Kinder Des Nebels
ausgesandt.
Ein plötzliches Klopfen an der Kutschentür ließ Jastes zusammenzucken. Elant schloss sein Buch und öffnete. Feit, einer der Hauptspione des Hauses Wager, kletterte in die Kutsche und nickte Elant und dann Jastes respektvoll zu. Er hatte ein adlerartiges Gesicht und trug einen großen Schnurrbart.
»Also?«, fragte Jastes.
Feit setzte sich mit der ihm und seiner Art eigenen Geschmeidigkeit. »Bei dem Haus handelt es sich um das Geschäft eines Tischlers, Herr. Einer meiner Männer hat davon gehört, es wird von einem gewissen Meister Cladent geführt, einem sehr geschickten Tischler.«
Elant runzelte die Stirn. »Warum ist Valettes Haushofmeister dorthin gegangen?«
»Wir glauben, dass es sich bei dem Geschäft nur um eine Fassade handelt, Herr«, erklärte Feit. »Wie Ihr befohlen habt, beobachten wir es, seit der Haushofmeister uns dorthin geführt hat. Allerdings mussten wir sehr vorsichtig sein, denn es sind mehrere Wachtnester auf dem Dach und im oberen Stockwerk versteckt.«
»Eine seltsame Vorsichtsmaßnahme für ein Tischlergeschäft.«
Feit nickte. »Und das ist noch nicht alles, Herr. Es ist uns gelungen, einen unserer besten Leute auf das Dach des Hauses zu schmuggeln. Wir glauben nicht, dass er entdeckt worden ist, aber es war sehr schwierig für ihn, mitzuhören, was drinnen geredet wurde. Die Fenster sind versiegelt und zugestopft, damit kein Laut nach draußen dringt.«
Eine weitere seltsame Vorsichtsmaßnahme,
dachte Elant. »Was bedeutet das deiner Meinung nach?«, fragte er Feit.
»Es ist offensichtlich ein Versteck des Untergrunds, Herr«, sagte Feit. »Und zwar ein gutes. Wenn wir es nicht sehr genau beobachtet und gewusst hätten, wonach wir suchen, dann wäre es uns niemals aufgefallen. Ich vermute, dass die Männer dort - und auch der Terriser - zu einer Diebesbande der Skaa gehören. Und zwar zu einer sehr reichen und geschickten.«
»Eine Skaa-Diebesbande?«, fragte Jastes. »Und Valette gehört zu ihnen?«
»Wahrscheinlich, Herr.«
»Eine ... Diebesbande der Skaa ...«, sagte Elant verblüfft.
Warum schicken sie eines ihrer Mitglieder zu den Bällen? Vielleicht um irgendeinen Betrug einzufädeln?
»Mein Graf?«, fragte der Spion. »Wollt Ihr, dass wir in das Haus einbrechen? Ich habe genug Männer, um die ganze Bande zu überwältigen.«
»Nein«, antwortete Elant. »Ruf deine Männer zurück und sage niemandem, was du heute Nacht gesehen hast.«
»Ja, mein Graf«, sagte Feit und kletterte aus der Kutsche.
»Oberster Herrscher!«, rief Jastes, nachdem die Wagentür wieder geschlossen war. »Kein Wunder, dass sie nicht wie eine gewöhnliche Adlige wirkt. Der Grund dafür ist nicht ihre angebliche Herkunft vom Lande, sondern sie ist eine Diebin!«
Elant nickte nachdenklich. Er wusste nicht, was er denken sollte.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du dich bei mir entschuldigst«, sagte Jastes. »Ich hatte Recht, was sie angeht, nicht wahr?«
»Vielleicht«, meinte Elant. »Aber ... in gewisser Weise auch wieder nicht. Sie hat nicht versucht, mich auszuspionieren. Sie hat versucht, mich auszurauben.«
»Was macht das für einen Unterschied?«
»Ich ... ich muss darüber nachdenken«, sagte Elant und gab ein Klopfzeichen, wonach die Kutsche wieder anfuhr. Er lehnte sich in die Polster zurück, während sie wieder auf die Festung Wager zufuhren.
Valette war nicht die Person, die sie zu sein vorgab. Doch auf diese Nachricht war er gefasst gewesen. Nicht nur Jastes' Worte hatten ihn misstrauisch gemacht, sondern auch Valette selbst hatte Elants Anklagen früher am Abend nicht bestritten. Es war offensichtlich, dass sie ihn angelogen hatte. Dass sie mit ihm gespielt hatte.
Eigentlich hätte er wütend darüber sein sollen. Sein Verstand begriff das, und ein Teil von ihm grämte sich über diesen Verrat. Doch seltsamerweise empfand er hauptsächlich ... Erleichterung.
»Was ist los?«, fragte Jastes, der Elant eingehend beobachtet hatte.
Elant schüttelte den Kopf. »Wegen dir habe ich mir tagelang den Kopf zerbrochen, Jastes. Ich habe mich so krank gefühlt, dass ich kaum mehr etwas Vernünftiges tun konnte - und all das nur, weil ich geglaubt habe, Valette sei eine Verräterin.«
»Aber sie
ist
eine, Elant. Vermutlich versucht sie dich auszurauben.«
»Ja«, meinte Elant, »aber wenigstens ist sie keine Spionin eines anderen Hauses. Angesichts all der Intrigen, politischen Ränke und Verleumdungen ist eine so einfache Straftat wie ein Raub beinahe etwas
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