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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Aufmerksamkeit schenkt?«
    Sie verstummte und amtete schwer. Die Bandenmitglieder starrten sie an.
    »Erzähle mir nichts von Adligen«, warnte Vin ihn. »Und erzähle mir nichts von Leuten, die du nicht kennst. Du bist kein Skaa - du bist nichts anderes als ein Adliger ohne Titel.«
    Sie drehte sich um und stapfte aus dem Zimmer. Kelsier sah ihr entsetzt nach und hörte ihre Schritte draußen auf der Treppe. Verblüfft stand er da und verspürte ein überraschendes Gefühl der Schuld.
    Und zum ersten Mal wusste er nicht, was er sagen sollte.
    *
    Vin begab sich nicht zu ihrem Zimmer. Sie kletterte auf das Dach, wo sich die Nebelschwaden in der stillen, lichtlosen Nacht drehten und wanden. Sie setzte sich in eine Ecke, lehnte sich gegen die raue Steinbrüstung des Daches und spürte das Holz unter ihr.
    Ihr war kalt, aber sie scherte sich nicht darum. Ihr Arm schmerzte ein wenig, doch er war größtenteils taub. Leider fühlte sie sich selbst nicht annähernd so taub.
    Sie verschränkte die Arme, kauerte sich zusammen und beobachtete den Nebel. Sie wusste nicht, was sie denken sollte, und erst recht nicht, was sie empfinden sollte. Sie hätte nicht vor Kelsier explodieren dürfen, aber alles, was geschehen war - der Kampf, Elants Verrat - hatte sie so schrecklich enttäuscht. Sie musste einfach auf
irgendjemanden
wütend sein.
    Du solltest auf dich selbst wütend sein,
flüsterte Reens Stimme.
Du hast sie an dich herangelassen. Und nun lassen sie dich allein.
    Es gelang ihr nicht, den Schmerz zu vertreiben. Sie konnte nichts anderes tun, als dazusitzen, zu zittern, während die Tränen flossen, und sich zu fragen, wie es hatte geschehen können, dass alles so rasch zusammengebrochen war.
    Die Falltür zum Dach knarrte leicht, und Kelsier Kopf erschien in der Öffnung.
    O Oberster Herrscher! Ich will ihn jetzt nicht sehen.
Sie versuchte, die Tränen fortzuwischen, aber damit reizte sie nur die frisch vernähte Wunde an ihrer Wange.
    Kelsier schloss die Falltür wieder. Mächtig und stolz stand er da und schaute in den Nebel.
Er hat es nicht verdient, so ausgeschimpft zu werden. Keiner der Männer hat es verdient.
    »Es ist tröstlich, den Nebel zu beobachten, nicht wahr?«, meinte er.
    Vin nickte.
    »Was habe ich dir vor einiger Zeit gesagt? Der Nebel beschützt dich, er gibt dir Kraft, er versteckt dich ...«
    Er senkte den Blick, ging zu ihr hinüber, hockte sich vor sie und hielt ihr einen Mantel entgegen. »Aber es gibt manche Dinge, vor denen man sich nicht verstecken kann, Vin. Ich weiß es, denn ich habe es versucht.«
    Sie nahm den Mantel entgegen und legte ihn sich um die Schultern.
    »Was ist heute Nacht passiert?«, fragte er. »Was ist
wirklich
passiert?«
    »Elant hat mir gesagt, dass er nicht mehr mit mir zusammen sein will.«
    »Ah«, meinte Kelsier und setzte sich neben sie. »War das, bevor oder nachdem du seine frühere Verlobte getötet hast?«
    »Vorher.«
    »Und du hast ihn trotzdem beschützt?«
    Vin nickte und schniefte leise. »Ich weiß. Ich bin ein Idiot.«
    »Kein größerer als wir alle«, erwiderte Kelsier seufzend und schaute in den Nebel. »Ich habe Mare auch noch geliebt, nachdem sie mich verraten hatte. Nichts konnte meine Gefühle verändern.«
    »Und das ist der Grund, warum es so wehtut«, sagte Vin und erinnerte sich daran, was Kelsier einmal gesagt hatte.
Ich glaube, jetzt verstehe ich ihn endlich.
    »Man hört nicht auf, jemanden zu lieben, nur weil er einem Schmerzen zugefügt hat«, sagte er. »Wenn man es täte, wäre es allerdings leichter.«
    Sie schniefte erneut, und er legte väterlich den Arm um sie. Sie schmiegte sich an ihn und versuchte, mit seiner Wärme den Schmerz zu verdrängen.
    »Ich habe ihn geliebt, Kelsier«, flüsterte sie.
    »Elant? Ich weiß.«
    »Nein, nicht Elant«, sagte Vin. »Reen. Er hat mich immer wieder geschlagen. Er hat mich verflucht, mich angeschrien und mir gesagt, dass er mich eines Tages verraten wird. Jeden Tag habe ich darüber nachgedacht, wie sehr ich ihn hassen müsste. Und doch habe ich ihn geliebt. Es tut so weh, dass er nicht mehr da ist, obwohl er mir immer prophezeit hat, er werde mich eines Tages alleinlassen.«
    »O Kind«, sagte Kelsier und zog sie noch näher an sich. »Das tut mir so leid für dich.«
    »Alle haben mich alleingelassen«, flüsterte sie. »An meine Mutter kann ich mich kaum erinnern. Sie hat versucht, mich umzubringen. Sie hat Stimmen in ihrem Kopf gehört, die ihr befohlen haben, meine kleine Schwester zu

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