Kinder Des Nebels
lange belästigen, bis ich mit ihm rede ...
Elant betrat das Arbeitszimmer. Sein Vater saß in seinem Sessel und sprach leise mit ZenBald, dem Kandra der Wagers. Elant hatte sich noch nicht an den neuesten Körper des Geschöpfs gewöhnt, der früher einmal einem Diener im Haushalt der Hastings gehört hatte. Elant erzitterte, als das Geschöpf ihn bemerkte. Es verneigte sich und zog sich rasch aus dem Raum zurück.
Er lehnte sich gegen den Türrahmen. Straffs Sessel stand vor einigen Regalen mit Büchern, von denen er keines je gelesen hatte, dessen war sich Elant sicher. Der Raum wurde von zwei Lampen erhellt, deren Schirme nur wenig Licht durchließen.
»Du bist heute Abend auf dem Ball gewesen«, sagte Straff. »Was hast du dort erfahren?«
Elant rieb sich die Schläfen. »Dass ich die Neigung habe, zu viel Branntwein zu trinken.«
Straff fand diese Bemerkung nicht lustig. Er war der vollkommene Adlige: groß, breitschultrig, immer in einen perfekt sitzenden Anzug und eine passende Weste gekleidet. »Hast du wieder diese Frau getroffen?«
»Valette, äh, ja. Aber ich war nicht so lange mit ihr zusammen, wie es mir lieb gewesen wäre.«
»Ich habe dir verboten, Zeit mit ihr zu verbringen.«
»Ja«, sagte Elant. »Ich erinnere mich daran.«
Straffs Miene verdüsterte sich. Er stand auf und ging hinüber zum Schreibtisch. »Elant, Elant«, seufzte er, »wann wirst du endlich dein kindliches Temperament ablegen? Glaubst du etwa, ich weiß nicht, dass du mich mit deinem dummen Verhalten nur ärgern willst?«
»Eigentlich habe ich mein ›kindliches Temperament schon vor einiger Zeit hinter mir gelassen, Vater. Anscheinend kann ich dich mit meinen natürlichen Neigungen noch besser ärgern. Ich wünschte, ich hätte das schon früher gewusst, denn das hätte mir in jüngeren Jahren viele Mühen erspart.«
Sein Vater schnaubte und hielt einen Brief hoch. »Das hier habe ich vor kurzer Zeit Staxles diktiert. Es handelt sich um die Annahme der Einladung zu einem Mittagessen mit Graf Tegas, das morgen stattfinden soll. Falls wirklich ein Krieg der Häuser bevorsteht, will ich sicher sein, dass wir in der Lage sind, die Hastings so schnell wie möglich zu vernichten, und Tegas könnte dabei ein starker Verbündeter sein. Er hat eine Tochter. Ich möchte, dass du bei diesem Essen ihr Tischherr bist.«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Elant und tippte sich gegen die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, in welchem Zustand ich mich morgen befinden werde. Zu viel Branntwein ...«
»Du wirst da sein, Elant. Das ist keine Bitte.«
Elant schwieg. Ein Teil von ihm wollte seinem Vater eine scharfe Erwiderung geben und sich weigern, den Befehl entgegenzunehmen - nicht weil es ihm etwas ausmachte, mit wem er speiste, sondern weil er einen viel wichtigeren Grund für eine Weigerung hatte.
Hasting ist das zweitmächtigste Haus in der Stadt. Wenn wir uns mit ihm verbünden, könnten wir Luthadel vor dem Chaos bewahren. Damit würden wir den Krieg der Häuser beenden, anstatt ihn weiter anzufachen.
Das war es, was seine Bücher aus ihm gemacht hatten. Sie hatten ihn von einem Rebellen in einen Möchtegern-Philosophen verwandelt. Unglücklicherweise war er so lange ein Narr gewesen. War es denn ein Wunder, dass Straff den Wandel in seinem Sohn nicht bemerkt hatte? Elant selbst erkannte dies erst allmählich.
Straff sah ihn weiterhin finster an, und Elant wandte den Blick von ihm ab. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er.
Straff entließ ihn mit einer nachlässigen Handbewegung.
Elant wollte wenigstens einen Teil seines Stolzes retten und fuhr fort: »Vermutlich musst du dir über Hasting keine Sorgen machen. Anscheinend treffen sie Vorbereitungen zum Verlassen der Stadt.«
»Wie bitte?«,
fragte Straff. »Wo hast du denn das gehört?«
»Auf dem Ball«, sagte Elant leichthin.
»Ich dachte, du hast dort nichts Bedeutendes mitbekommen.«
»Das habe ich nie behauptet. Ich hatte nur bisher keine Lust, es dir mitzuteilen.«
Graf Wager zog die Stirn kraus. »Ich weiß nicht, warum es mir nicht längst egal ist. Alles, was du erfährst, ist wertlos. Ich habe versucht, dir die Grundzüge der Politik beizubringen, Junge. Ich habe mich wirklich bemüht. Aber jetzt ... ich hoffe, ich werde noch deinen Tod erleben, denn dieses Haus wird in ernste Schwierigkeiten geraten, falls du es je führen solltest.«
»Ich weiß mehr, als du für möglich hältst, Vater.«
Straff lachte auf und ging zurück zu seinem Sessel.
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