Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
zuckte die Achseln. »Sie sind halt nicht besonders gefährlich.«
    »Aber das da hat einen menschlichen Kopf!«
    »Vermutlich hat es einen Leichnam gefunden«, meinte Kelsier. »Ich habe noch nie gehört, dass ein Nebelgeist einen ausgewachsenen, gesunden Menschen angegriffen hätte. Vermutlich liegt das daran, dass man ihnen am liebsten aus dem Weg geht. Und natürlich haben die Adligen eine besondere Verwendung für diese Geschöpfe.«
    Vin sah ihn fragend an, aber er sagte nichts mehr, sondern stand auf und ging den Hügel hinab. Sie warf noch einen Blick auf die unnatürliche Kreatur, riss sich dann von ihr los und folgte Kelsier.
    »Hast du mich hergebracht, damit ich das sehe?«, fragte sie.
    Kelsier lachte leise. »Nebelgeister mögen zwar unheimlich aussehen, aber sie sind eine so lange Reise wohl kaum wert. Nein, unser Ziel liegt da drüben.«
    Sie sah in die Richtung, in die seine Hand nun deutete, und erkannte eine Veränderung in der Landschaft vor ihr. »Die Reichsstraße? Wir sind im Kreis gelaufen und befinden uns nun vor dem Haupttor der Stadt.«
    Kelsier nickte. Nach einem kurzen Weg - auf dem Vin nicht weniger als drei Mal zurückschaute und sich vergewisserte, dass der Nebelgeist sie nicht eingeholt hatte - verließen sie das Unterholz und betraten die ebene, gestampfte Erde der Reichsstraße. Kelsier hielt inne und sah die Straße hinauf und hinunter. Vin runzelte die Stirn und fragte sich, warum er das tat.
    Dann sah sie die Kutsche. Sie war neben der Straße geparkt, und Vin bemerkte, dass ein Mann bei ihr wartete.
    »Hallo, Sazed«, rief Kelsier und schritt auf ihn zu.
    Der Mann verneigte sich. »Meister Kelsier«, sagte er. Seine sanfte Stimme war deutlich in der Nachtluff zu hören. Sie war hoch, und er sprach mit einem beinahe melodischen Akzent.
    »Ich hatte schon befürchtet, Ihr hättet beschlossen, nicht zu kommen.«
    »Du kennst mich doch, Sazed«, sagte Kelsier und schlug dem Mann freundlich auf die Schulter. »Ich bin die Pünktlichkeit in Person.« Er drehte sich um und winkte Vin zu. »Dieses ängstliche kleine Ding ist Vin.«
    »Aha, jawohl«, meinte Sazed langsam und wohlartikuliert. Sein Akzent war seltsam. Vin näherte sich ihm vorsichtig und beobachtete den Mann. Sazed hatte ein langes, ausdrucksloses Gesicht und einen geschmeidigen Körper. Er war sogar noch größer als Kelsier - groß genug, um fast schon als missgestaltet gelten zu können -, und seine Arme waren ungewöhnlich lang.
    »Du bist aus Terris«, sagte Vin. Seine Ohrläppchen waren gedehnt, und in den Rändern steckten kleine Kugeln. Er trug die reiche, farbenprächtige Robe eines Haushofmeisters aus Terris; sie war aus bestickten, einander überlappenden V-förmigen Stoffstücken hergestellt, die abwechselnd die drei Hausfarben seines Herrn darstellten.
    »Ja, mein Kind«, sagte Sazed und verneigte sich vor ihr. »Kennst du viele Angehörige meines Volkes?«
    »Keinen einzigen«, antwortete Vin. »Aber ich weiß, dass der Hochadel Haushofmeister und Diener aus Terris bevorzugt.«
    »Das stimmt, mein Kind«, sagte Sazed und wandte sich an Kelsier. »Wir sollten aufbrechen, Meister Kelsier. Es ist schon spät, und wir sind noch eine ganze Stunde von Fellise entfernt.«
    Fellise,
dachte Vin.
Also werden wir den falschen Grafen Renoux aufsuchen.
    Sazed hielt ihnen die Kutschentür auf und schloss sie, nachdem die beiden ins Innere geklettert waren. Vin ließ sich auf einem der Polstersitze nieder und hörte, wie Sazed auf das Fahrzeug klomm und die Pferde antrieb.
    *
    Kelsier saß schweigend in der Kutsche. Die Fenstervorhänge waren wegen des Nebels vorgezogen, und in einer Ecke hing eine kleine, halbverdunkelte Lampe. Vin befand sich auf dem Sitz unmittelbar gegenüber Kelsier. Sie hatte die Beine untergeschlagen, den weiten Nebelmantel um sich geschlungen und verbarg so ihre Arme und Beine.
    Das macht sie andauernd,
dachte Kelsier.
Wo immer sie ist, versucht sie sich so klein und unbemerkbar zu machen wie irgend möglich. Sie ist so angespannt.
Vin saß nicht, sie hockte da. Sie ging nicht, sie schlich. Selbst wenn sie sich in offenem Gelände befand, schien sie sich verstecken zu wollen.
    Sie ist trotzdem tapfer.
Bei seiner eigenen Ausbildung hatte Kelsier sich nicht halb so willig wie sie gezeigt, von der Stadtmauer zu springen - der alte Gemmel war gezwungen gewesen, ihn hinunterzustürzen.
    Vin sah ihn mit ihren ruhigen, dunklen Augen an. Als sie bemerkte, dass er sie beobachtete, schaute sie weg und

Weitere Kostenlose Bücher