Kinder der Dunkelheit
gehen!“
Auf dem Weg zu dem großen Büro, das sie bis dahin nur von einigen zufälligen Blicken durch den offenen Türspalt kannte, hielt er ihre Hand so fest, dass es fast schmerzte. Sie ahnte, was in ihm vorging und was ihn veranlasste, ihre Finger so eisern zu umklammern. Sie wehrte sich daher nicht, sondern genoss diesen unbewussten Ausdruck seiner Gefühle sogar.
Im Büro erwartete Sabine eine Überraschung. Die Rückwand war beiseitegefahren worden und gab den Blick auf einen riesigen Bildschirm frei. Die Arbeitsplatte von Raffaeles Schreibtisch war abgesenkt und statt ihrer befanden sich dort nun eine gigantische Tastatur und ein supermodernes Mikrofon. Raffaele saß hinter seinem Schreibtisch, während Angel es sich in einem von vielen Ledersesseln bequem gemacht hatte, die alle auf den großen Monitor ausgerichtet waren.
Raffaele kam ohne Umschweife sofort zur Sache. „Setzt euch bitte, sie sind alle bereit, es kann sofort losgehen.“
Ehe Sabine sich fragen konnte, was ,losgehen‘ konnte, hatte Luca sie schon auf den Platz zwischen sich und Angel verfrachtet und murmelte nur: „Ich bin auch bereit.“
Also rutschte sie in den tiefen Ledersessel und harrte gespannt der Dinge, die nun kommen sollten. Sie vernahm, wie Raffaele auf der Tastatur herumhackte und prompt teilte sich der große Bildschirm in acht gleich große Einzelflächen. Diese blinkten der Reihe nach auf, als hätte man einen Fernseher eingeschaltet. Zuerst sah man nur ein leichtes Flimmern, dann aber erschien auf der ersten Fläche ein Gesicht, das klar und deutlich zu sehen war, und im Sekundentakt geschah auf den fünf danebenliegenden genau das Gleiche. Fasziniert starrte Sabine auf die sechs Bil dschirme, immer darauf gefasst, dass auf den beiden letzten auch noch jemand auftauchen würde, dort aber blieb es bei dem Flimmern. Die Männer auf den einzelnen Monitoren wandten sich sofort an Raffaele.
„Hey, kannst du mich sehen, alter Freund?“
„Klar und deutlich, lieber Domingo. Ich hoffe, zumindest bei dir in Madrid ist alles in Ordnung?“ Der Mann auf dem Bildschirm senkte nachdenklich den Kopf.
„Bueno, mir genügt auch das schon, was ich in den letzten Stunden von euch aus Italien und Tunesien gehört habe.“
„Leute, mal im Ernst, könnten wir uns bitte einmal auf vernünftige Uhrzeiten einigen?“
Raffaele grinste den Sprecher an. „Tja, Matthew, für das Priv ileg , in Kalifornien zu leben, musst du wohl oder übel Opfer bringen. Ich könnte wetten, ihr hattet heute wieder Sonne satt?“
Der Mann mit den wundervollen blonden Locken, von dem S abine jetzt wusste, dass er Matthew hieß, zog eine Grimasse. „Sehr witzig, mein lieber Raffaele, wirklich sehr witzig. Du glaubst nicht, wie sehr ich meine mir verbliebenen Söhne darum beneide, dass sie – dem Blut ihrer Mutter sei Dank – den herrlichen Sonnenschein zumindest etwas mehr genießen können als ich. Aber ich gebe zu, die Nächte hier sind auch nicht zu verachten.“
„Könntet ihr bitte damit aufhören, über Sonne zu reden? Ihr seid wohl nicht mehr ganz bei Trost, das könnt ihr machen, wenn ich mich wieder ausgeschaltet habe!“ Die Stimme, die das sagte, hätte ebenso gut aus einem Verließ kommen können, so tief und drohend klang sie.
„Aber Juri, nur weil bei dir in der Tundra Helligkeit Mangelware ist, kannst du sie uns doch ruhig gönnen.“ Raffaele lächelte nachsichtig auf den Bildschirm.
„Halt dich zurück, Italiener, sonst kannst du mich das nächste Mal gern wieder einmal herausfordern.“
„Nichts lieber als das, Juri, ein guter Schwertkampf kann mir nicht schaden. Ich muss wieder etwas in Übung kommen.“
Juri seufzte hörbar. „Eingebildeter, überheblicher Venezianer! Komm du mir in die Finger!“ Sein Lächeln nahm den Worten ihre Schärfe und als der forschende Blick seiner eisblauen Augen über die „Venezianer“ glitt, blieb er an Sabine hängen. „Na, wen haben wir denn da? Das ist ja ausnahmsweise mal ein hübscher Anblick, weit besser als eure traurigen Gestalten.“
Dieses Mal antwortete Luca. „Sei mir gegrüßt, Fürst Juri, das hier ist meine Liebste. Darf ich dir Sabine vorstellen?“ Juri musterte Sabine eingehend. „Es freut mich, Sie zu sehen, Sabine. Sollten Sie einmal die Nase von diesen mittelmäßigen Casanova-Imitatoren voll haben, dann kommen Sie doch einfach zu mir und bringen die Sonne mit, einverstanden?“
„Juri!“ Auf Lucas Stirn war eine leichte Falte erschienen.
„Schon gut, seit
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