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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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streckte die Fühler aus und griff nach den Empfindungen des Inquisitors. Die Kreatur erstarrte kurz, wirbelte dann herum und warf einen Blick zurück auf das Amtsgebäude.
    Jetzt gehen wir auf die Jagd, nur du und ich,
dachte Kelsier.

Zu Beginn der Woche trafen wir in Terris ein, und ich muss sagen, dass ich die Landschaft hier sehr schön finde. Die Berge im Norden mit ihren kahlen Schneehauben und den Waldmänteln erheben sich wie wachsame Götter über diesem Land der grünen Fruchtbarkeit. Mein eigenes Land im Süden ist größtenteils flach; ich glaube, es würde weniger trostlos wirken, wenn ein paar Berge Abwechslung böten.
    Die Menschen hier sind hauptsächlich Viehbauern, auch wenn man gelegentlich auf Holzsammler und Ackerbauern trifft. Es ist gewiss ein sehr ländliches Gebiet. Erstaunlich, dass ein solcher Ort jene Prophezeiungen und Theologien hervorgebracht haben soll, auf die sich nun die ganze Welt stützt.

Kapitel 3
    C amon zählte seine Münzen und ließ die goldenen Kastlinge nacheinander in die kleine Truhe auf seinem Tisch fallen. Er wirkte noch immer ein wenig verblüfft, was nicht ungerechtfertigt war. Dreitausend Kastlinge waren eine gewaltige Summe Geld - viel mehr, als Camon in einem sehr guten Jahr verdienen konnte. Seine engsten Kumpane saßen mit ihm am Tisch, und es gab reichlich Bier und Gelächter.
    Vin hockte in ihrer Ecke und versuchte, ihr Gefühl des Entsetzens zu verstehen. Dreitausend Kastlinge. Eine solche Summe hätte das Ministerium unter normalen Umständen doch niemals so schnell ausgezahlt. Hochprälan Arriev war ihr zu klug erschienen, um so leicht zum Narren gehalten werden zu können.
    Camon warf eine weitere Münze in die Truhe. Vin wusste nicht, ob es dumm oder klug von ihm war, seinen Reichtum so offen zur Schau zu stellen. Die Mannschaften der Unterwelt arbeiteten nach einer strengen Übereinkunft: Jeder erhielt seinen Anteil gemäß dem Rang, den er in der Gruppe einnahm. Auch wenn es manchmal verführerisch war, den Anführer zu töten und sein Geld für sich selbst zu beanspruchen, brachte ein erfolgreicher Anführer doch insgesamt den größten Reichtum für alle herein. Wenn man ihn frühzeitig umbrachte, schnitt man sich das zukünftige Einkommen ab - um den Zorn der gesamten Mannschaft erst gar nicht zu erwähnen.
    Trotzdem: dreitausend Kastlinge ... Das war genug, um auch den besonnensten Dieb in Versuchung zu führen. Es war alles falsch.
    Ich muss weg von hier,
entschied Vin.
Weg von Camon und diesem Unterschlupf, falls doch noch etwas passiert.
    Aber ... einfach gehen? Allein? Sie war noch nie allein gewesen, sie hatte immer Reen an ihrer Seite gehabt. Er war derjenige gewesen, der sie von Stadt zu Stadt geführt und sich den verschiedensten Diebesbanden zugesellt hatte. Sie liebte die Einsamkeit. Doch der Gedanke, ganz allein dort draußen in der Stadt zu sein, erschreckte sie. Das war der Grund, warum sie nie vor Reen geflohen, sondern bei Camon geblieben war.
    Sie konnte nicht gehen. Aber sie musste. Sie spähte aus ihrer Ecke auf und beobachtete den Raum. Es gab nicht viele in der Mannschaft, für die sie auch nur geringe Zuneigung empfand. Doch einige von ihnen würde sie nicht gern leiden sehen, falls die Obligatoren tatsächlich etwas gegen die Bande unternehmen sollten. Ein paar der Männer hatten nicht versucht, sie zu missbrauchen, und einige wenige waren sogar in gewisser Weise freundlich zu ihr gewesen.
    Ulef stand an der Spitze dieser Liste. Er war kein Freund, aber seit Reen weg war, stand er ihr am nächsten. Falls er sie begleiten würde, wäre sie wenigstens nicht allein. Vorsichtig stand Vin auf und ging dorthin, wo Ulef mit ein paar jüngeren Bandenmitgliedern saß und trank.
    Sie zupfte ihn am Ärmel. Er wandte sich ihr zu; offenbar war er nur ein wenig angetrunken. »Vin?«
    »Ulef«, flüsterte sie. »Wir müssen gehen.«
    Er runzelte die Stirn. »Gehen? Wohin?«
    »Weg«, raunte sie. »Weg von hier.«
    »Jetzt?«
    Vin nickte nachdrücklich.
    Ulef warf einen Blick auf seine Freunde, die kicherten und Ulef und Vin vielsagende Blicke schenkten.
    Ulef wurde rot. »Du willst irgendwohin gehen? Nur du und ich?«
    »Nein, nicht so etwas«, sagte Vin. »Es ist bloß so, dass ... ich den Schlupfwinkel verlassen muss. Und ich will nicht allein sein.«
    Ulef zog die Stirn kraus. Er beugte sich weiter vor; sein Atem roch leicht nach Bier. »Worum geht es hier, Vin?«, fragte er leise.
    Vin schwieg zunächst, doch dann sagte sie: »Ich ...

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