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Kinder der Retorte

Kinder der Retorte

Titel: Kinder der Retorte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Wozu ist eine Ehe gut? Können wir Kinder haben, die ein legal gegründetes Elternhaus brauchten? Wenn ich bei dir wohnen wollte, würde ich bei dir wohnen, Lilith. Oder du bei mir. Muß dazu irgend jemand irgendwas Feierliches sagen? Uns ein Stück Papier geben?«
    »Es ist die Idee, Thor. Die Idee einer ständigen Vereinigung zwischen Mann und Frau, so wie es bei Menschen ist. Es ist Gefühlssache. Er liebte sie wirklich, Thor.«
    »Ich bin sicher, daß er sie liebte. Ich sah ihn weinen, als Spaulding sie tötete. Aber liebte er sie mehr, weil sie verheiratet waren? Wenn die Ehe so eine wunderbare Institution ist, warum kommt Manuel Krug dann jede Woche hierher? Sollte er nicht zu Hause bleiben und seine ständige Vereinigung mit Mrs. Krug pflegen?«
    »Es gibt gute Ehen und schlechte Ehen«, sagte Lilith. »Und mit wem du schläfst, sagt nicht notwendigerweise etwas darüber aus, wie gut deine Ehe ist. Jedenfalls, Fileclerks Ehe war eine gute. Und ich sehe nicht, was es uns schaden soll, diesen menschlichen Brauch zu übernehmen, wenn wir wirklich an unsere Gleichheit glauben.«
    »Nun gut«, sagte Watchman spöttisch. »Willst du mich heiraten?«
    »Ich sprach ganz im allgemeinen von der Übernahme des Brauchs.«
    »Ich spreche im besonderen. Wir brauchen nicht der AGP beizutreten, um getraut zu werden. Ich werde mit Alpha Konstructor und Alpha Dispatcher sprechen, und wir werden die Trauungszeremonie in der Gemeinde abhalten und uns heute abend in der Kapelle trauen lassen. Einverstanden?«
    »Mach darüber keine Witze, Thor.«
    »Das ist mein Ernst.«
    »Du bist wütend, und du weißt nicht, was du redest. Vor zwei Minuten hast du mir noch gesagt, du hältst die Ehe zwischen Androiden für absurd. Jetzt willst du, daß wir uns in der Gemeinde trauen lassen. Du kannst es nicht ernst meinen, Thor.«
    »Willst du mich nicht heiraten? Mache dir keine Sorgen, ich würde mich nicht in deine Affäre mit Manuel einmischen. Ich bin nicht für Alleinbesitzanspruch programmiert, aber wir könnten zusammen wohnen, zusammen leben, wir könnten…«
    »Hör auf damit, Thor!«
    »Warum?«
    »Was zwischen uns existiert, kann weiterexistieren ohne Ehe. Du weißt das. Ich weiß das. Ich wollte dir keinen Antrag machen. Ich habe nur versucht, dir etwas über Siegfried Fileclerk zu sagen, über die Natur seiner Gefühle, die Komplexität seiner Beziehung zu Alpha Nukleus, sowie über die Einstellung der AGP zu…«
    »Genug. Genug.« Watchman hielt sich die Ohren zu und schloß die Augen. »Ende der Konversation. Ich bin froh, daß du Siggie Fileclerk nicht verführen konntest, und erstaunt, daß die AGP für die Ehe eintritt, und jetzt ist Schluß. Verstanden?«
    »Du bist in schlechter Stimmung heute, Thor.«
    »Das bin ich.«
    »Warum? Kann ich etwas für dich tun, dir helfen?«
    »Leo Spaulding hat mir heute etwas gesagt, Lilith. Er sagte, wenn die AGP-Delegation ihre Petition dem Kongreß einreicht, wird Krug eine Erklärung abgeben, in der er die ganze Androidengleichheitsbewegung verdammt und betont, daß er uns überhaupt nie geschaffen hätte, wenn er geahnt haben würde, daß wir eines Tages die Bürgerrechte forderten.«
    Lilith hielt den Atem an. Mit Tränen in den Augen machte sie viermal das Krug-bewahre-uns-Zeichen.
    »Das ist nicht möglich«, hauchte sie.
    »Spaulding berichtete, Krug habe es ihm vor einer Woche gesagt, und zwar im Nemoclub, in Gegenwart des Sprechers Salah al-Din, des Senators Fearon, und einiger anderer Leute. Leon hat mir das natürlich nur beiläufig im Verlauf einer Konversation mitgeteilt, boshaft eingeflochten in ein freundliches Gespräch zwischen Ektogenen und Androiden. Er weiß, daß ich gegen die AGP bin. Er tat so, als tue er mir einen Gefallen, der Bastard!«
    »Kann es wahr sein!«
    »Natürlich kann es wahr sein. Krug hat nie etwas über die Rolle der Androiden in der Gesellschaft geäußert. Ich habe selbst keine Ahnung von seiner wirklichen Einstellung. Ich habe immer angenommen, daß er mit uns sympathisiert, doch vielleicht habe Ich nur meine eigenen Hoffnungen in ihn projiziert. Die Frage ist nicht, kann es wahr sein, sondern ist es wahr?«
    »Würdest du ihn fragen?«
    »Ich wage es nicht«, erwiderte Thor. »Ich glaube, daß diese ganze Geschichte Leon Spauldings boshaftem Geist entstammt, daß Krug nicht daran denkt, sein Prinzip, sich nicht in die Politik einzumischen, aufzugeben, sondern daß er, wenn er je eine Erklärung abgibt, sagen würde, daß wir alle hoffen und

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