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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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einem gewöhnlichen Radio auf den herkömmlichen Wellenlängen empfangen konnten. Das war seine eine große Leistung gewesen, die ihn zu dem, was er
    heute war, gemacht hatte.
    Die Lesung von Maughams Buch endete und lief automatisch von neuem an; für die nächste Region, die drunten lag, begann sie noch einmal von vorn. Walt Dangerfield achtete nicht darauf und konsultierte weiter die medizinischen Mikrofilm-Nachschlagewerke. Ich glaube, schlußfolgerte er, es sind bloß Magenpförtnerkrämpfe. Hätte ich Phenobarbital an Bord ... Aber es war schon vor sieben Jahren aufgebraucht worden; während einer ihrer letzten schweren depressiven Anwandlungen hatte seine Frau alles genommen – es verbraucht und sich dann doch umgebracht. Seltsamerweise war es die plötzliche Funkstille der sowjetischen Raumstation gewesen, durch die ihre Depressionen ausgelöst worden waren; offenbar hatte sie bis dahin tatsächlich noch fest damit gerechnet, man werde sie alle, die noch um die Erde kreisten, bald erreichen können und auf die Erdoberfläche zurückholen. Die Russen waren verhungert, alle zehn, doch niemand hatte es geahnt, weil sie ihre auftragsgemäßen wissenschaftlichen Aufgaben praktisch bis zu den letzten Stunden weiterversehen hatten.
    »Huuudi-huudi-hu«, brummte Dangerfield vor sich hin, während er sich Aufschluß über den Magenpförtner und seine Krämpfe verschaffte. »Liebe Leute«, murmelte er, »ich habe da diesen merkwürdigen Schmerz, den mir mein übertriebenes Wohlleben eingebracht hat ... Was ich bräuchte, ist mal 'ne Gelegenheit zu ausgedehntem Fitness-Urlaub, meint ihr nicht auch?« Er schaltete das Mikrofon an und unterbrach damit die Kassette. »Erinnert ihr euch noch an die Reklame, die man früher gemacht hat?« wandte er sich an seine unsichtbare, ins Dunkel gehüllte Zuhörerschaft unten auf der Erde. »Vor dem Krieg. Wartet mal, wie ging das doch gleich wieder ...? ›Bauen Sie mehr H-Bomben, aber mit weniger Freude?‹« Er lachte auf. »›Geht der thermonukleare Krieg Ihnen auf die Nerven?‹ New York, könnt ihr mich noch empfangen? Ich möchte, daß ihr alle da unten, die ihr meine Stimme hört, alle vierundsechzig Empfänger, schnell mal 'n Streichholz anzündet, damit ich sehe, daß ihr da seid.«
    Aus seinem Ohrhörer drang ein lautes Rufzeichen. »Danger field, hier ist das Hafenamt New York. Können Sie uns sagen, wie das Wetter wird?«
    »Oh, es kommt schönes W etter auf euch zu«, sagte Dangerfield. »Ihr könnt mit euren kleinen Schiffchen raus aufs Meer fahren und viele kleine radioaktive Fischchen fangen. Kein Grund zur Beunruhigung.«
    Eine andere Stimme meldete sich, die leiser klang. »Mr. Dangerfield, könnten Sie wohl bitte eine von den Opernarien spielen, die Sie im Archiv haben? Ganz besonders gern mögen wir ›Wie eiskalt ist dies Händchen‹ aus La Boheme.«
    »Herrje, das kann ich ja fast selber singen«, sagte Dangerfield und streckte sich nach der Kassette, während er tenorhaft ins Mikrofon summte.

    Sobald er am Abend nach Bolinas heimgekehrt war, verabreichte Eldon Blaine seinem Kind die erste Dosis Antibiotika, dann zog er seine Frau rasch beiseite. »Hör zu, drüben in West Marin haben sie einen erstklassigen Technikus, über den sie sich ausschweigen, und nur dreißig Kilometer von hier entfernt. Ich finde, wir sollten eine Abordnung hinschicken, die sich den Mann greift und herbringt. Er ist 'n Phoko, aber du müßtest mal das Fahrzeug sehen, das er sich selber gebaut hat, kein Technikus, den wir hier schon hatten, wäre dazu fähig gewesen, so 'n Ding nur halb so gut hinzukriegen.« Unterwegs zur Wohnzimmertür zog er sich wieder die wollene Jacke an. »Ich werde den Ausschuß ersuchen«, fügte er hinzu, »darüber abzustimmen.«
    »Aber unsere Gemeindeverordnung ist ausdrücklich dagegen, daß man Mißbildungen auch noch fördert«, erhob Patricia Einspruch. »Und in diesem Monat ist Mrs. Wallace Vorsitzende. Du weißt, was sie davon hält, sie wird niemals einverstanden sein, daß zusätzlich Phokos daherkommen und sich hier einnisten. Ich meine, wir haben sowieso schon vier, und sie klagt ständig über sie.«
    »Die Verordnung bezieht sich nur auf Mißgestaltete, die für die Gemeinde eine finanzielle Last werden könnten«, entgegnete Eldon. »Ich muß es ja wissen, ich habe selbst am Ent wurf der Verordnung mitgearbeitet. Aber Hoppy Harrington ist keine Belastung, er ist ein Gewinn – er wird von der Verordnung nicht betroffen, und ich werde mich

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