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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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»Ich ... sollte mehr über meine eigene Nase hinaussehen, als ich es bisher getan habe.« Sie nahm seinen Arm. »Es hat keinen Sinn, hier herumzustehen. Komm, gehen wir nach Hause.«
     
    Auf Deck sah Tauno Land, Wasser und Segel vorüberziehen, trank in tiefen Zügen die Luft und sagte: »Endlich sind wir aus diesem Stinkloch heraus! Es war höchste Zeit. Ich hatte schon das Gefühl, ich finge an zu verfaulen.«
    »Geht es uns hier besser?« entgegnete Eyjan. »Diese beiden hängen an uns.«
    »Ja, sie haben sich als treu und zuverlässig erwiesen.«
    »Mehr als das. Was sie uns von sich selbst gegeben haben – wo können wir das jemals finden?«
    »Bei Leuten unserer eigenen Art.« »Wenn sie noch so sind, wie wir sie in Erinnerung haben. Und selbst wenn ...« Eyjan verstummte. Nach einer Pause, in der das Schiff weiter aufs Meer hinausfuhr, bis kein Turm von Kopenhagen mehr zu sehen war, schloß sie: »Dies wird eine lange Reise werden, mein Bruder.«
    Als die Tage zu Wochen wurden, merkten die Männer der
Brynhild,
daß an ihren Passagieren irgend etwas unheimlich war. Zunächst einmal waren Herr Carolus und Frau Sigrid kurz angebunden und geradezu launisch. Sie konnten Stunden hintereinander über die Wellen hinweg oder hinauf zu den Sternen blicken. Oder sie schlossen sich in ihren Kabinen ein und gaben Befehl, es solle ihnen weder Fleisch noch Getränk gebracht werden. Dazu kam, daß mehrere Matrosen den Eindruck hatten, er oder sie sei gelegentlich bei Nacht heimlich über Bord gesprungen. Keiner hatte sie je wieder hinaufklettern sehen. Doch hatte der Schiffseigner den merkwürdigen Befehl gegeben, daß ständig eine Strickleiter am Heck nachgeschleppt werden sollte, falls ein Matrose ins Meer fiele – als ob Seeleute schwimmen könnten! Ob das nun etwas zu bedeuten hatte oder nicht (und Kapitän Asbern Riboldsen hielt seiner Mannschaft vor, sie seien ein abergläubischer und einfältiger Haufen), die beiden nahmen niemals am gemeinsamen Gebet teil. Sie behaupteten, sie zögen es vor, ihre Andacht allein zu halten. Aber wen beteten sie an? Es wurde gemunkelt, man habe einen Zauberer und eine Hexe an Bord genommen.
    Doch mangelte es an schlüssigen Beweisen. Carolus und Sigrid taten vor Zeugen nichts Anstößiges, und das Schiff geriet auch nicht in nennenswerte Schwierigkeiten. Gleichzeitig bewiesen ungünstige Winde und Windstillen, daß niemand das Wetter verhexte. Zudem waren Niels Jonsen und sein Partner als feine Kerle bekannt, die arme Seeleute bestimmt nicht hinterrücks mit dem Bösen in Verbindung bringen würden. Niels hatte die Mannschaft warnen lassen, dies werde eine völlig andere Fahrt als alle, von denen sie schon gehört hätten, abenteuerlich wie ein Würfelspiel in einer Kneipe in Visby ... aber gut bezahlt, sehr gut bezahlt.
    So sehr sich die Männer auch den Kopf zerbrachen, im ganzen verhef die Reise friedlich: durch die Nordsee und den englischen Kanal, um die Bretagne, den Golf von Biscaya hinunter, an den iberischen Küsten entlang – wo mit aller Wachsamkeit nach maurischen Kreuzern aus Afrika Ausschau gehalten werden mußte – und durch die Tore des Herkules. Hier nahm Kapitän Asbern einen Lotsen an Bord, der ihnen den weiteren Weg zeigen sollte. Eine große Hilfe war, daß Herr Carolus die Sprache dieses Abenteurers aus Mallorca kannte (woher bloß?). Und so erreichte gegen Mittsommer die Kogge Dalmatien und segelte die Küste hinauf.
     

6
    Mit Pferden und Dienern, die sie in Schibenik gemietet hatten, schlugen Herr Carolus und Frau Sigrid die Straße nach Skradin ein. Der Satnik hatte eine Botschaft von der Stadt zur Burg vorausgeschickt, und der Zhupan stellte eine militärische Eskorte für seine vornehmen Besucher. Der Zug bot einen prächtigen Anblick, als er sich in die Berge hinaufwand, Metall schimmerte, Federn und Mäntel wehten in vielen Farben, Hufe klapperten, Harnische klirrten unter einem wolkenlosen Himmel. Die Wärme lockte starke, süße Düfte aus den Tieren, den reifenden Getreidefeldern und Heuwiesen zur Rechten, dem hohen grünen Wald zur Linken.
    Trotzdem zog Tauno die Nase kraus. »Puh, dieser Staub!« sagte er in dänischer Sprache, die sich für solche Dinge besser eignete als die von Liri. »Mein Inneres hat sich in ... in eine ganze Ziegelei verwandelt. Kannst du glauben, daß sich Seevolk freiwillig an Land ansiedelt?«
    Eyjan, auf einem Zelter neben seinem Wallach reitend, sah ihn aus dem Schleier, der ihre Mähne verbarg, steif an.

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