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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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als S’Rella und Damen zusammen. Er könnte deine größte Hoffnung sein.“
    „Er könnte“, wiederholte Sena, „aber ich werde ihn nicht anmelden. Eine Woche gleitet er dahin wie ein Nachtfalke, und in der nächsten Woche torkelt er umher wie ein tolpatschiges Kind, das zum ersten Mal in der Luft ist. Nein, Maris, ich möchte gewinnen, aber wenn Liane siegte, wäre es das schlimmste, was ihm passieren könnte. Ich möchte wetten, daß er dann binnen eines Jahres tot wäre. Der Himmel ist kein sicherer Platz für jemanden, dessen Talent mit seiner Stimmung kommt und geht.“
    Maris nickte zögernd. „Vielleicht hast du recht“, sagte sie. „Aber wer ist dann der fünfte?“
    „Kerr“, sagte Sena. Sie legte ihre Knochennadel aus der Hand und begutachtete das Hemd. Sie hatte die ganze Zeit daran gearbeitet und es nun auf dem Tisch ausgebreitet. Sena lehnte sich zurück und beobachtete Maris mit ihrem gesunden Auge.
    „Kerr? Er hat Talent, aber er ist nervös, hat Übergewicht und seine Bewegungen nicht unter Kontrolle. Seine Arme sind nicht halb so stark, wie sie sein müßten. Kerr hat keine Chance, im Augenblick wenigstens nicht. In ein paar Jahren vielleicht …“
    „Seine Eltern wünschen, daß er in diesem Jahr teilnimmt“, sagte Sena abgespannt. „Sie sagen, er hat schon zwei Jahre vergeudet. Ihnen gehört eine Kupfermine auf Klein Shotan, und sie können es kaum erwarten, daß er die Flügel bekommt. Außerdem unterstützen sie die Akademie großzügig.“
    „Ich verstehe“, sagte Maris.
    „Letztes Jahr habe ich es abgelehnt“, fuhr Sena fort. „Dieses Jahr bin ich mir noch unsicherer. Ohne Sieg bei den Wettkämpfen wird die Akademie die Unterstützung der Landfrau verlieren. Dann stehen nur noch wohlhabende Mäzene zwischen uns und der Schließung. Deshalb ist es vielleicht das beste, sie bei Laune zu halten.“
    „Das sehe ich ein“, sagte Maris, „obwohl ich dem nicht zustimmen kann. Aber wahrscheinlich gibt es keine andere Möglichkeit. Und es wird Kerr nicht umwerfen, wenn er verliert. Manchmal scheint er sich sowieso in der Rolle des Clowns zu gefallen.“
    Sena seufzte. „Ich glaube, ich muß es tun, obwohl ich es hasse. Ich habe gehofft, du würdest es mir ausreden.“
    „Nein“, sagte Maris, „du überschätzt meine Überzeugungskraft. Trotzdem werde ich dir einen Rat geben. Stell die Flügel in den letzten Wochen nur jenen zur Verfügung, die am Wettkampf teilnehmen. Sie werden die Übung brauchen. Beschäftige die anderen mit sportlichen Übungen und theoretischem Unterricht.“
    „So verfuhr ich auch in den letzten Jahren“, sagte Sena. „Sie sollten auch untereinander Wettkämpfe bestreiten. Außerdem fände ich es gut, wenn sie sich mit dir messen würden, selbst wenn es sie nur verlieren lehrt. S’Rella hat bereits im letzten Jahr teilgenommen, und Damen hat zweimal verloren, aber die anderen brauchen die Erfahrung. Sher …“
    „ Sena, Maris, kommt schnell!“ Der Ruf kam aus der Halle, und plötzlich stand ein atemloser Kerr im Türrahmen. „Die Landfrau hat einen Boten geschickt, sie brauchen einen Flieger, sie …“ Er keuchte und suchte nach Worten.
    „Geh mit ihm“, sagte Sena zu Maris. „Ich komme so schnell ich kann hinterher.“
    Der Fremde, der im Gemeinschaftsraum wartete, war ebenfalls außer Atem. Er war den ganzen Weg vom Turm der Landfrau gerannt. Die Worte brachen aus ihm heraus. „Bist du der Flieger?“ Er war jung und offensichtlich durcheinander, denn er sah sich um wie ein im Käfig gefangener Vogel.
    Maris nickte.
    „Du mußt nach Shotan fliegen. Bitte. Und den Heiler holen. Die Landfrau sagte, ich sollte mich an dich wenden. Mein Bruder ist krank. Er phantasiert. Sein Bein ist gebrochen – eine böse Sache, man kann den Knochen sehen –, und er sagt mir nicht, wie ich es schienen kann oder was ich ihm gegen das Fieber geben soll. Bitte, beeile dich.“
    „Verfügt Seezahn nicht über einen eigenen Heiler?“ fragte Maris.
    „Sein Bruder ist der Heiler“, half Damen aus, ein schlanker junger Einwohner der Insel.
    „Wie heißt der Heiler von Groß Shotan?“ fragte Maris, als Sena in den Raum humpelte.
    Die alte Frau begriff sofort, was geschehen war, und gab Anweisungen. „Es gibt einige“, sagte sie.
    „Beeile dich“ flehte der Fremde. „Mein Bruder könnte sterben.“
    „Ich glaube nicht, daß er an einem gebrochenen Bein stirbt“, begann Maris, aber Sena gebot ihr mit einer Geste zu schweigen.
    „Dann bist du eine

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