Kinder der Stürme
Krieg geben*“, sagte Maris betrübt. „Hast du keine erfreulichen Nachrichten?“
S’Rella schüttelte den Kopf. „Eyrie war kein fröhlicher Ort. Ich hatte das Gefühl, nicht besonders willkommen zu sein. Einflügler gehen niemals dorthin, aber ich war da. Ich bin in das letzte Heiligtum der geborenen Flieger eingedrungen. Das hat ihnen nicht gefallen, obwohl Corina und einige andere versuchten, sehr höflich zu sein.“
Maris nickte. Das war eine alte Geschichte. Ständig gab es Spannungen zwischen den geborenen Fliegern und den Einflüglern, die ihre Flügel erst in den Wettkämpfen erringen mußten. Jedes Jahr gab es mehr Landgebundene, die die Luft für sich beanspruchten, und die alten Fliegerfamilien fühlten sich dadurch bedroht. „Wie geht es Val“, fragte sie.
„Val ist Val“, sagte S’Rella. „Reicher als je zuvor, aber andererseits hat er sich nicht verändert. Als ich Seezahn das letztemal besuchte, trug er einen Gürtel aus Metallgliedern. Keine Ahnung, was so etwas kostet. Er arbeitet viel mit den Holzflüglern. Sie sehen alle zu ihm auf. Die restliche Zeit verbringt er damit, in Sturmstadt mit Athen, Damen, Ro und den anderen Einflüglerfreunden Partys zu feiern. Ich habe gehört, daß er etwas mit einer Landgebundenen aus Poweet hat, aber ich glaube nicht, daß Cara etwas davon weiß. Ich habe versucht, ihn deshalb zur Rede zu stellen, aber du weißt ja, wie selbstgerecht Val sein kann …“
Maris lächelte. „O ja“, sagte sie und trank einen Schluck Tee, während S’Rella fortfuhr. Das Gespräch kreiste die ganze Zeit um Windhaven. Sie sprachen über andere Flieger, über Freunde, über Familienangehörige und über Orte, die sie beide bereist hatten. Sie führten eine langandauernde und ausschweifende Unterhaltung. Maris fühlte sich wohl, sie war glücklich und entspannt. Ihre Gefangenschaft würde bald ein Ende haben. In einigen Tagen würde sie wieder laufen können. Dann würde sie trainieren, um wieder Kraft zum Fliegen zu haben. Aber S’Rella, ihre beste Freundin, würde nicht bei ihr sein, um sie an das wirkliche Leben, das außerhalb dieser dicken Mauern auf sie wartete, zu erinnern.
Einige Stunden später leistete Evan ihnen Gesellschaft. Er hatte eine Platte mit Käse und Früchten, frisch gebackenes dunkles Brot und Rühreier nit wilden Zwiebeln und Paprika mitgebracht. Alle drei aßen hungrig. Die Unterhaltung und die neue Hoffnung hatten Maris einen Bärenhunger bereitet.
Man kar n auf die Politik zu sprechen. „Wird es hier wirklich Krieg geben?“ fragte S’Rella. „Worin liegt die Ursache?“
„Ein Felsen“, murmelte Evan. „Ein Felsen, der kaum einen halben Kilometer breit und zwei Kilometer lang ist. Er hat nicht einmal e inen Namen. Er liegt genau in der Mitte zwischen Thayos und Thrane, in der Meerenge von Tharin. Alle haben geglaubt, er wäre völlig wertlos. Aber jetzt hat man entdeckt, daß er eisenhaltig ist. Eine Gruppe aus Thrane hat es gefunden und begonnen, danach zu graben. Sie wollen ihr Recht daran nicht abtreten, aber der Felse n liegt näher an der Grenze zu Thayos, als an der von Thrane, deshalb erhebt unser Landmann Anspruch darauf. Er hat ein Dutzend Landwächter ausgeschickt, um die Mine zu besetzen, aber sie wurden zurückgeschlagen, und nun versucht Thrane den Felsen zu verteidigen.“
„Thayos hat kaum eine Chance“, sagte S’Rella. „Will euer Landmann deshalb wirklich in den Krieg ziehen?“
Evan seufzte. „Ich wünschte, es wäre anders. Aber der Landmann von Thayos ist kriegerisch veranlagt. In einem früheren Fischereikrieg hat er Thrane einmal bezwungen, und er ist sicher, daß er es wieder schaffen kann. Er würde lieber viele Menschen opfern, statt einen Kompromiß einzugehen.“
„Die Botschaft, die ich nach Thrane überbringen sollte, war voller Drohungen“, gab Maris preis. „Es wundert mich, daß der Krieg noch nicht ausgebrochen ist.“
„Beide Inseln sammeln Verbündete, Waffen und Versprechungen“, sagte Evan. „Man erzählte mir, daß die Flieger jeden Tag kommen und gehen. Zweifellos wird dir der Landmann eine Botschaft mitgeben, wenn du gehst, S’Rella. Unsere eigenen Flieger, Tya und Jem, hatten seit Monaten keine Pause. Jem hat die meisten Botschaften über die Meerenge geflogen, und Tya hat den potentiellen Verbündeten Angebote und Versprechungen unterbreitet. Glücklicherweise schien aber niemand an der Sache interessiert. Nach und nach ist sie mit Weigerungen zurückgekehrt. Auf diese Weise
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