Kinder des Sturms
verändern, was seit dreißig Jahren gleich geblieben war. Ich habe das Haus ein bisschen offener und weicher gestaltet, aber trotzdem ist es immer noch sein Haus. Genauso streng und förmlich, wie er selbst gewesen ist. Auch mein Vater wurde so erzogen. Streng und ohne jede Wärme.«
»Das tut mir Leid.« Sie strich ihm sanft über den Rücken. »Es muss traurig sein, hart und traurig, einen Vater zu haben, der einem nicht zeigt, dass er einen liebt.«
»Das Problem hatte ich nie. Wie durch ein Wunder ist es meinem Vater gelungen, trotz allem zärtlich, offen und humorvoll
zu werden. Trotz seines eigenen Vaters, der keine dieser Eigenschaften je besessen zu haben schien. Außer mit meiner Mutter spricht er immer noch mit niemandem darüber, wie er aufgewachsen ist.«
»Und sie erzählt es dir«, murmelte Darcy, »weil sie weiß, dass du es verstehen können musst.«
»Er wollte eine Familie, ein Leben, das das genaue Gegenteil von dem war, was er als Kind gekannt hatte. Und er hat es geschafft. Auch meine Schwester und ich mussten uns immer an gewisse Regeln halten, aber wir haben stets gewusst, dass unsere Eltern uns von ganzem Herzen lieben.«
»Ich denke, es zeigt die Schönheit dessen, was sie euch geschenkt haben, dass du es nicht als selbstverständlich nimmst.«
»Nein, das tue ich bestimmt nicht.« Er wandte sich ihr wieder zu. Seltsam, er hatte nicht wirklich erwartet, dass sie ihn verstünde, ebenso wenig, wie er erwartet hatte, dass ihr Verständnis eine Erleichterung für ihn sein würde. »Das ist der Grund, weshalb es mir egal ist, was mein Großvater darüber denken würde, was ich hier gerade tue. Aber ich denke oft daran, was meine Eltern fühlen werden, wenn das Theater erst mal steht.«
»Ich denke, sie werden stolz sein. Mit deinem Vorhaben machst du die Künste Irlands attraktiver, schaffst Arbeitsplätze und finanzielle Sicherheit. Du schaffst etwas wirklich Gutes, womit du deinem Vater, deiner Mutter und auch deinem Erbe alle Ehre machst.«
Es war, als falle ein Gewicht von seinen Schultern. »Danke. Die Sache ist mir wichtiger, als ich bisher dachte. Dies war eines der Dinge, die mir, als ich oben auf dem Hügel stand, klar wurden. Dass mir das, was ich hier schaffe und zurücklasse, wirklich etwas bedeutet. Zu diesem Schluss kam ich während eines Gesprächs mit Carrick.«
Ihre Finger zuckten, und als er sie ansah, bemerkte er ihre
Überraschung, ehe sie den Mund schloss und leise zu summen begann.
»Denkst du, ich hätte Halluzinationen?«
»Nein.« Sie machte eine Pause und schüttelte den Kopf. »Nein, das denke ich nicht. Auch andere, von denen ich ganz sicher weiß, dass sie vollkommen normal sind, behaupten, sie hätten ihn gesehen. Hier in dieser Gegend sind wir eben weniger engstirnig als andernorts.«
Aber sie kannte die Legende, und das Wissen darum, dass Carrick mit Trevor gesprochen hatte, brachte sie derart aus der Fassung, dass sie einen Schritt zurücktrat und mit zitternden Knien auf eine Sessellehne sank. »Und worüber habt ihr miteinander gesprochen?«
»Über alles Mögliche. Über meinen Großvater, die alte Maude und Johnnie Magee. Zeitpläne, menschliche Tugenden, das Theater. Dich.«
»Mich.« Sie wischte ihre schweißnassen Hände an den Hosenbeinen ab. »Und was habt ihr über mich gesagt?«
»Du kennst die Legende wahrscheinlich besser als ich. Soweit ich es verstanden habe, ist der Bann, unter dem Carrick und seine Liebste stehen, erst dann gebrochen, wenn sich jeweils dreimal zwei Menschen ineinander verlieben, einander nehmen und sich ewige Treue schwören.«
»So wird es erzählt.«
»Und im letzten Jahr haben sich deine beiden Brüder in ihre jetzigen Frauen verliebt, diese Liebe angenommen und geschworen, ewig treu zu sein.«
»Das ist mir bewusst, denn schließlich war ich auf ihren Hochzeiten.«
»Dann hast du, gewitzt, wie du bist, sicher auch bereits bemerkt, dass es drei Gallaghers gibt.« Er trat einen Schritt näher an Darcy heran. »Du siehst ein bisschen blass aus.«
»Ich wäre dir dankbar, wenn du zur Sache kommen würdest, statt immer weiter drum herum zu reden.«
»Also gut, dann drücke ich mich am besten klar und deutlich aus. Er ist der festen Überzeugung, dass wir beide das dritte und somit letzte Paar sind, das ihm und Gwen noch fehlt.«
Plötzlich verspürte sie eine große Hitze und einen großen Druck in ihrer Lunge, sodass sie am liebsten mit der Faust dagegen geschlagen hätte, um wieder atmen zu können. Doch
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