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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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würdest nichts dafür tun – du würdest mir nicht helfen, obwohl wir bald alles verlieren, wofür wir gekämpft haben.“
    „Wir werden nicht verlieren. Wir haben gewonnen. Wir haben die Gesetze – und die Welt verändert.“
    „Aber was nützt uns das, wenn wir keine Akademien mehr haben?“
    „Die Akademien! Ich habe nicht für die Akademien gekämpft. Ich habe dafür gekämpft, schlechte Traditionen zu verändern. Ich akzeptiere es, daß ein Landgebundener, der mich besiegt, meine Flügel bekommt. Doch ich werde ihm nicht helfen, mich zu besiegen. Aber genau darum bittest du mich. Von allen Menschen solltest du doch am besten wissen, was es für einen Flieger bedeutet, den Himmel zu verlieren.“
    „Aber ich weiß auch, was es heißt, fliegen zu wollen und zu wissen, daß es keine Chance gibt“, sagte Maris. „In der Akademie ist eine Schülerin – S’Rella. Du hättest sie heute morgen hören sollen, Dorrel. Sie möchte um alles in der Welt fliegen. Sie ist ganz so, wie ich war, als Russ begann, mir das Fliegen beizubringen. Komm, hilf ihr, Dorrel.“
    „Wenn sie dir tatsächlich ähnelt, wird sie früh genug fliegen, ganz gleich, ob ich ihr helfe oder nicht. Nein, ich werde ihr nicht helfen. Wenn sie einen meiner Freunde besiegt und ihm die Flügel wegnimmt, brauche ich mich nicht schuldig zu fühlen.“ Er leerte seinen Krug und stand auf.
    Maris runzelte die Stirn und suchte nach neuen Argumenten. „Trinkst du einen Tee mit mir?“ Sie nickte und beobachtete ihn, während er zum Feuer ging, über dem ein Kessel mit duftendem Tee hing. Seine Art zu stehen, sein Gang, die Art, wie er sich bückte, um den Tee einzugießen, waren ihr so vertraut. Sie kannte ihn besser als alle anderen, dachte sie.
    Als Dorrel mit den heißen, gesüßten Getränken zurückkam und dicht neben ihr Platz nahm, war ihre Wut verflogen, und ihre Gedanken bewegten sich in eine andere Richtung.
    „Was ist mit uns geschehen, Dorr? Vor ein paar Jahren wollten wir noch heiraten, und jetzt sehen wir uns an wie zwei Landbewohner, die über Fischereirechte streiten. Was ist aus unserem Plan geworden, zusammenzuleben und Kinder zu haben? Was ist aus unserer Liebe geworden?“ Sie lächelte schwermütig. „Ich verstehe nicht, was passiert ist.“
    „Doch, du weißt es“, sagte Dorrel mit sanfter Stimme. „Diese Sache ist schuld. Deine Liebe und deine Sympathien gehören sowohl den Fliegern als auch den Landgebundenen. Das Leben ist nicht mehr so einfach wie früher, wenigstens nicht für dich. Wir verfolgen nicht das gleiche Ziel, und es fällt uns schwer, einander zu verstehen. Wir haben uns früher so sehr geliebt …“ Er trank einen Schluck heißen Tee und senkte den Blick. Maris beobachtete ihn traurig und wartete. Einen Moment lang wünschte sie sich die alten Zeiten zurück, als ihre Liebe noch so zielstrebig und stark war, daß sie allen Stürmen zu trotzen schien.
    Dorrel blickte zu ihr auf. „Aber ich liebe dich noch immer, Maris. Die Dinge haben sich geändert, aber meine Liebe dauert an. Vielleicht können wir nicht gemeinsam leben, aber wenn wir zusammen sind, können wir uns lieben und versuchen, uns nicht zu bekämpfen, hm?“
    Sie lächelte ihn ein wenig ängstlich an und streckte ihm die Hand entgegen. Er ergriff sie fest und erwiderte ihr Lächeln.
    „Nun, laß uns aufhören zu diskutieren und traurige Was-wäre-wenn-Geschichten aufzuwärmen. Wir leben in der Gegenwart laß sie uns genießen. Weißt du, daß es schon fast zwei Monate her ist, seit wir uns zuletzt gesehen haben? Wo bist du seither gewesen? Was hast du erlebt? Erzähl mir ein paar Neuigkeiten, meine Liebe, etwas Klatsch, um mich aufzuheitern“, sagte er.
    „Meine Neuigkeiten sind wenig erfreulich“, sagte Maris und dachte an die Botschaften, die sie gehört und übermittelt hatte. „Die Östlichen Inseln haben Luftheim geschlossen. Einer der Studenten starb bei einem Unfall, ein anderer ist auf dem Weg nach Seezahn. Die anderen haben, glaube ich, aufgegeben und sind nach Hause zurückgekehrt. Ich weiß nicht, was Nord tun wird.“ Sie zog ihre Hand zurück und griff nach dem Tee.
    Dorrel schüttelte den Kopf, ein vages Lächeln huschte über sein Gesicht. „Selbst deine Neuigkeiten handeln nur von Akademien. Meine sind viel interessanter. Der Landmann von Szyllas Landspitze ist gestorben. Man hat seine jüngste Tochter als Nachfolgerin bestimmt. Außerdem gibt es Gerüchte über Kreel – kennst du ihn? Ein blonder Junge, dem ein Finger

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