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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Ambertown mit lachenden Fliegern füllten.
    Über der Insel lag so etwas wie Ferienstimmung. Die Erstankömmlinge veranstalteten zur Freude der einheimischen Weinhändler jede Nacht üppige Gelage. Sie erzählten, sangen und spekulierten über den Ausgang der Versammlung. Nachts wurden sie von Barrion und anderen Sängern unterhalten. Tagsüber veranstalteten sie Flugrennen und tummelten sich ausgelassen in der Luft. Die Nachzügler wurden lauthals begrüßt. Maris, die Laus verlassen hatte, nachdem sie eine Sondererlaubnis bekam, noch einmal die Flügel benutzen zu dürfen, sehnte sich danach, mit den anderen herumzufliegen. Alle ihre Freunde und auch Corms Verbündete waren da, alle Flieger der Westlichen Inseln. Auch die Flieger der Östlichen Inseln waren gekommen. Viele trugen Anzüge aus Pelz und Metallfolie. Sie erinnerten Maris unwiderstehlich an die Art, wie Rabe sich an jenem längst vergangenen Tage gekleidet hatte. Es waren auch drei hellhäutige Artellianer gekommen. Jeder von ihnen trug einen Silberreifen um die Stirn -Aristokraten aus einem dunklen, kalten Land, wo Flieger Könige und Boten waren. Alle liefen munter durcheinander, Brüder und Gleichgesinnte. Die Rieger von Groß Shotan mit ihren roten Uniformen und die zwanzig großgewachsenen Abgesandten der Äußeren Inseln, die Schwadron der sonnengebräunten Priester vom üppigen südlichen Archipel, die sowohl dem Himmelsgott als auch ihren Landmännern dienten. Sie alle zu sehen, zu treffen und mit ihnen zusammenzukommen, die Größe und das Ausmaß der kulturellen Vielfalt von Windhaven, berührten Maris wie niemals zuvor. Sie war geflogen, wenn auch nur für kurze Zeit, sie hatte zu der privilegierten Minderheit gehört. Und dennoch gab es unendlich viele Orte, die sie nicht besucht hatte. Wenn sie nur ihre Flügel wiederbekäme …
    Schließlich waren alle angekommen. Die Versammlung sollte bei Sonnenuntergang beginnen. In dieser Nacht blieben die Kneipen Ambertowns leer.
    „Du hast eine Chance“, erklärte ihr Barrion auf.den Stufen der großen Halle vor Beginn der Versammlung. Dorrel und Coli begleiteten sie. „Nach den Wochen des Weines und der Lieder haben die meisten gute Laune. Ich bin herumgegangen, habe mich unterhalten und gesungen, und ich weiß, sie werden dir zumindest zuhören.“ Er grinste schlitzohrig. „Für Flieger ist das recht ungewöhnlich.“
    Dorrel nickte. „Garth und ich haben mit vielen gesprochen. Du hast viele Verbündete, zumindest unter den jüngeren Fliegern. Die älteren Abgesandten, jedenfalls die meisten von ihnen, stehen auf Corms Seite, auf Seiten der Tradition. Aber noch haben sie ihr Urteil nicht gefällt.“
    Maris schüttelte den Kopf. „Die älteren Flieger sind weit in der Überzahl, Dorr.“
    Barrion legte ihr väterlich die Hand auf die Schulter. „Dann mußt du sie eben überzeugen. Nach allem, was du schon vollbracht hast, sollte dir das nicht schwerfallen.“ Er lächelte.
    Die Abgesandten waren alle eingezogen. Mit einem Trommelwirbel ließ der Landmann von Groß Amberly den Beginn der Versammlung ankündigen. „Wir müssen gehen“, sagte Maris. Barrion nickte. Als Nichtflieger durfte er nicht an der Versammlung teilnehmen. Er drückte ihre Schulter, wünschte ihr Glück, nahm seine Gitarre und ging langsam die Treppe hinunter. Maris, Coli und Dorrel eilten in den Saal.
    Der Saal war eine riesige Felsenhöhle, an deren Wänden Fackeln ein düsteres Licht verbreiteten. In der Mitte des tiefer gelegenen Fußbodens stand ein langer Tisch. Die Flieger saßen im Halbkreis auf Sitzreihen aus massivem Stein, die bis zur Decke hin anstiegen. Jamis, der Senior, dessen Gesicht vom Alter gezeichnet war, saß in der Mitte des langen Tisches. Obwohl er bereits einige Jahre als Landgebundener lebte, wurde er wegen seiner Erfahrung und seines Charakters überall geschätzt. Er war mit einem Boot angereist, um den Vorsitz der Versammlung zu übernehmen. Rechts und links von ihm saßen die einzigen Nichtflieger, denen man die Teilnahme gewährt hatte. Der dunkelhäutige Landmann von Groß Amberly und der stattliche Herrscher von Klein Amberly. Corm nahm den vierten Stuhl auf der rechten Seite des Tisches ein. Der fünfte Stuhl auf der linken war noch nicht besetzt.
    Maris ging zu diesem, ihrem Platz, während Dorrel und Coli zu den oberen Rängen hinaufstiegen. Ein Trommelwirbel ermahnte die Anwesenden zur Ruhe. Maris sah sich in der Halle um, die Gespräche verstummten. Coli hatte zwischen dem

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