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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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ihren Willen gebrochen zu haben. Ich weiß mir gerade keinen Rat mehr, Herr.“ Andro war mehr als unglücklich. Seit langen, la ngen Jahren hatte er stets helfen können, das verletzte junge Ding dort im Kerkerraum tat ihm so unendlich leid!
    Ares dachte kurz nach. Natürlich musste etwas geschehen. „Andro, hol die schöne Zigeunerin aus dem Küchentrakt, lass sie so aufreizend wie möglich auftreten. Ich weiß, dass mein Vater sehr von ihr angetan ist. Bring den beiden etwas von dem schweren Rotwein aus dem Lagerkeller. Wenn ich nicht ganz falsch liege, sollte er dann ein paar Stunden beschäftigt sein.“
    Andro schmunzelte bei Ares’ Worten. „Ja, das wäre durchaus mö glich. Ich tue mein Bestes. Auf jeden Fall wird er den Kerkerräumen eine Weile fernbleiben. Ich habe meinen Korb sowie saubere Tücher und Salben dort gelassen. Ihr werdet es sicher brauchen können.“
    „Umsichtig wie immer, Andro. So, und jetzt werde ich nach der kleinen Patientin sehen. Hoffentlich ist nichts in der Nähe, das sie werfen könnte.“
    „Seid unbesorgt, Herr. Sie täte es auch nicht. Geht hinunter und seht selbst.“ Eilig lief Andro in Richtung Küche, um Ares’ Anweisungen auszuführen und dessen Vater längerfristig zu beschäftigen.
    Ares rannte im Laufschritt die Treppen hinab und folgte den engen Gängen der Kellergewölbe bis zu den Kerkerräumen. Der dunkle, bedrohliche Kerker mit seinen Foltergeräten war für ihn als Kind immer faszinierend gewesen, mittlerweile hatte er gehörig an Attraktivität eingebüßt.
    Es war sehr dunkel in dem engen, modrigen Loch, nur eine kleine Kerze, sicherlich von Andro hierhergebracht, spendete ein klein wenig Licht. Ares erschrak, als er Selda zuerst gar nicht sehen konnte, doch dann erblickte er das zitternde Bündel, das sich angekettet an die feuchte Mauer drückte und bitterlich weinte. Um sie nicht noch mehr in Panik zu versetzen, näherte er sich ihr so behutsam, wie es ihm möglich war. Bei ihr angekommen, ging er langsam in die Hocke.
    „Selda, hab keine Angst, bitte sieh mich an und lass dir helfen.“
    „Geh weg, geht doch einfach alle weg“, schluchzte sie. „Ich mag nicht mehr, ich will nur noch in Ruhe gelassen werden.“
    „Ich bedaure zutiefst, aber ich glaube, das kann ich nicht.“ Ares streckte seine Hand aus und berührte Seldas Arm, den sie schü tzend in einer Art Abwehrhaltung schräg über den Kopf hielt.
    „ Doch, das kannst du sehr wohl. Geh zu deinem Vater und tut, was immer ihr mit uns tun wollt, aber lasst mich doch bitte alle allein!“
    „Nein, das werde ich nicht tun. Es tut mir leid, aber ich kann deinem Wunsch nicht entsprechen. Sieh mich an, bitte!“
    „Nein!“
    „Du machst es einem wirklich nicht leicht, dir zu helfen. Aber soll ich dir etwas sagen? Dein bezaubernder Dickschädel war das erste, das ich an dir mochte.“
    Der Arm wanderte ein klein wenig tiefer und Seldas verweinte Augen blitzen aus der wirren schwarzen Haarflut hervor.
    „Wie meinst du das?“ Heftig schniefte sie, was sie zu einem unterdrückten Schmerzensschrei veranlasste. „Ach du Scheiße, tut das weh!“
    „Dann lass mich dir endlich helfen, komm jetzt, nimm die Arme herunter, du hast vor mir nichts zu befürchten, ich verspreche es.“
    „Ach, du flickst mich zusammen, damit dein Erzeuger dann wieder seine Kraft an meiner Nase und meinen Wangenknochen erproben kann, oder wie?“
    „Nein, er wird dich nie mehr schlagen. Ich werde es nicht mehr zulassen und jetzt nimm den Arm runter, Selda.“
    Zögernd ließ Selda die vermeintlich schützenden Arme sinken und Ares stöhnte erschrocken auf.
    „Na, du siehst ja super aus. Das sollte aber doch zumindest ein wenig heilen!“ Er sah ihr verwundert in das verschwollene Gesicht, das um die Nase eine rotblaue Tönung angenommen hatte, während noch immer kleine Tropfen Blut aus der offensichtlich mehrfach gebrochenen Nase flossen.
    „Schönheitswettbewerbe gewinne ich so keine, das weiß ich auch. Außerdem darf ich dir versichern, dass ich noch nie in meinem Leben solche Schmerzen hatte. Ich kann die Wunden nicht schließen und ich kann den Schmerz nicht eindämmen. Ich kann gar nichts mehr.“ Wieder begann Selda zu weinen.
    „Pst, ruhig. Komm her. Keine Angst, ich muss dich anfassen, wenn ich dir helfen soll.“ Ares’ Stimme hatte etwas Hypnotisierendes. Er setzte sich vor sie und legte die Hände an ihre tränennassen Wangen. Langsam und mit Bedacht ließ er dann die Finger in ihr Haar gleiten, bis er

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