Kinder Des Nebels
dabei Lärm gemacht. Aber Mare und ich waren ganz leise. Wir hatten das ein ganzes Jahr lang geplant. Wir waren äußerst vorsichtig. Jemand hat uns eine Falle gestellt.«
»Mare war eine Allomantin, oder?«, fragte Vin. »Vielleicht haben sie gespürt, dass ihr kommt.«
»Nein. Wir hatten einen Raucher dabei. Er hieß Rodd, und die Inquisitoren haben ihn sofort getötet. Ich habe mich gefragt, ob er vielleicht der Verräter war, aber das ist unmöglich. Bis zu jener Nacht, als wir ihn abgeholt haben, hatte Rodd gar keine Ahnung von unserem Plan, in den Palast einzudringen. Nur Mare wusste genug - Zeitpunkt und Ort -, um uns verraten zu können. Außerdem ist da noch die Bemerkung des Obersten Herrschers. Du hast ihn nicht gesehen, Vin. Er hat gelächelt, als er Mare dankte. In seinem Blick lag so etwas wie Aufrichtigkeit. Es heißt, der Oberste Herrscher lüge nie. Warum sollte er auch?«
Vin saß für eine Weile schweigend da und dachte über das nach, was Kelsier gesagt hatte. Schließlich sagte sie langsam: »Kelsier ... ich glaube, die Inquisitoren können unsere allomantischen Kräfte spüren, auch wenn wir Kupfer verbrennen.«
»Das ist unmöglich.«
»Ich habe es heute Nacht getan. Ich habe Schans Kupferwolke angestochen, um sie und die anderen Attentäter aufzuspüren. Nur deshalb war ich rechtzeitig bei Elant.«
Kelsier runzelte die Stirn. »Du musst dich irren.«
»Es ist früher schon einmal passiert«, sagte Vin. »Ich konnte spüren, wie der Oberste Herrscher meine Gefühle berührt hat, obwohl ich Kupfer verbrannt hatte. Und als ich mich vor dem Inquisitor versteckt hatte, ist es ihm gelungen, mich zu finden, obwohl ihm das eigentlich nicht hätte möglich sein sollen. Was ist, wenn es doch möglich ist, Kelsier? Was ist, wenn es gar nicht darauf ankommt, ob man Kupfer verbrennt oder nicht, sondern darauf, wie stark man ist?«
Kelsier wirkte sehr nachdenklich. »Vielleicht ist es tatsächlich so.«
»Und dann hätte Mare dich nicht verraten müssen!«, sagte Vin eifrig. »Die Inquisitoren sind äußerst mächtig. Möglicherweise haben diejenigen, die auf euch gewartet haben, bloß gespürt, dass ihr Metall verbrannt habt. Sie wussten, dass Allomanten versuchten, sich in den Palast zu stehlen. Dann hat der Oberste Herrscher ihr gedankt, weil sie tatsächlich diejenige war, welche die Aufmerksamkeit auf euch gelenkt hat. Sie war die Allomantin, die Zinn verbrannt und dadurch die Spur zu euch gelegt hat.«
Kelsiers Gesicht nahm einen Ausdruck der Verwirrung an. Er drehte sich um, so dass er ihr unmittelbar gegenübersaß. »Tu es jetzt. Sage mir, welches Metall ich gerade verbrenne.«
Vin schloss die Augen, fachte ihre Bronze an und lauschte. Sie streckte ihre Fühler aus, wie Marsch es sie gelehrt hatte. Sie erinnerte sich an ihre einsamen Übungsstunden und an die Zeit, die sie darauf verwendet hatte, sich auf die Wellen zu konzentrieren, die Weher, Hamm und Spuki ausstrahlten. Sie versuchte den undeutlichen Rhythmus der Allomantie aufzufangen. Sie versuchte ...
Einen Augenblick lang glaubte sie etwas zu spüren. Etwas sehr Merkwürdiges - es war ein langsames Pulsieren, wie eine ferne Trommel und ganz anders als jeder allomantische Rhythmus, den sie bisher gefühlt hatte. Aber es ging nicht von Kelsier aus. Es war sehr weit entfernt. Sie konzentrierte sich noch stärker darauf und versuchte die Richtung herauszufinden, aus der es kam.
Doch plötzlich zog etwas ganz anderes ihre Aufmerksamkeit an. Es war ein vertrauterer Rhythmus, der von Kelsier kam. Er war schwach und hinter ihrem eigenen Herzklopfen kaum zu spüren. Es war ein kühner schneller Schlag.
Sie öffnete die Augen. »Weißblech! Du verbrennst Weißblech.«
Kelsier blinzelte überrascht. »Unmöglich«, flüsterte er. »Noch einmal!«
Sie machte die Augen wieder zu. »Zinn«, sagte sie kurz darauf. »Und jetzt Stahl. Du hast es ausgetauscht, während ich gesprochen habe.«
»Verdammt und zugenäht!«
»Ich hatte recht«, sagte Vin aufgeregt. »Man
kann
das allomantische Pulsieren durch das Kupfer hindurch spüren! Es ist ganz schwach, aber wenn man sich ganz darauf konzentriert ...«
»Vin«, unterbrach Kelsier sie. »Glaubst du nicht, die Allomanten hätten das nicht schon früher versucht? Glaubst du nicht, in den letzten tausend Jahren hätte nicht irgendjemand bemerkt, dass man eine Kupferwolke durchdringen kann? Sogar
ich
habe das schon ausprobiert. Stundenlang habe ich mich auf meinen Meister konzentriert und
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