Kinder der Nacht
aufgebrochen worden ist. Ist das richtig, Sheriff?«
Der Sheriff nickte. »Scheibe rausgeschnitten. Beide Innenschlösser geöffnet. Sah ziemlich professionell aus.«
Der Detective machte sich eine Notiz und sah zu der Stelle, wo die Männer des Sheriffs und die Notärzte sich darüber stritten, wie man die Seile festzurren sollte. Uniformierte Polizisten schritten am Rand der Schlucht entlang und leuchteten mit Taschenlampen in die Dunkelheit hinab.
Der Chief Detective kam mit einem Plastikbeutel aus dem Haus. Kate sah Stahl darin funkeln. Er hielt ihn ins Licht. »Wissen Sie, was das ist?« fragte er.
»Hübsches kleines Handflächenmesser«, sagte er und zeigte ihr, wie es gehalten wurde - Stahlknauf in der Handfläche, die zweischneidige Klinge zwischen den Knöcheln von zwei Fingern. Der Detective drehte sich zu Tom um. »Hatte er das in der Hand, als er auf Sie losgegangen ist?«
»Ja. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Lieutenant.« Tom ging zu den Deputies des Sheriffs und zeigte ihnen stumm, wie die Perlonseile festgezurrt werden mußten. Dann borgte er sich ein Gurtnetz von einem der Notärzte und hakte einen Karabinerhaken ein, als wollte er vorführen, wie man sich auf eine Kletterpartie vorbereitet.
»He!« rief der Deputy, als Tom sich mit einem Arm in der Schlinge zurücklehnte und anmutig über den Rand der Felsklippe kletterte.
Ein Notarzt schnallte sich selbst ein Seil um und folgte ihm die Felswand hinunter. Die uniformierten Beamten strahlten das Duo mit den Taschenlampen an, während die beiden am Fels hinabstürzten und behutsam in Gestrüpp und Zwergwacholder am Fuß der Klippe aufsetzten. Tom sah auf, winkte mit der unversehrten Hand und klinkte sich von dem Perlonseil ab. Deputies legten sich hastig Seile um und folgten ihnen.
Die Sonne ging auf, bevor die Suche abgebrochen wurde. Kate hatte Joshua in das Haus getragen und in ihr eigenes Bett gelegt; als sie wieder herauskam, zog sich Tom mühelos mit einem Arm an der Felswand hoch, während die Deputies und Notärzte sich schnaufend und keuchend mit beiden Armen abquälten.
Er trat auf die Veranda, klinkte den Karabinerhaken aus und schüttelte den Kopf.
»Kein Leichnam«, keuchte ein Deputy, der über den Rand kletterte. »Jede Menge Blut und abgebrochene Zweige, aber kein Leichnam.«
Der Detective Sergeant holte den Notizblock heraus und kam zu Kate. Er sah müde aus, und das gleißende Morgenlicht leuchtete auf graue Stoppeln. »Ma'am, sind Sie sicher, daß Sie den Mann mit Schrotladungen getroffen haben?«
»Dreimal«, sagte Tom und legte den unverletzten Arm um sie. »Zweimal aus knapp einem Meter Entfernung.«
Der Detective schüttelte den Kopf und ging zur Klippe zurück. »Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir den Leichnam finden«, sagte er. »Vielleicht können wir dann herausfinden, wer er war und warum er versucht hat, Ihr Baby zu entführen.«
Tom nickte und ging mit Kate ins Haus zurück.
Am Montag bat Ken Mauberly Kate in sein Büro. Sie hatte schon auf die Einladung gewartet.
Mauberly war der Verwaltungschef der CDC-Rocky-Mountain-Region, aber sein Büro war das einzige im NCAR/CDC-Komplex ohne Fenster. Er sagte, die Aussicht würde ihn von der Arbeit ablenken. Kate fand manchmal, daß die Wahl des Büros viel über den Charakter des Mannes verriet: ruhig, arbeitsam, genügsam, kompetent und ausschließlich fanatisch, was seine Langläufe betraf.
Er winkte sie zu einem Sessel und nahm selbst ebenfalls Platz. Das Jackett hatte er über die Stuhllehne gehängt, die Krawatte gelockert, die Ärmel hochgekrempelt. Er beugte sich über den Schreibtisch und faltete die Hände. »Kate, ich habe von dem Zwischenfall Samstag nacht gehört. Schrecklich, einfach schrecklich, wenn man so in seinem eigenen Haus überfallen wird. Geht es Ihnen und dem Baby gut?«
Kate versicherte ihm, daß es ihnen bestens ginge.
»Und die Polizei hat den Einbrecher nicht festnehmen können?«
»Nein. Sie haben Spuren gefunden, die darauf hindeuten, daß er den Bach etwa eine halbe Meile vom Haus entfernt verlassen haben könnte, aber nichts Eindeutiges. Sie haben eine Suchmeldung mit der Beschreibung ausgegeben, die sie von mir und Tom bekommen haben.«
»Und Ihrem Ex-Mann geht es auch gut?«
Kate nickte. »Er wurde leicht am Arm verletzt, hat aber heute morgen schon wieder Gewichte damit gestemmt.« Sie machte eine Pause. »Tom wohnt bei uns - bei Julie und dem Baby und mir -, bis sie den Kerl gefunden oder wir alle
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