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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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ihren Kopf umfassen konnte. „Gleich wird es dir besser gehen.“
    Tatsächlich fühlte Selda, wie sich ihre Anspannung in Nichts auflöste und ganz langsam der Schmerz nachließ. Ares’ Hände nahmen ihr, Stück für Stück, das brennenden Toben in ihrem Kopf. Die Blutung hörte auf und innerhalb von etwa einer Minute ging die Schwellung in ihrem Gesicht zurück.
    „Das könnte jetzt ganz kurz wehtun, aber ich bin so vorsichtig, wie ich kann, okay? Die Nase sollte ja wieder gerade sein, denke ich?“
    „Äh, das wäre nicht übel.“ Selda schloss die Augen in Erwa rtung von noch mehr Leid. Doch es knackte nur ganz kurz und zog heftig in ihrer Nase, sofort legte Ares seine Finger auf ihre Stirn und auch das letzte Brennen verschwand. Er beugte sich nach vorn und zog Andros Verbandskorb zu sich heran, angelte sich ein Stück Mullbinde heraus und säuberte, so gut es ging, Seldas Wangen und das Kinn vom trocknenden Blut. Allerdings konnte Selda noch immer nicht aufhören zu weinen.
    „Tut es noch weh? Sag mir, wo, sonst kann ich nichts tun.“ Ares musterte sie tief besorgt.
    Selda aber legte eine Hand mittig auf ihre Brust. „Hier drinnen tut es weh. So erniedrigt zu werden, bin ich nicht gewöhnt. Aber vielleicht habe ich das ja mal gebraucht.“
    „Nein, das ist falsch, ganz einfach furchtbar falsch. Ich will, dass du wieder lächelst. Keiner sollte dir jemals Leid zufügen, hörst du mich?“
    Seldas Tränen versiegten ohne ihr Zutun, als Ares ihr in die Augen sah. Sie wusste wohl, dass er seine Hände jetzt eigentlich wieder wegziehen konnte, doch irgendwie wollte sie das gar nicht. Auch Ares machte keinerlei Anstalten, sie loszulassen. Seine sanften Hände glitten warm und tröstend über ihre Schultern hinab zu ihren Oberarmen, und vorsichtig zog er sie etwas näher zu sich heran.
    Noch nie hatte er derartige Gefühle erlebt! Sicher, er hatte zah llose Frauen gehabt, Blut und Sex, das war es gewesen, mehr wollte er nie. Diese Frau hier, die nun so nah vor ihm saß, löste in ihm einen wahren Sturm an Gefühlen aus, der ihm schier den Atem nahm. Er wollte ihren Herzschlag hören und fühlen, wollte ihr nah sein und hatte zugleich grauenhafte Angst davor, einen Fehler zu machen.
    Es war Selda selbst, die – vollkommen überrascht von Ares’ Zuneigung, die mittlerweile auch ihr nicht mehr verborgen geblieben war – die Arme um seinen Hals schlang und ihn einfach nur festhielt. Sie spürte, dass Liebe von ihm ausging. Und ihr, ihr ging es genauso.
    „Was habe ich, das andere nicht haben? So wie du aussiehst, könntest du die halbe Frauenwelt haben.“
    „Ich …“, er rang mit sich, doch dann entschloss er sich, die Wahrheit zu sagen. „Ich will aber nur dich, Selda! Noch nie wollte ich eine andere Frau so sehr! Sie haben mich gereizt, ja, aber sie hatten etwas nicht, das du ab heute und, wenn ich ganz ehrlich bin, wahrscheinlich schon länger hast.“
    „Und das wäre?“
    „Mein Herz.“
    Selda löste die Arme ein wenig und studierte aufmerksam sein Gesicht. „Meinst du das ernst? Du warst noch nie in deinem Leben so richtig bis über beide Ohren verliebt? Noch nie Schme tterlinge im Bauch?“
    „Noch nie. In deiner Nähe … fühle ich mich wie ein anderer Mann. Ich bin mir selbst fremd, seit ich so fühle, doch ich mag diesen Kerl, mein neues Ich, irgendwie. Und er mag dich – und soll ich dir noch etwas sagen? Ich habe eine Heidenangst, etwas falsch zu machen und dich zu erschrecken. Das erste Mal in meinem Leben fühle ich mich … hilflos.“ Ares hatte nun seinerseits die Hände um Seldas Nacken gelegt und tatsächlich war der Ausdruck in seinem Blick eine Mischung aus Ratlosigkeit und Sehnsucht.
    Selda lächelte. „Kann ich irgendwie verstehen. Ist ja auch ve rdammt romantisch hier unten.“
    Ares grinste entschuldigend. „Ich würde dich liebend gern nach oben bringen, aber dann haben wir ein echtes Problem.“
    „Das glaub ich dir gern, aber auch das wird sich irgendwann erübrigen. Ich fühle das.“
    Mit Schwung setzte sich Selda frontal auf seinen Schoß, ihr Gesicht war nun dem seinen ganz nah. Tief sog sie seinen Duft ein: eine frische Mischung aus Gras und Minze auf einem von der Sonne aufgeheizten Feld. Der Geruch war so anziehend, dass sie die Augen schloss und sich ihm näherte, bis ihre Nasenspitze schließlich seine berührte. Sie umschloss sein Gesicht mit ihren Händen und hielt ihn zärtlich fest. Langsam ließ sie ihre Nase an seiner hinuntergleiten und landete dort,

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