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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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erblickte, war sie total erschöpft. Glücklich ließ sie sich in ihr eigenes leeres Bett sinken. Aber die Laken waren kalt, und der Raum war klamm, Maris konnte kaum einschlafen. Ihr eigenes Haus erschien ihr eng und fremd. Sie stand auf und suchte etwas zu essen. Aber sie war lange fort gewesen, die wenigen Speisen in der Küche waren abgestanden oder verdorben. Hungrig und unglücklich kehrte sie in ihr Bett zurück und fand nur einen unruhigen Schlaf.
    Am nächsten Morgen suchte sie den Landmann auf. Seine Begrüßung war höflich, aber zurückhaltend. „Es gab viel zu tun“, sagte er schlicht. „Ich habe oft nach dir schicken lassen, aber du warst immer unterwegs. Corm und Shalli sind an deiner Stelle geflogen, Maris. Sie mußten sich sehr anstrengen. Und nun hat Shalli ein Kind. Können wir uns damit begnügen, wie die kleinen Inseln nur einen Flieger zu haben?“
    „Wenn du einen Auftrag für mich hast, dann sag es mir“, antwortete Maris. Sie konnte nicht bestreiten, daß seine Vorwürfe berechtigt waren, aber genausowenig konnte sie versprechen, Seezahn in Zukunft zu meiden.
    Der Landmann mißbilligte ihre Einstellung, aber er konnte sie nicht ändern. Er trug ihr eine Botschaft auf. Eine lange und ausführliche Botschaft an die Händler von Poweet. Er bot ihnen Getreidesamen im Austausch für Leinensegel an, jedoch nur, wenn sie die Ware mit dem Schiff lieferten. Außerdem versprach er ihnen Eisen, wenn sie die Amberlys in einem Streit gegen Kesselar unterstützten. Maris lernte die Botschaft Wort für Wort, ohne daß sie sie voll in ihr Bewußtsein aufnahm, so wie es die Flieger oft taten. Anschließend ging sie zur Sprungklippe und startete.
    Aus Angst, sie könnte wieder zu lange fortbleiben, deckte der Landmann sie mit zahlreichen Aufträgen ein. Sobald sie von einer Mission zurückkehrte, mußte sie auch schon zur nächsten starten. Viermal mußte sie nach Poweet, zweimal nach Klein Shotan, zweimal nach Groß Amberly und einmal nach Kesselar, Culhall, Steinschüssel und Laus (Dorrel war nicht zu Hause, er hatte selber einen Auftrag zu erledigen), und einmal hatte sie einen besonders langen Flug nach Drachens Landung auf den östlichen Inseln.
    Als sie endlich Gelegenheit hatte, nach Seezahn zu entwischen, waren es nur noch drei Wochen bis zu den Wettkämpfen.
    „Wieviel Studenten willst du für den Wettkampf anmelden?“ fragte Maris. Weit draußen peitschten Regen und Wind gegen die Insel, aber die dicken Steinmauern, die sie umgaben, hielten das Unwetter fern. Sena saß auf einem niedrigen Schemel, ein zerrissenes Hemd in der Hand. Maris stand vor ihr und wärmte ihren Rücken am Feuer.
    „In dieser Sache wollte ich deinen Rat einholen“, sagte Sena und blickte von dem Flicken auf. „Ich habe an vier oder fünf gedacht.“
    „Mit Sicherheit S’Rella“, sagte Maris nachdenklich. Ihre Meinung konnte Sena beeinflussen, und Senas Unterstützung war für die Möchtegernflieger ausschlaggebend. Nur jene, die ihre Billigung fanden, durften an den Wettkämpfen teilnehmen. „Damen auch. Sie sind unsere besten Flieger. Und vielleicht noch Sher und Leya? Oder Liane?“
    „Sher und Leya“, sagte Sena, während sie nähte. „Es gäbe eine Katastrophe, wenn ich nur eine von beiden anmelden würde. Es wird schwer genug sein, sie davon zu überzeugen, daß sie nicht ein und dieselbe Person herausfordern können, oder als Team antreten dürfen.“
    Maris lachte. Sher und Leya waren zwei der jungen Anwärter und unzertrennliche Freundinnen. Sie hatten Talent und waren mit Begeisterung bei der Sache, aber sie ermüdeten zu schnell, und etwas Unerwartetes konnte sie „aus der Bahn“ werfen. Sie hatte sich oft gefragt, ob ihre ständige Gemeinsamkeit ihnen Stärke gab oder ihre Fehler noch verschlimmerte. „Denkst du, sie können gewinnen?“
    „Nein“, sagte Sena ohne aufzusehen. „Aber sie sind alt genug, um es zu probieren und zu verlieren. Die Erfahrung wird ihnen guttun und ihren Übermut zügeln. Wenn sie eine Niederlage nicht ertragen können, sind sie als Flieger untauglich.“
    Maris nickte. „Dann steht das Fragezeichen also hinter Liane?“
    „Ich werde ihn nicht anmelden“, sagte Sena. „Er ist noch nicht so weit, und ich bezweifele, ob er es je sein wird.“
    Maris war überrascht. „Ich habe ihn fliegen sehen“, sagte sie. „Er ist sehr stark, und gelegentlich fliegt er ausgezeichnet. Ich gebe zu, er ist launisch und unbeständig, aber wenn er einen guten Tag hat, ist er besser

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