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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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hochzuspringen. Schließlich nickte sie.
    »Wir gehen nicht wieder hinauf«, meinte Kelsier. »Komm jetzt.«
    Vin runzelte die Stirn, als Kelsier in den Nebel hineinschritt.
Also hat er doch ein Ziel - oder hat er bloß beschlossen, noch ein wenig umherzuspazieren
? Seltsamerweise machte ihn seine leutselige Unbekümmertheit sehr schwer durchschaubar.
    Vin beeilte sich, zu ihm aufzuschließen, denn sie wollte nicht allein im Nebel zurückbleiben. Die Landschaft in der Umgebung von Luthadel war sehr eintönig; es gab nur dürres Gebüsch und Unkraut. Stacheln und vertrocknete Blätter - beides verrußt von einem früheren Ascheregen - rieben an ihren Beinen. Das vom Nebeltau getränkte Unterholz knirschte leise unter ihren Schritten.
    Gelegentlich kamen sie an Aschehaufen vorbei, die aus der Stadt hierhergeschafft worden waren. Meistens jedoch wurde die Asche in den Kanarel gekippt, der durch die Stadt floss. Wasser löste die Klumpen auf - oder zumindest nahm Vin das an, denn sonst wäre der ganze Kontinent schon vor Jahrhunderten unter der Asche begraben worden.
    Auf dem Weg blieb Vin dicht in Kelsiers Nähe. Auch wenn sie schon früher außerhalb der Städte gereist war, hatte sie doch immer einer Gruppe von Bootsleuten angehört - das waren die Skaa-Arbeiter, die mit ihren Flachbooten und Barken die vielen Kanäle des Letzten Reiches befuhren. Es war harte Arbeit - die meisten Adligen benutzten keine Pferde, sondern Skaa, um die Boote auf den Treidelpfaden zu ziehen - aber in dem Umstand, dass sie überhaupt reiste, hatte immer ein gewisses Gefühl von Freiheit gelegen, denn die meisten Skaa - einschließlich der Diebe - verließen nie ihre Plantagen oder Städte.
    Die andauernden Reisen von Stadt zu Stadt waren Reens Idee gewesen. Er hatte keinesfalls irgendwo sesshaft werden wollen. Für gewöhnlich hatte er ihnen Plätze auf Kanalbooten organisiert, die von Untergrund-Mannschaften betrieben wurden, und er war nie länger als ein Jahr am selben Ort geblieben. Immer war er unterwegs gewesen. Als ob er vor etwas weggelaufen wäre.
    Sie gingen weiter. In der Nacht nahmen sogar die kahlen Hügel und vom Gebüsch überwucherten Ebenen ein bedrohliches Aussehen an. Vin sagte nichts und versuchte so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Sie hatte Geschichten über das gehört, was nachts im Lande umherschlich, und die Nebeldecke verursachte ihr - auch wenn sie wie jetzt durch das Zinn durchscheinend geworden war - das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen.
    Diese Empfindung wurde umso stärker, je weiter sie kamen. Bald bemerkte sie Geräusche in der Finsternis. Sie waren gedämpft und schwach: Knistern von Unkraut, ein Schlurfen im dichten Nebel.
    Du leidest an Verfolgungswahn!,
sagte sie sich, als sie unter einem möglicherweise nur eingebildeten Laut zusammenzuckte. Doch schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
    »Kelsier!«, flüsterte sie drängend; es klang verräterisch laut in ihren geschärften Ohren. »Ich glaube, da draußen ist etwas.«
    »Hmm?«, meinte Kelsier. Er schien sich in seinen Gedanken verloren zu haben.
    »Ich glaube, etwas folgt uns!«
    »Oh!«, sagte Kelsier. »Ja, du hast Recht. Das ist ein Nebelgeist.«
    Vin blieb auf der Stelle stehen. Kelsier hingegen ging weiter.
    »Kelsier!«, sagte sie und erreichte immerhin, dass er innehielt. »Heißt das, es gibt sie
wirklich?«
    »Aber natürlich«, antwortete er. »Was glaubst du denn, woher all diese Geschichten sonst kommen sollten?«
    Benommen vor Entsetzen stand Vin da.
    »Möchtest du ihn dir anschauen?«, fragte Kelsier.
    »Den Nebelgeist anschauen?«,
fragte Vin. »Bist du ...« Sie verstummte.
    Kelsier kicherte und schlenderte zu ihr zurück. »Der Anblick von Nebelgeistern ist vielleicht etwas beunruhigend, aber sie sind ziemlich harmlos. Die meisten sind Aasfresser. Komm.«
    Er schritt in ihren Fußstapfen zurück und gab ihr das Zeichen, sie solle ihm folgen. Zögerlich - aber auf krankhafte Weise neugierig - gehorchte Vin. Mit raschen Schritten führte Kelsier sie auf den Kamm eines Hügels, der beinahe frei von Gebüsch und Unterholz war. Er kauerte sich nieder und bedeutete Vin, es ihm gleichzutun.
    »Sie können nicht besonders gut hören«, sagte er, während sie sich in den rauen, rußigen Dreck neben ihn kniete. »Aber ihr Geruchssinn - oder eher ihr Geschmackssinn - ist äußerst ausgeprägt. Vermutlich folgt er unserer Spur und hofft, dass wir etwas Essbares wegwerfen.«
    Vin spähte in die Finsternis. »Ich kann ihn nicht

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