Kinder der Dunkelheit
einigermaßen rumgekommen in den letzten zweihundert Jahren.“ Alle Blicke richteten sich fragend auf Stefano. „Das ist grob zwei Kilometer vor Arcos de la Frontera, auf einem Berg, eine verdammt massiv erbaute Festung. Das wird alles andere als ein Spaziergang. Angel, kannst du Domingo und einige seiner Leute anfordern? Ich schätze, nachdem der Kerl in seinem Territorium agiert und dort gerade Domingos Tochter mit dem Sonnenlicht kämpft, wird er sehr gern dabei sein.“ Stefano drehte sich zu Angel um.
„Da bin ich mir sicher“, grollte der. „Mal sehen, vielleicht tre ibe ich auch Vittorio und einige seiner Krieger auf. Ich kümmere mich sofort darum. Ihr packt und legt fest, wer alles fährt.“
Selbst, als sie bereits über zwei Stunden wieder im Haus waren, schmerzte Samiras Haut noch immer, ebenso die von Sabine. Samira fehlte derzeit einfach die Stärke und die Kraft, da das kleine Wesen in ihrem Leib vehement einforderte, was es zum Überleben benötigte, und Sabine verfügte nicht über natürliche Selbstheilungskräfte. Dazu war die Menge, die Alexandre ihr von seinem Blut einflößte, bisher zu gering gewesen. Zwar war die Haut nicht verbrannt, aber Lucas Gefährtin hatte einen Sonnenbrand, der sich gewaschen hatte. Bei Audrey, Selda und Carla war bereits alles wieder verheilt. Luisa kämpfte noch ein wenig, doch auch sie war bereits auf dem Weg der Besserung.
„So ein Mist! Ich kann mich kaum bewegen, so sehr brennt das. Es wird langsam Zeit, dass sie uns hier rausholen!“ Vorsichtig setzte sich Samira in eine andere Position, in der Hoffnung, den Schmerz so ein bisschen zu lindern.
„Denkst du, sie finden uns?“ Sabine zweifelte etwas daran, dass man sie hier im andalusischen Hinterland so rasch ausfindig machen konnte.
„Hab Vertrauen, Luca und die anderen Hüter sind nicht i rgendwelche Söldner, sondern unsere Beschützer. Sie werden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um uns zu finden.“ Samira stöhnte vor Schmerz. Ihre Haut brannte wie Feuer und alle Versuche, eigene Kräfte in die Heilung einfließen zu lassen, waren bislang kläglich gescheitert.
Sabine konnte es kaum mit ansehen. „Wenn ich dir doch nur helfen könnte …“
„Das wirst du schön bleiben lassen, das würde noch fehlen, dass du die nächste bist, an der Seine Gnaden die Fäuste auspr obiert“, wehrte Samira ängstlich ab. Sie hatte noch immer den Klang von Seldas splitterndem Nasenbein im Ohr. Noch einmal musste sie das nicht unbedingt hören und wenn, dann sollte es bitte die Nase von Alexandre sein.
Das bekannte leise Klopfen am Türrahmen kündigte Andro an. Wie so oft trug er seinen geflochtenen Korb und spähte vorsichtig in den Raum.
Selda lächelte ihn etwas gequält an. „Alles klar, Andro. Die Luft ist rein.“
„Man kann nicht vorsichtig genug sein“, schmunzelte der Diener und trat eiligen Schrittes neben Samiras Bett.
„Das sieht ja böse aus. Habe ich mir doch so etwas gedacht. Es heilt nicht von selbst, nicht wahr?“
Samira nickte unter Schmerzen. „Nein, leider nicht.“ Frustriert betrachtete sie die knallrote, lederartig gespannte Haut an ihren Armen.
„Strecken Sie mal die Arme aus, Frau Samira, ich habe eine Med izin hier, gleich wird es besser.“ Andro griff in seinen Korb und zog etwas heraus, das aussah wie ein langgezogenes Kakteenblatt.
„Was ist das?“ Samira betrachtete neugierig das seltsame G ebilde.
„Das ist Aloe Vera, das Beste, was du jetzt tun kannst. Andro ist ein wirklich umsichtiger Heiler.“ Sabine hatte die Pflanze schon oft für irgendwelche Kosmetika oder Lotionen genutzt und war begeistert von deren Wirkung.
Andro strahlte Sabine an. „Sie kennen sich in der Heilkunde offenbar aus. Sollte all dies ein gutes Ende nehmen, wäre es mir eine Freude, ein wenig an Erfahrung austauschen zu können.“
„Gern und jederzeit, aber jetzt sollten wir tatsächlich Samira he lfen. Wer weiß, wann dieser Sadist zurückkommt. Er scheint keinerlei Hemmungen zu haben, unsere Leben in Gefahr zu bringen.“
Andro schüttelte traurig den Kopf. „Das hat er allerdings nicht. Respekt vor dem Leben und der Unversehrtheit anderer sind ihm leider gänzlich fremd.“
Er setzte sich neben Samira, griff nach einem kleinen, scharfen Messerchen in seinem Korb und ritzte das Blatt der Länge nach auf. Dann legte er es, mit der Innenseite nach unten, sachte auf den verbrannten Arm der Fürstentochter.
Kurz darauf entspannte sich Samira. „Das tut wirklich gut.
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