Kinder des Wassermanns
einer weitgespannten Saga durch das im Zentrum des Ganzen stehende Geschick des heimatlos gewordenen Seevolks von Liri. Hier offenbart Anderson eine Sensibilität und einen Hang zur Tragödie, wie beides zuvor nur in seinen besten Kurzgeschichten und vielleicht in dem Roman The Dancer from Atlantis (Die Tänzerin von Atlantis) sichtbar wurde. Natürlich, der Roman ist pure Fantasy, und der Leser muß Dinge schlucken, die der Ratio entgegenstehen: die Kraft einer von Anderson in Anpassung an die damaligen Auffassungen bewußt naiv dargebrachten Religion, deren Bannsprüche das Wasser buchstäblich mit unerträglichem Glockengeläut erfüllen und die es vermag, Seelen in Körper zu legen, die vorher ohne Seelen waren. Wenn Anderson auf diese Weise einem noch mittelalterlichen, wundergläubigen Christentum das Feld überläßt, so teilt sich gerade durch derlei heute bizarr anmutende christliche Mystik der Fantasy-Charakter dieser Mystik mit. Anderson stellt das mittelalterliche Christentum neben das Feenreich und begreift sie beide als magisch. Wer hier also Frömmelei vermutet, sollte sich die Sache vielleicht noch einmal überlegen. …
Wenn am Ende des Romans vom einst unbeschwerten Seevolk von Liri nur noch der halbmenschliche Tauno geblieben ist, der mit einem anderen Zwitterwesen, das zur Hälfte aus Ingeborg, zur Hälfte aus der Vilja Nada besteht, zu den letzten Reservaten des einst großen Feenreichs aufbricht, dann hat sich dem Leser ein überraschend romantischer, aber auch trauriger Poul Anderson präsentiert. Ein nachdenklicher gewordener Poul Anderson, glaube ich, der vielleicht mit diesem Roman sein bislang reifstes Werk vorgelegt hat.
Hans Joachim Alpers
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