Kinder der Dunkelheit
gestützt hatte und sie anblickte.
„Ich wollte wissen, warum du vor Angel geflohen bist.“
Sabine setzte sich auf den Bettrand und sah zu der Frau mit der leisen, warmen Stimme hinüber. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie in der blassen, abgekämpft aussehenden Frau die Tochter Fürst Abdallahs erkannte.
„Du bist Samira, nicht wahr? Ich kenne dich von all den Bi ldern, die Luca und Raffaele im Palazzo haben.“
Samira lächelte sie müde an. „Ja, das bin ich, aber das bean twortet nicht meine Frage.“
„Ich bin nicht vor Angel geflohen. Ich bin vor der Wahrheit g eflohen, vor der Tatsache, dass er und auch Luca zu den Hütern gehören.“
Obwohl es ihr Mühe zu bereiten schien, setzte sich Samira ke uchend auf. „Das musst du mir jetzt bitte erklären. Wer flieht vor einem Hüter, falsch, lass mich das umformulieren, ich meine: Wer, der normal denkt, flieht vor einem von ihnen?“
„Weil sie Killer sind, Mörder im Auftrag der Gemeinschaft, weil sie Kranke und Verzweifelte niedermetzeln, anstatt sie zu unterstützen und ihnen zu helfen!“
„Aha, du hast mit Stefano gesprochen, hab ich recht?“
Sabine hielt überrascht in ihrer Ansprache inne. „Ja, wieso kommst du darauf? Er hat mir die Wahrheit erzählt, das ist alles.“
Samira sah sehr traurig aus. „Nein, ist es eben nicht. Er hat dir die Hüter aus seiner eigenen, etwas verbitterten Sichtweise beschrieben. Warte mal, ich will dir etwas erklären.“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte Samira, eine Position zu finden, die einigermaßen erträglich war. „Jetzt muss ich dieses ungeheure Missverständnis mal aus der Welt schaffen. Das geht ja gar nicht! Jetzt hör mir gut zu, liebe Sabine, du hast da etwas gründlich falsch verstanden. Die Hüter sind Vampire, die sofort nach ihrer Verwandlung Kennzeichen aufweisen, die kein anderer hat. Sie sind stärker als alle anderen, sie sind schneller, ihre Sinne sind bei Weitem ausgeprägter als die der normalen Kinder der Dunkelheit. Sie denken unglaublich schnell und präzise, sie können sich in andere hineinfühlen, ihre Gefühlsverfassung in sich aufnehmen.
Ja, sie werden gerufen, wenn einer aus der Gemeinschaft au sschert, aber erst nach reiflicher Überlegung und nur zu unser aller Schutz! Nicht alle sind stark genug, um Verluste ertragen zu können oder mit der Welt, so wie sie ist, klarzukommen. Auch Vampire haben Probleme, verlieren Angehörige, suchen den Tod, wenn das Leid unerträglich wird, aber nicht jeder hat die Kraft, den Freitod zu wählen oder dies auch noch selbst auszuführen. Viele werden wahnsinnig und so zur Bedrohung für die Menschen, beginnen, wahllos zu töten, sie gefährden uns und die Menschheit. Sabine, ich schätze dich als kluge, belesene Frau ein. Bitte sag mir, hast du über Inquisition, Hexenverbrennungen und Kreuzzüge gelesen? Es gibt ziemlich viele von uns und wir leben in Harmonie mit den Menschen – oder hast du dich in Lucas, Raffaeles oder Angels Nähe jemals unwohl gefühlt? – Nein? Das dachte ich mir. Und jetzt überleg mal, was geschehen würde, wenn unsere Existenz bekannt würde. Wenn unser wahres Wesen enthüllt würde. Sieh dir doch die Menschheit an, sie schlittern von einer selbst verursachten Katastrophe ihn die nächste! Sieh dir die Heilige Kirche an, die verzweifelt ums Überleben kämpft. Was denkst du, was los wäre, wenn wir plötzlich auftauchen würden? Wir wären die geborenen Sündenböcke. Man würde umgehend die Jagd auf uns eröffnen. Zu herrlich würden wir von allen politischen Unfähigkeiten, allen von den Menschen verursachten Problemen auf lange Zeit ablenken. Wir wären die geborenen Ziele für ihren Hass und ihre Angst vor dem Unbekannten, für Dummheit und Gewalt. Die Inquisitoren würden schneller wieder auf der Matte stehen, als du dich umdrehen kannst. Möchtest du das? Möchtest du ein Gemetzel, ein sinnloses Blutvergießen? Doch genau das wird es nicht geben, eben weil es Wesen wie Angel, Luca, Saif, Craigh, Sergej und diesen großen Unbekannten gibt, die uns und die Menschen gleichzeitig mit dem Einsatz ihres eigenen Lebens beschützen! Was denkst du, wie Luca sich gefühlt haben muss, als er Massimos Sohn töten musste? Sabine, sie waren Freunde! Sie haben gemeinsam gelacht und geweint, bis Pietro zu einer uneinschätzbaren Gefahr geworden ist! Luca war am Boden zerstört, aber es ist nun mal seine Bestimmung und der muss er folgen.“
„Aber hätte er ihm denn nicht … helfen können?“ Sabine sah
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