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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Meeresspiegel, der große Tauno, der geschmeidige Kennin, Eyjan mit der weißen Haut und den wohlgeformten Brüsten.
    Zu ihnen trat Niels. Er drückte ihnen die Hand, er küßte das Mädchen, er weinte, weil er nicht mit ihnen gehen konnte. Ingeborg stand währenddessen Hand in Hand und Auge in Auge mit Tauno. Sie hatte ihr Haar eingeflochten, aber eine verirrte braune Locke flatterte ihr um die Schläfe. Ihr stubsnasiges, sommersprossiges Gesicht mit dem vollen Mund hatte einen Ausdruck ernster Einsamkeit angenommen, den Tauno unter dem Seevolk niemals gesehen hatte.
    „Es mag sein, daß ich dich nicht wiedersehe, Tauno“, sagte sie, zu leise, als daß die anderen es hätten hören können, „und die Wahrheit ist, daß ich von dem, was in meinem Herzen ist, nicht sprechen kann und nicht sprechen darf. Aber ich werde darum beten, daß Gott dir, solltest du bei dieser um deiner Schwester willen vollführten Tat den Tod finden, in deinem letzten Augenblick die reine Seele gibt, die du verdient hast.“
    „Oh … du bist freundlich, aber – nun, ich habe die feste Absicht zurückzukommen.“
    „Ich habe vor Sonnenaufgang einen Eimer Seewasser heraufgeholt“, flüsterte sie, „und mich reingewaschen. Willst du mich zum Abschied küssen?“
    Er tat es. Seiner Meinung nach war es jetzt nicht mehr notwendig, daß sie Abscheu vortäuschte; es war für sie ein Schutz und für sie beide von Vorteil, wenn die anderen sahen, daß sie zusammenhielten. „Über Bord!“ rief er und sprang.
    Sechs Fuß weiter unten nahm ihn das Meer mit freudigem Aufspritzen in Empfang. Neues Leben durchflutete ihn. Er genoß den Geschmack und die Kühle, bevor er rief: „Hinunterlassen!“
    Die Seeleute kurbelten den beladenen Kranarm nach unten und senkten das beladene Floß auf die Wasseroberfläche. Es schwamm gut und hielt das Netz in der richtigen Lage. Tauno warf es los. Die Menschen drängten sich an der Reling. Die Halbblutkinder winkten – nicht ihnen, sondern dem Wind und der Sonne – und tauchten hinab.
    Der erste Atemzug unter Wasser war immer leichter als der erste an Land. Man blies die Luft einfach aus und dehnte dann weit die Lippen und die Brust. Das Wasser strömte herein, man fühlte es in Mund, Nase, Kehle, Lungen, Magen, Därmen, Blut, bis zum letzten Nagel und Haar. Dies immer wieder herrliche Erlebnis stellte den Körper um auf das Leben des Seevolks. Komplizierte Säfte zerlegten das flüssige Element, um den Stoff zu gewinnen, der Fisch, Vogel, Fleisch und Feuer gleichermaßen am Leben hält; Salz wurde von den Geweben gesiebt; innere Öfen schürten sich selbst gegen die tödliche Kälte.
    Das war ein Grund, warum es von dem Seevolk nur wenige gab. Sie benötigten unter Wasser mehr Nahrung als die Menschen an Land. Ein schlechter Fang oder eine Seuche unter den Schalentieren konnte für einen ganzen Stamm den Hungertod bedeuten. Die See gibt, die See nimmt.
    Vanimens Kinder verteilten sich so um die ungefüge Last, daß sie sie handhaben konnten, und schwammen nach unten.
    Anfangs war das Licht wie junge Blätter und alter Bernstein. Bald wurde es trübe, und gleich darauf fraß die Schwärze seine letzten Spuren. Die Geschwister mochten sich dem Seevolk zugehörig fühlen, doch trotzdem war ihnen kalt. Stille pferchte sie ein. Sie wollten in Tiefen hinabsteigen, wie sie es im Kattegat oder in der Ostsee nicht gab. Das hier war der Ozean.
    „Halt“, sagte Tauno in der Sprache des Seevolks, die unter Wasser benutzt wurde und aus vielen Summ-, Klick- und Schmatzlauten bestand. „Liegt das Floß gerade? Könnt ihr es hier festhalten?“
    „Gut. Dann wartet ihr hier.“
    Sie widersprachen ihm nicht. Sie hatten ihren Plan ausgearbeitet und hielten sich nun daran, wie alle diejenigen es tun müssen, die sich in große Tiefen hinunterwagen. Tauno, der Stärkste und Geschickteste, mußte als Späher voraustauchen.
    An den linken Unterarm angeschnallt trug jeder von ihnen eine Laterne aus Liri. Das war eine hohle Kristallkugel, auf einer Hälfte mit poliertem Silber bedeckt und auf der anderen zu einer Linse geformt. Gefüllt wurde sie mit jener Art von lebendem Meeresfeuer, das die Wohnungen des Seevolks erhellte. Ein Loch, mit einem Netz bedeckt, dessen Maschen zu eng waren, als daß die Tierchen hätten entweichen können, erlaubte es, sie zu füttern und das Wasser ein- und ausströmen zu lassen. Die Kugel ruhte in einem Gehäuse aus geschnitzten Knochen, vorn mit einer Blende versehen. Noch war keine der

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