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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dann kreischte Edie auf: Mr. Tree fiel. Wie ein Stein stürzte er senkrecht auf die Erde; Edie schloß die Augen, und Terry, der Hund, stieß ein Geheul des äußersten Jammers aus.
    »Was ist los?« zeterte Bill verzweifelt. »Wer hat das gemacht? Jemand hat ihn weggeholt, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete sie und schlug die Augen auf.
    Mr. Tree lag verkrümmt und zerschmettert am Erdboden, die Arme und Beine standen in allen erdenklichen Winkeln von ihm ab. Er war tot; soviel war ihr klar, und dem Hund auch. Der Hund trottete zu ihm hinüber, blieb stehen, drehte sich nach Edie um und warf ihr einen Blick voller Betroffenheit und Fassungslosigkeit zu. Sie sagte nichts; auch sie verharrte in einigem Abstand. Es war einfach schrecklich, was man – wer auch dahinter stecken mochte – mit Mr. Tree gemacht hatte. Wie beim Brillenmann aus Bolinas, dachte sie. Ein regelrechter Mord.
    »Hoppy hat's getan«, stöhnte Bill. »Hoppy hat Mr. Tree von weitem umgebracht, weil er sich vor ihm gefürchtet hat. Mr. Tree ist jetzt unten bei den Toten, ich kann ihn reden hören. Er sagt das. Er sagt, daß Hoppy ihn aus der Ferne gepackt hat, von seinem Haus aus, in dem er wohnt, daß er ihn in die Höhe gehoben und durch die Luft geworfen hat!«
    »Eijeijeijei«, sagte Edie. Warum Hoppy das wohl getan hat? überlegte sie. Wegen der Explosionen, die Mr. Tree am Himmel hervorgerufen hat? Haben sie Hoppy einen Schrecken eingejagt? War er deswegen sauer?
    Ihr war bange zumute. Dieser Hoppy, dachte sie, er kann aus solcher Entfernung töten, so was kann sonst niemand. Wir sollten lieber vorsichtig sein. Ganz vorsichtig. Denn er könnte uns allesamt ermorden. Er könnte uns durch die Gegend schmeißen oder einfach zerquetschen.
    »Ich glaube, das werden die Apokalyptischen Nachrichten auf der ersten Seite bringen«, sagte sie halb zu sich selbst, halb zu Bill.
    »Was sind die Apokalyptischen Nachrichten?« meldete sich verärgert und mißgestimmt Bill. »Ich verstehe nicht, was eigentlich los ist. Kannst du mir nicht erklären, was Sache ist? Bitte.«
    »Wir gehen jetzt besser zurück ins Dorf«, sagte Edie. Langsam entfernte sie sich, ließ den Hund allein neben den entstellten Überresten Mr. Trees sitzen. Vermutlich ist es bloß gut, dachte sie, daß du nicht in ihn übergewechselt bist, wenn nämlich du in Mr. Tree gewesen wärst, hätte Hoppy jetzt dich ermordet. Und Mr. Tree würde nun unwiderruflich in mir leben. Jedenfalls bis ich die Oleanderblätter gekaut und geschluckt hätte. Und womöglich hätte er doch irgendeine Möglichkeit gefunden, um mich daran zu hindern. Er hatte ja irgendwelche komischen Kräfte, er konnte solche Explosionen verursachen, und vielleicht hätte er welche in mir drin machen können.
    »Wir werden's mit jemand anderem versuchen«, sagte Bill hoffnungsvoll. »Das können wir doch, oder? Wollen wir's mal mit dem ... Wie nennt man das? Den Hund? Wollen wir es mit dem Hund versuchen? Ich glaube, ich wäre gerne so ein Hund. Er kann schnell laufen, er kann etwas fangen und sehr weit sehen, nicht wahr?«
    »Jetzt nicht«, entgegnete Edie, noch immer voller Furcht; sie wollte nichts als schnellstens fort. »Ein andermal. Es ist besser, du wartest noch.« Sie rannte auf dem Trampelpfad den Weg zurück, den sie gekommen war, in die Richtung zur Ortschaft.

    14

    Orion Stroud, der in der Mitte des Förstersaals saß, damit jeder ihn deutlich verstehen konnte, pochte auf die Tischplatte, um Ruhe zu schaffen. »Mrs. Keller und Dr. Stockstill«, sagte er dann laut, »haben die Zusammenkunft der offiziellen Jury von West Marin sowie der West Mariner Bürgerversammlung beantragt, damit wesentliche neue Erkenntnisse in bezug auf den heute eingetretenen Todesfall bekanntgegeben werden können.« Zu seinen Seiten saßen Mrs. Tallman, Cas Stone, Fred Quinn, Mrs. Lully, Andrew Gill, Earl Colvig und Miss Costigan; er ließ seinen Blick der Reihe nach über sie schweifen, sehr befriedigt über die vollständige Anwesenheit. Sie alle beobachteten ihrerseits in angespannter Aufmerksamkeit ihn, sich ausnahmslos vollauf darüber im klaren, daß diesmal eine wirklich wichtige Angelegenheit vorlag. So etwas wie heute war noch nie in der Gemeinde geschehen. Das war etwas völlig anderes als die Hinrichtung Mr. Austurias' oder der Tod des Brillenmanns. »Wie mir mitgeteilt worden ist«, fügte Stroud hinzu, »hat man entdeckt, daß Mr. Tree, der lange unter uns gelebt hat ...«
    »Er war Bluthgeld«, sagte eine Stimme mitten aus

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