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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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wirbelnden Nebeln. Vin wartete einen Augenblick, doch er stürzte nicht wieder herunter, seinem sicheren Ende entgegen.
    Selbst mit ihrem außerordentlich geschärften Gehör vernahm sie keinen Laut. Die Nebel Umtrieben sie spielerisch. Sie verhöhnten Vin. Sie forderten sie heraus.
    Vin betrachtete den Barren neben ihr und verbrannte Stahl. Die blaue Linie erstrahlte in einem schwachen, geisterhaften Licht. Vin stellte sich über den Barren, den einen Fuß rechts und den anderen links von ihm. Sie schaute hoch in den Nebel und senkte dann zum letzten Mal den Blick.
    Schließlich holte sie tief Luft und drückte mit all ihrer inneren Kraft gegen den Metallbarren.

»Er wird ihre Wege beschützen, und doch wird er sie verletzen. Er wird ihr Retter sein, und doch werden sie ihn einen Ketzer nennen. Sein Name wird Zwietracht sein, und doch werden sie ihn deshalb lieben.«

Kapitel 8
    V in schoss in die Luft. Sie unterdrückte einen Schrei und vergaß trotz ihrer Angst nicht, weiterhin zu drücken. Die nur wenige Fuß von ihr entfernte Steinmauer war nichts als eine verschwommene Bewegung. Der Boden verblasste, und die blaue, auf den Barren weisende Linie wurde schwächer und schwächer.
    Was passiert, wenn sie ganz verschwindet?
    Allmählich verlangsamte sich Vins Aufstieg. Je dünner die Linie wurde, desto mehr nahm ihre Geschwindigkeit ab. Nach wenigen Augenblicken des Fluges kam sie zum Stillstand und hing in der Luft über einer beinahe unsichtbar gewordenen blauen Linie.
    »Die Aussicht von hier oben hat mir schon immer gut gefallen.«
    Vin schaute zur Seite. Kelsier stand nur wenige Fuß von ihr entfernt. Sie hatte ihre ganze Aufmerksamkeit ganz auf die Linie gerichtet und dabei nicht bemerkt, dass er knapp über ihr auf der Mauer hockte.
    »Hilfe!«, keuchte sie und drückte verzweifelt weiter, damit sie nicht fiel. Die Nebel unter ihr trieben und wirbelten umher wie ein dunkler Ozean aus verlorenen Seelen.
    »Du brauchst dir kaum Sorgen zu machen«, beruhigte Kelsier sie. »Es ist zwar einfacher, in der Luft zu schweben, wenn du drei Anker hast, aber auch mit einem einzigen geht es recht gut. Dein Körper ist daran gewöhnt, das Gleichgewicht zu behalten. Was du bei deinen ersten Gehversuchen gelernt hast, kannst du auch auf die Allomantie anwenden. Solange du dich nicht bewegst und weiterhin nach unten drückst, ist deine Lage stabil - dein Geist und dein Körper werden kleinere Abweichungen von deinem Anker unter dir korrigieren und dich davor bewahren, zur Seite zu fallen.
    Wenn du aber jetzt gegen etwas anderes drücken oder dich zu weit zu der einen oder anderen Seite bewegen würdest, dann bestünde die Gefahr, den Anker unter dir zu verlieren, und du könntest dich nicht mehr nach oben drücken. In diesem Fall wärest du in Schwierigkeiten, denn du würdest wie ein Bleigewicht an der Spitze eines sehr hohen Stabes herunterfallen.«
    »Kelsier ...«, begann Vin.
    »Ich hoffe, du leidest nicht unter Höhenangst«, fuhr Kelsier fort. »Das ist ein großer Nachteil für einen Nebelgeborenen.«
    »Ich ... habe ... keine ... Höhenangst«, sagte Vin mit zusammengebissenen Zähnen.
»Aber ich bin auch nicht daran gewöhnt, hundert Fuß über dieser verdammten Straße in der Luft zu hängen!«
    Ihr Lehrer kicherte, und Vin spürte ein Zupfen an ihrem Gürtel. Sie wurde durch die Luft zu Kelsier gezogen. Er packte sie und zerrte sie über die Steinbrüstung, dann setzte er sie neben sich. Mit einem Arm griff er über den Rand der Mauer. Eine Sekunde später schoss der Metallbarren durch die Luft und kratzte dabei an der Mauer entlang, bis er schließlich in Kelsiers geöffneter Hand landete.
    »Gut gemacht«, sagte er. »Jetzt gehen wir wieder hinunter.« Er warf den Barren über seine Schulter in die dunklen Nebel auf der anderen Seite der Mauer.
    »Nach draußen?«, fragte Vin. »Hinter die Stadtmauer?
Nachts?«
    Kelsier schenkte ihr wieder einmal sein aufreizendes Lächeln. Er begab sich zur anderen Seite des Wehrgangs und kletterte auf die Brüstung. »Die Stärke, mit der du drückst und ziehst, zu verändern ist schwierig, aber möglich. Es ist besser, ein wenig zu fallen und dann zu drücken, so dass du langsamer wirst. Lass los, fall weiter und drücke wieder gegen das Metall. Wenn du den richtigen Rhythmus gefunden hast, erreichst du ohne Schwierigkeiten den Boden.«
    »Kelsier«, sagte Vin, während sie sich dem Rand der Mauer näherte. »Ich kann nicht ...«
    »Du stehst jetzt auf der Stadtmauer, Vin«,

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