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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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suchte er. Sie war nicht wieder ins Wasser gegangen. Also der Fußpfad … aye, ihre Spur, schwach, aber unverkennbar, sandte ihm Schauer durch das Blut.
    Er blieb stehen. Er erriet, weshalb sie hinaufgeklettert war, aber er konnte sich irren, oder es konnte ihr in dieser christlichen Wildnis eine Gefahr begegnen. Sein Entschluß war gefaßt. Er legte den Messergürtel um, ergriff die Harpune und stieg ihr nach.
    Der Mond war untergegangen. Von der Höhe aus senkte sich ein mit Heidekraut bewachsener Abhang in Moorland hinab. Rauhreif und weiße Schneeflecke tupften das Grau. Tauno lief schnell den Pfad entlang, der der Küste folgte, bis er südwärts in ein flaches Tal abbog. Dies beschützte ein Feld, das der Heide abgerungen war für eine magere Ernte von Hafer und Gerste, aber hauptsächlich für die Schafe, die im Sommer umherstreiften. Tauno sah ihren Pferch, die Heuschober, zwei sich zusammendrängende Häuschen. Dahinter erhoben sich ein Wikinger-Grabhügel und die Überreste eines piktischen Turms.
    Die Spur führte dorthin. Tauno folgte ihr. Als er näher kam, bellten ein paar Hunde, und wie immer winselten sie und flohen, sobald sie ihn gerochen hatten.
    Ein leiseres Geräusch zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er duckte sich, schlich näher, bis er durch die offene Tür eines Schuppens blicken konnte. Eine Frau – alt durch schwere Arbeit, obwohl sie einen Säugling in ihren Armen wiegte – stand darin und weinte. Zwei halberwachsene Töchter waren zu ihren Füßen niedergesunken. Sie zitterten vor Kälte, keine von den dreien trug mehr als ein Hemd, das hastig übergeworfen sein mußte.
    Tauno drang zur Hütte vor. Unter den niedrigen Sparren eines Torfdaches schimmerte Licht durch Ritzen in den Fensterläden. Er legte sein Ohr gegen eine Wand, strengte alle Sinne an.
    Sie sagten ihm, daß vier menschliche Männer drinnen waren, die laut schnauften, und Eyjan, die jaulte wie eine Katze. Während Tauno horchte, schrie einer der Kerle auf. Sofort war Eyjans Stimme zu hören: „Du bist der nächste, Roderick!“
    Taunos Knöchel wurden weiß um den Harpunenschaft.
    Nun, dachte er lange Zeit später, er hatte sich bei niemandem als sich selbst dafür zu bedanken, und welche Bedeutung hatte es denn überhaupt? Gelächter rasselte in seiner Kehle, als er sich vorstellte, was der Kleinbauer und seine Söhne sich gedacht haben mochten, als sie nackt aus der Nacht kam und an ihre Tür pochte. Das Amulett befähigte sie, ihnen alles vorzuschnurren, was sie wollte: wahrscheinlich, sie sei von Elfenart, aber keine tödliche Gefahr für Leben oder Seele, sie fürchte das Kreuz nicht, sie könne den Namen Christi aussprechen. Weiter hatten die Männer ihr Glück bestimmt nicht auf die Probe gestellt.
    Tauno kehrte ins Lager zurück. Als Eyjan im Morgengrauen eintraf, tat er, als würde er schlafen.

 
3
     
    Jetzt, wo der Vodianoi fort war, wurde der Winter für die Vilja eine Zeit völliger Einsamkeit. Im Wasser gab es nichts als Fische, die niemals Gesellschaft für sie und obendrein zu dieser Jahreszeit schläfrig waren und sie selten mit ihrer schimmernden Sommer-Anmut erfreuten. Die Frösche quakten nicht in der Dämmerung, sondern schliefen, tief im Schlamm verborgen. Schwäne, Gänse, Enten, Pelikane waren davongezogen; was an Vögeln in der Nähe des Sees blieb, waren keine Schwimmer oder Taucher, und ihre Rufe klangen dünn über den Schnee und die blattlosen Zweige hin.
    Die Vilja trieb im Wasser und träumte. Weiß und schlank war sie im trüben Licht. Ihr Haar bildete eine bleiche Wolke um sie. Große Augen von der Farbe des Himmels, wenn ihn leichter Nebel verhüllt, bewegten sich nicht, zwinkerten nicht, richteten sich niemals auf irgend etwas, das ein lebendes Wesen vielleicht gesehen hätte. Auch die sanfte Rundung ihres Busens hob sich nicht.
    So war sie Tage, Wochen, Monate dahingetrieben – sie rechnete es nicht nach, denn für sie hatte die Zeit aufgehört zu sein –, als das Wasser aufgerührt wurde, weil jemand kam. Als die Wellen stärker wurden, erwachte sie zum Bewußtsein. Sie streckte sich, stieß sich ab und schoß in einem Bogen auf das Ufer zu. Auch wenn die Wellen, die sie hervorrief, nur schwach waren, fühlte der Neuankömmling sie doch und schwamm auf sie zu. Erst nur ein schwankender Schatten, nahm er bald feste Formen an. Wärme strahlte von ihm aus, Kraft, Leben. Seine Bewegungen erzeugten Strömungen, Strudel, liebkosende Wirbel; Blasen tanzten aufwärts.
    Er und sie

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