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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dem Satelliten nun wieder hören konnte.
    .....jedenfalls tritt der Schmerz vorwiegend«, sagte Dangerfield, »nach dem Schlafen und vor dem Essen auf. Anscheinend verschwindet er, wenn ich was esse, und deshalb habe ich den Verdacht, es ist nicht mein Herz, sondern ein Magengeschwür. Falls also irgendwelche Ärzte mich hören und irgendwie eine Möglichkeit zum Senden haben, könnten sie vielleicht mal 'n Spruch loslassen und mir dazu ihre Meinung mitteilen. Wenn's nützlich ist, kann ich noch mehr Angaben durchsagen.«
    Erstaunt lauschte June Raub, wie der Mann droben im Satelliten seine körperlichen Beschwerden weitschweifig und mit immer noch genaueren Einzelheiten beschrieb. War es das, was Hoppy gemeint hat? fragte sie sich. Dangerfield war zu einem Hypochonder geworden, und niemandem war die Veränderung aufgefallen, bloß Hoppy mit seinem besonders feinen Gespür. Ihr schauderte. Der arme Kerl da oben, er war dazu verdammt, immer und immerzu um die Erde zu kreisen, bis ihm zuletzt, wie den Russen, die Lebensmittel oder die Luft ausging und er sterben mußte.
    Und was werden wir dann anfangen? überlegte sie. Ohne Dangerfield – wie sollen wir da zurechtkommen?

    8

    Orion Stroud, Vorsitzender des Schulrats von West Marin, drehte die alte Coleman-Öllampe ein wenig höher, so daß ihr weißlicher Schein den Mehrzweckraum der Schule hell ausleuchtete und alle vier übrigen Mitglieder des Schulrates den neuen Lehrer deutlich sehen konnten.
    »Zum Anfang möchte ich ein paar Fragen stellen«, sagte Stroud zu den anderen. »Zuerst einmal, dies ist Mr. Barnes, er kommt aus Oregon. Wie er mir gesagt hat, ist er Spezialist für Wissenschaftliches und natürliche Nahrung. Stimmt's, Mr. Barnes.«
    Der neue Lehrer, ein untersetzter Mann von noch jüngerem Aussehen, bekleidet mit einem Khakihemd und einer Arbeitshose, räusperte sich nervös. »Ja«, bestätigte er, »ich kenne mich mit Chemikalien, Pflanzen und Tierleben aus, vor allem solchem, was man in Wäldern findet, beispielsweise Beeren und Pilze.«
    »In letzter Zeit hatten wir mit Pilzen wenig Glück«, sagte Mrs. Tallman, eine ältere Dame, die dem Schulrat sogar schon in den alten Zeiten vor der Katastrophe angehört hatte. »Inzwischen neigen wir dazu, auf sie zu verzichten. Mehrere Leute sind ums Leben gekommen, weil sie zu gierig oder zu unvorsichtig waren oder ganz einfach keine Ahnung hatten.«
    »Aber Mr. Barnes hat viel Ahnung davon«, sagte Stroud. »Er hat die Universität von Davis besucht und dort gelernt, wie man eßbare von giftigen Pilzen unterscheidet. Er braucht nicht zu raten und nicht herumzuprobieren. Richtig, Mr. Barnes?« Er schaute den neuen Lehrer um erneute Bestätigung an.
    »Es gibt gewisse Arten, die nahrhaft sind und mit denen einem keine Irrtümer unterlaufen können«, sagte Mr. Barnes und nickte. »Ich habe mir hier in Ihrer Gegend die Weiden und Wälder angesehen und bin dabei auf mancherlei ausgesprochen gute Exemplare gestoßen. Sie können künftig Ihre Ernährung ergänzen, ohne Risiken einzugehen. Ich kenne sogar die lateinischen Bezeichnungen.«
    Die Mitglieder des Schulrates gerieten in Bewegung und redeten gedämpft durcheinander. Das hat sie schwer beeindruckt, merkte Stroud, das mit den lateinischen Namen.
    »Warum haben Sie Oregon verlassen?« erkundigte sich unverblümt George Keller, der Schulleiter.
    Die neue Lehrkraft wandte sich ihm zu. »Aus politischen Gründen«, lautete die Antwort.
    »Wegen Ihrer politischen Einstellung oder der dortigen Politik?«
    »Der dortigen Politik«, sagte Barnes. »Ich habe keine politische Einstellung. Ich unterrichte Kinder darin, wie man Tinte und Seife herstellt und Lämmern die Schwänze stutzt, selbst wenn die Lämmer schon fast ausgewachsen sind. Und ich habe eigene Bücher.« Er nahm ein Buch von dem Stapel, der neben ihm lag, und zeigte dem Schulrat, in was für einem guten Zustand sich die Bände befanden. »Und ich will Ihnen noch was sagen – Sie verfügen hier in diesem Teil Kaliforniens über die Möglichkeiten zur Papierherstellung. Wußten Sie das?«
    »Wir wissens's, Mr. Barnes«, sagte Mrs. Tallman, »aber wir haben keine richtige Vorstellung, wie so etwas geht. Es hängt mit der Baumrinde zusammen, nicht wahr?«
    Auf dem Gesicht des neuen Lehrers zeigte sich ein geheimnisvoller Ausdruck, eine Miene zurückhaltender Verschwiegenheit. Stroud wußte, daß Mrs. Tallman recht hatte, der Lehrer sie jedoch im unklaren lassen wollte; vorerst gedachte er seine

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