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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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aufhalsen wollen?
    Als Profos Magnus das Seevolk exorzisierte, ließ Ingeborg eine Woche lang keinen Menschen bei sich ein. Ihre Augen waren noch lange Zeit nachher rot.
    Doch dann stand Tauno wieder vor ihrer Tür. Er kam aus dem Wasser, nackt bis auf das Stirnband, das seine Locken bändigte, und einen scharfen Feuerstein-Dolch an einem Gürtel um die Hüften. In der Rechten hiel er einen Speer mit Widerhaken. Es war ein kalter Abend, Nebel stieg auf, bis man das Schwappen der kleinen Wellen nicht mehr hören und die Sterne nicht mehr sehen konnte. Ein Geruch nach Tang, Fisch und, vom Inland her, nach feuchter Erde hing in der Luft. Der Sand knirschte unter seinen Füßen, das Dünengras zerkratzte seine Knöchel.
    Zwei junge Fischer näherten sich der Hütte. Sie hatten ein brennendes Holzstück bei sich, mit dem sie sich leuchteten. Tauno konnte in der Dunkelheit weiter sehen als sie. Auch wenn sie die gleichen Mützen, Röcke und Hosen trugen wie alle Fischer, erkannte er sie. Er trat ihnen in den Weg. „Nein“, sagte er, „heute nacht nicht.“
    „Ja, aber, Tauno“, meinte der eine mit dümmlichem Grinsen, „du willst doch wohl nicht deine Freunde um ein bißchen Spaß oder Ingeborg um diese schöne große Flunder bringen? Wir werden nicht lange bleiben, wenn du es so eilig hast.“
    „Geht nach Hause. Bleibt dort.“
    „Tauno, du kennst mich, wir haben uns unterhalten, Ball miteinander gespielt, du bist an Bord gekommen, als ich mit dem Ruderboot allein draußen war, ich bin Stig …“
    „Muß ich dich töten?“ fragte Tauno, ohne die Stimme zu erheben.
    Sie sahen ihn an im trüben Flackern des Holzes. Hoch ragte er über sie auf, muskelstrotzend, bewaffnet, das Haar so naß wie das einer Wasserleiche und mit einem leichten Grünton im Blond, das Seevolk-Gesicht und die gelben Augen so kalt wie Nordlichter. Sie drehten sich um und gingen eilends zurück. Durch den Nebel hallte Stigs Stimme: „Sie hatten recht, du bist wirklich seelenlos, du verdammtes Ding …“
    Tauno schlug gegen die Tür der Hütte. Es war eine sackende, grau verwitterte Bretterbude mit Torfdach, ohne Fenster, obwohl der Feuerschein nach draußen und die Luft nach drinnen drang, wo das Moos, mit dem die Ritzen gestopft waren, ausdörrte. Ingeborg öffnete, ließ ihn ein und schloß die Tür wieder. Neben einer Tranlampe hatte sie ein niedriges Feuer brennen. Ungeheuerliche Schatten krochen über die doppelt breite Schlafplattform, Schemel und Tisch, die wenigen Koch-und Nähgeräte, die Kleidertruhe, Wurst und Stockfisch, die von den Dachbalken hingen, und die Stangen über den Dachbalken, auf denen ein Vorrat an Schiffszwieback aufgespießt war. In einer Nacht wie dieser erhob sich der Rauch kaum vom Herdstein bis zum Loch im Dach.
    Taunos Lungen brannten immer eine Minute lang, wenn er an Land gekommen war und sie mit einem einzigen Ausatmen, wie das Seevolk es zu tun pflegte, geleert hatte. Die Luft war so dünn, so trocken (und er kam sich halb taub vor, weil er alle Geräusche nur noch gedämpft hörte, obwohl er bestimmt besser sah). Der Gestank hier war schlimmer. Er mußte husten, ehe er sprechen konnte.
    Ingeborg hielt ihn wortlos umschlungen. Sie war klein und voll, hatte eine Stupsnase, Sommersprossen und einen großzügigen, weichen Mund. Ihre Haare und Augen waren dunkelbraun, ihre Stimme hoch, aber süß. Es hat schon Prinzessinnen gegeben, die von der Natur weniger gut bedacht waren als Stockfisch-Ingeborg. Tauno mochte den Geruch nach altem Schweiß in ihren Kleidern ebensowenig, wie er alle üblen Gerüche der Menschheit mochte, aber darunter nahm er einen sonnigen Duft nach Frau wahr.
    „Ich habe gehofft …“ flüsterte sie endlich. „Ich habe gehofft …“ Er löste ihre Arme, trat zurück und wog finsteren Gesichts den Speer in der Hand. „Wo ist meine Schwester?“ fragte er kurz.
    „Oh, Ihr geht es … gut, Tauno. Niemand wird ihr etwas zuleide tun. Niemand würde es wagen.“ Ingeborg versuchte, ihn von der Tür wegzuziehen. „Komm, mein unglücklicher Liebster, setze dich, trink einen Schluck, mach es dir gemütlich bei mir.“
    „Erst haben sie ihr alles genommen, was ihr Leben ausmachte …“
    Tauno unterbrach sich, weil er von neuem husten mußte. Ingeborg ergriff das Wort. „Es mußte sein. Christliche Leute konnten sie nicht ungetauft unter sich leben lassen. Du kannst ihnen keinen Vorwurf machen, nicht einmal den Priestern. Eine höhere Macht als ihre ist hier am Werke gewesen.“ Sie

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