um Haaresbreite durch die Lappen ging? War sein Schutzschild noch rechtzeitig eingesetzt worden?
    „Scheiße, verdammte!“ Zornig trat Ares mit enormer Wucht gegen den Vordersitz, der krachend aus der Halterung sprang und den Blick auf den vor Angst zitternden Piloten freigab.
     
    Sie hatten sich geliebt, bis die Abenddämmerung hereingebr ochen war, sich aneinandergeklammert wie Ertrinkende, die fürchteten, den nächsten Tag nicht zu erleben. Irgendwann fiel Luca in einen unruhigen Schlaf und Sabine, die wusste, dass er sich seit zwei Tagen nicht mehr ausgeruht hatte, wagte kaum, sich zu rühren. Sie betrachtete unentwegt das Gesicht ihres dunklen Engels, denn genauso sah er jetzt aus. Das fast schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht, in dem Schatten wie dunkle Halbmonde unter den Augen lagen. Der Tod seines Freundes hatte ihm schwer zugesetzt und ihr war vollkommen klar, dass die nächste Zeit sicher hart werden würde. Schade, endlich hatte sie das Glück gefunden, das sie zuvor nie zu erträumen wagte, und nun kam ein Irrer und versuchte, alles zu vernichten, was ihr Sicherheit und Stärke gab! Jetzt galt es, dafür zu sorgen, dass schnellstmöglich alle wieder sicher waren und dieser Verrückte ausgeschaltet wurde. Sie musste sich eingestehen, dass sie keine konkrete Vorstellung von der Bedrohung hatte. All ihre Lieben hier waren uralt, sie alle hatten zahllose Kämpfe ausgefochten und viele Kriege bestanden. Sie hatten Tyrannen besiegt und immer überlebt. Wieso ausgerechnet dies hier so gefährlich sein sollte, verstand sie nicht.
    Sicher, der Feind war ein ruchloser Feldherr, der zu seiner Zeit Angst und Schrecken über ganze Erdteile gebracht hatte, aber jetzt waren sie in der Neuzeit gelandet und hatten Waffen und Mittel und Wege, die ihnen damals nicht zur Verfügung standen. Nur langsam dämmerte ihr, dass der andere das ja nun auch hatte. Und offenbar war er seit zwei Jahrtausenden auf einem Rach efeldzug gegen die Kinder der Dunkelheit, die ihn und Alexander den Großen in seinen Augen um die

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