Kinder des Sturms
sicherlich nach Kaffee, frischem Brot und den Veilchen, die seine Mutter liebte. Sein Vater hatte den Wirtschaftsteil der Zeitung aufgeschlagen, während seine Mutter die Leitartikel las und ihren Gatten mit erbosten Reden über den Zustand der Welt im Allgemeinen und die Engstirnigkeit vieler Menschen im Besonderen unterhielt.
Es wäre nichts zu spüren von der unbehaglichen Stille, der ständigen, hinter der Fassade der Höflichkeit verborgenen Spannung, von der das Heim seiner Großeltern geprägt gewesen war. Irgendwie war sein Vater diesem Leid entronnen, wie zuvor sein eigener Vater Ardmore entronnen war. Dennis junior hatte sich behauptet und sich ein völlig eigenes Leben aufgebaut.
»Trev! Wie geht es dir, mein Baby?«
»Gut. Fast so gut, wie es dir deiner Stimme nach zu gehen scheint. Ich dachte mir, dass du und Dad gerade beim Frühstück sitzt.«
»Wir sind nun mal Gewohnheitsmenschen. Und durch deinen Anruf wird der bereits schöne Beginn des Tages tatsächlich noch versüßt. Erzähl mir, was du siehst.«
Es war dieselbe Frage, die sie ihm immer stellte, wenn er unterwegs war, und so erhob er sich automatisch von seinem Platz hinter dem Schreibtisch, ging in Richtung Fenster und blickte hinaus. »Das Cottage hat einen Vorgarten. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie klein das Haus ist. Wer auch immer den Garten konzipiert hat, scheint genau gewusst zu haben, was er wollte. Sieht aus wie ein ... Zaubergarten. Der Garten einer guten Hexe, die den armen Jungfern hilft, irgendwelche bösen Zauber aufzuheben, mit denen sie belegt sind. Es herrscht ein wunderbares Durcheinander aus Farben, Formen und Gerüchen. Dahinter erstrecken sich, so weit das Auge reicht, wilde Fuchsienhecken, deren rote Blüten sich leuchtend von den dunkelgrünen Blättern abheben und die höher sind als ich. Die Straße, die sie säumen, ist schmal wie ein Graben und voller Schlaglöcher. Wenn man schneller als dreißig fährt, schlagen einem unweigerlich die Zähne aufeinander. Dann geht es sanft den unglaublich grünen Hügel runter in Richtung Dorf, in dem weiß getünchte Häuser mit reetgedeckten Dächern entlang der blitzsauberen Straßen aufgereiht sind. Außerdem sehe ich den Kirchturm und ein Stückchen weiter einen Rundturm, den ich noch besuchen muss. Das alles liegt unmittelbar am Meer. Es ist ein schöner Tag, und man sieht die Sonnenstrahlen auf dem Wasser blitzen. Es ist wirklich alles wunderschön.«
»Ja, das ist es. Du klingst glücklich.«
»Weshalb denn auch nicht?«
»Du hast bereits seit allzu langer Zeit nicht mehr richtig glücklich auf mich gewirkt. So, jetzt lasse ich dich mit deinem
Vater reden, der schon mit den Augen rollt, weil er, wie ich mir vorstellen kann, mit dir über die Geschäfte reden will.«
»Mom.« Die morgendliche Unterhaltung mit dem alten Mann und seiner Schar von Ururenkeln hatte so vieles in ihm in Bewegung gesetzt, und jetzt sagte er, was er augenblicklich am stärksten empfand: »Du fehlst mir.«
»Oh. Oh, jetzt hör nur, was du getan hast.« Sie schniefte vernehmlich. »Also sprich am besten mit deinem Vater, während ich ein bisschen heule.«
»Zumindest hast du es geschafft, sie von dem Leitartikel über Handfeuerwaffen abzulenken, über den sie sich gerade echauffiert hat«, dröhnte Dennis Magees Stimme durch die Leitung. »Wie kommst du mit dem Bau des Theaters voran?«
»Bisher hält sich alles sowohl zeitlich als auch finanziell in dem von uns festgelegten Rahmen.«
»Gut zu hören. Und, meinst du, dass es auch weiterhin so bleibt?«
»Im Großen und Ganzen sicher. Du, Mom, Doro und ihre Familie haltet euch besser nächsten Sommer eine Woche frei. Schließlich sollten die Magees zur Eröffnung alle hier sein.«
»Im guten alten Ardmore. Ich muss sagen, ich hätte nie gedacht, dass ich noch mal dorthin zurückkehren würde. Den Berichten zufolge hat sich dort kaum etwas verändert.«
»Das soll es ja auch gar nicht. Ich werde dir einen schriftlichen Bericht über den Verlauf der Bauarbeiten schicken, aber das ist nicht der Grund für meinen Anruf. Dad, bist du je im Faerie Hill Cottage gewesen?«
Es gab eine kurze Pause und einen leisen Seufzer. »Ja. Ich war neugierig auf die Frau, die mit meinem Onkel verlobt gewesen war. Vielleicht weil mein Vater sie so gut wie nie auch nur erwähnt hat.«
»Und was hast du herausgefunden?«
»Dass John Magee als Held gestorben ist, ehe er auch nur die Chance hatte, überhaupt zu leben.«
»Was Großvater gestört
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