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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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der Wald ein Versteck bot. Da keinem etwas Besseres einfiel, lief der ganze Stamm hinterher. Es war genau das, worauf der Venetianer gehofft hatte. Zwar würden ihm viele entkommen, wenn sie sich im Unterholz verteilten, aber viele andere würde er fangen. Dukaten tanzten vor seinen Augen.
    Der Meeresboden stieg zum Ufer hin steil an. Nach den Angaben des Mannes am Lot warf er an einer Stelle, wo die Galeere gerade noch Wasser unter dem Kiel hatte, Anker und ließ die Landebrücke auf einen höher gelegenen Punkt fallen. Die Männer, die sie hinunterliefen, stellten fest, daß sie nur bis zum Magen im Wasser standen, und eilten an Land. Die Beute verschwand unter Bäumen, zwischen Büschen und im tiefen Schatten. Die Jäger folgten.
    Sicher hätten sie eine Anzahl Meerleute ergriffen und zur Sklavenarbeit oder an Zirkusse oder bestimmte Bordelle verkauft, vielleicht auch, um Fischern im Wasser zu dienen, wie der Falke es in der Luft tut. Die übrigen wären ihnen entkommen und hätten das Schicksal gefunden, das sie erwartete. Doch Mißgeschick folgte der falschen Entscheidung auf dem Fuß – es kann auch sein, daß alles der Wille des Himmels war – und vereitelte ihre Absicht.
    Bewohner der Insel hatten die Vorgänge beobachtet. Was sie von weitem sahen, genügte, sie zu beunruhigen. Sie hatten Piraterie und Krieg nur zu gut kennengelernt. Die Nachricht wurde in Windeseile weitergegeben, erreichte mit einem schnell geruderten Boot den Außenposten des Bans im Hafen und wurde auf Pferderücken zu seiner Garnison in Schibenik weiterbefördert. Ein Kriegsschiff glitt in den Kanal; eine Fußtruppe rückte am Ufer vor.
    Als er Metall schimmern sah, erkannte der Kapitän des Sklavenschiffs, daß er sich übernommen hatte. In den Hoheitsgewässern des kroatischen Königreichs hatte er nichts zu suchen. Da es sich augenblicklich in Frieden mit der Republik befand, hätte er niemals eines ihrer Schiffe angegriffen. Ein Fahrzeug, offensichtlich ausländisch, offensichtlich in Seenot, war jedoch eine zu große Versuchung gewesen. Jetzt sollte er sich besser davonmachen und darauf hoffen, daß der Gesandte der Signoria steif und fest behauptete, auch in den wildesten Phantasien könne er sich nicht vorstellen, irgendein Venetianer sei auf eine solche Weise vorgegangen.
    Eine Trompete rief seine Männer zurück. Die Kroaten ihrerseits ließen sich Zeit, nachdem sie erkannt hatten, daß der Fremde keinen Kampf wollte. Sollte er abziehen. Doch ihre Offiziere waren neugierig darauf, was ihn eigentlich angezogen hatte. Sie kommandierten Soldaten ab, den Wald zu durchsuchen.
    All dies erfuhr Vanimen viel später, hauptsächlich von Vater Tomis-lav, der wiederum größtenteils aus dem, was er gehört hatte, seine Schlüsse zog. Zu dieser Zeit erfaßte Vanimen nichts weiter als seinen Schmerz, seine Schwäche und ein Getöse, das seine Schar immer weiter landeinwärts jagte.
     
    Vor allem brauchten sie Wasser, und das immer notwendiger mit jeder Stunde, die verging. Aber sie wagten nicht, jetzt an das Meer zurückzukehren, wo bewaffnete Menschen am Ufer entlangtobten und ihnen auf den Fersen folgten. Durch das Waldesgrün konnten sie weit entfernt einen Fluß riechen, aber auch eine Stadt daran. Die mußten sie in weitem Bogen umgehen.
    Die Verfolger gaben bald auf, denn auf eine mühsame Unternehmung waren sie nicht vorbereitet. Für das Seevolk war das nur ein geringer Trost. Angeführt von Meiiva, da der König nichts anderes tun konnte, als mit Hilfe von anderen weiterzustolpern, kämpften sie gegen den Wald, den steilen Anstieg, gegen Durst, Hunger, Erschöpfung, Angst, gegen die Mühsal, die Verwundeten mitzuschleppen, das Weinen ihrer Kinder. Steine, Zweige, Dornen zerschnitten ihre empfindlichen Schwimmhäute, Zweige hielten sie fest, Krähen verhöhnten sie. Als der Wind erstarb, stiegen Wärme und Stille aus der Erde auf – Hitze und Taubheit für diese Wesen aus einer anderen Welt. Hier gab es keine Gezeiten oder Ströme, Wellen oder frische Brisen, Nahrung, die man fangen, oder Tiefen, in denen man Zuflucht suchen konnte. Das hier war nichts als ein Irrgarten ohne Richtungen, immer das gleiche und das gleiche und das gleiche. Es gelang ihnen kaum, einen Weg hinauf zu finden.
    So unendlich er ihnen vorkam, war der Wald doch nur klein, und die Wanderer erreichten seinen Rand gegen Abend. Das war eine günstige Zeit, denn nun konnten sie bebautes Land überqueren, um den Fluß zu finden. Vanimen murmelte, sie sollten auf

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