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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Gottverdammt soll er sein. Irgend jemand muß ihn töten. Man hätte es schon längst tun sollen ... schon neunzehnhundertsiebzig hätte man ihn umbringen sollen, denn er war schon damals wahnsinnig.« Sie holte ihr Taschentuch hervor und betupfte sich damit den Schädel. »O mein Gott«, sagte sie. »Ich bin richtiggehend verletzt. Ich bin irgendwie ganz übel aufgeprallt.«
    »Und das Pferd ist auch noch fortgelaufen«, sagte Barnes.
    »Das muß ein schlechter Gott sein«, sagte Bonny, »der ihm diese Macht gegeben hat, um was es sich dabei auch drehen mag. Ich weiß, daß er's ist, Hal. Im Laufe der Jahre haben wir viele sonderbare Dinge erlebt, warum soll nicht auch so was möglich sein? Die Fähigkeit, den Krieg von neuem heraufzubeschwören, ihn zurückzuholen, meine ich, so wie er sie gestern abend angedeutet hat. Vielleicht hat er uns irgendwie in eine Zeitschleife versetzt. Wäre das nicht denkbar? Wir stecken fest. Er ...« Sie verstummte, als in der Höhe über ihnen für Sekundenbruchteile grellweiße Helligkeit aufblitzte, mit enormer Geschwindigkeit verflackerte; die Bäume ringsum wankten, beugten sich, und sie hörten da und dort alte Eichen splittern.
    »Wenn ich nur wüßte, wohin das Pferd gerannt ist«, sagte Barnes gepreßt, erhob sich vorsichtig und spähte nach allen Seiten.
    »Vergiß das Pferd«, sagte sie. »Wir müssen zurücklaufen, soviel ist ja wohl klar. Hör mal, Hal, vielleicht kann Hoppy etwas tun, er hat doch auch irgendwelche sonderbaren Kräfte. Ich glaube, wir sollten zu ihm gehen und ihm alles erzählen. Bist du nicht auch dieser Meinung? Mir fällt in der augenblicklichen Lage nichts anderes ein, was wir unternehmen könnten.«
    »Das ist eine gute Idee«, sagte Barnes, aber er hielt noch immer nach dem Pferd Umschau; allem Anschein nach hörte er ihr nicht allzu aufmerksam zu.
    »Unsere Strafe«, sagte Bonny.
    »Was?« munkelte Barnes.
    »Du weißt schon. Für das, was Eddie ›nicht richtig‹ findet. Erst gestern habe ich mir gedacht ... vielleicht hätten wir damals mit all den anderen sterben sollen. Kann sein, es ist ganz gut, daß es jetzt noch einmal zu so einem Unheil kommt.«
    »Da ist das Pferd ja«, sagte Barnes und entfernte sich eilends. Das Pferd hing fest; die Zügel hatten sich in Lorbeergeäst verfangen.
    Der Himmel hatte sich mit rußigem Schwarz bezogen. Bonny entsann sich noch genau an diese Verfärbung; ohnehin war sie nie völlig verschwunden; sie hatte lediglich nachgelassen.
    Unsere kleine zerbrechliche Welt, dachte Bonny, die wir uns nach dem Tag X so mühselig aufgebaut haben ... diese winzige Gemeinschaft mit unseren zerfledderten Schulbüchern, unseren »Deluxe«-Zigaretten, den Holzvergaser-Lastern ... sie kann keinen weiteren Heimsuchungen standhalten, sie kann nicht mehr durchstehen, was Bruno jetzt anstellt, allem Anschein nach anstellt. Ein schwerer Schlag gegen uns, und wir werden hin sein, die intelligenten Tiere werden verrecken, all diese neuen, seltsamen Arten werden so plötzlich den Bach hinabgehen, wie sie aufgetaucht sind. Wie schade, dachte sie kummervoll. Das ist doch wirklich eine Ungerechtigkeit. Auch Terry, der Hund, der sprechen kann. Vielleicht waren wir zu ehrgeizig. Vielleicht hätten wir es erst gar nicht mit dem Wiederaufbau und Neuanfangen versuchen dürfen.
    Aber ich glaube, wir haben unsere Sache, alles in allem betrachtet, ziemlich gut gemacht, dachte sie. Wir haben gelebt. Wir haben geliebt und Gills Five Star getrunken, unseren Kindern in einer Schule mit den merkwürdigsten Fenstern Unterricht ermöglicht, die Apokalyptischen Nachrichten herausgegeben, ein altes Autoradio aufgestellt und jeden Abend der Lesung eines Buchs von William Somerset Maugham zugehört. Was hätte man mehr von uns verlangen können? Herrgott, was jetzt geschieht, dachte sie, das ist einfach eine Ungerechtigkeit. Es geht ganz und gar nicht in Ordnung. Wir alle haben Pferde, Ernten und ein Leben, das alles ist uns etwas wert und verdient es, geschützt zu werden ...
    Eine weitere Explosion fand statt, diesmal in größerer Entfernung. Im Süden, beobachtete sie. Genau in der Gegend wie damals. San Franzisko.
    Ausgelaugt schloß sie die Lider. Und ausgerechnet jetzt, da dieser McConchie hier aufgekreuzt ist, dachte sie. Was für ein elendes, jämmerliches Pech.

    Der Hund stand mitten auf dem Pfad, versperrte Edie Keller den Weg; mit seiner mühevollen Stimme röchelte er etwas hervor. »Trrr brrräschrrräftrrigt. Hrrrallt.« Zur Warnung

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