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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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frei, sich den Schwimmern anzuschließen, und ein paar hatten es auch getan. Aber die meisten Mütter fürchteten, daß Gegen- und Unterströmungen ihnen die Kleinen zwischen den Felsen dieser unbekannten Küstengewässer von der Seite reißen könnten.
    Ein anderes Schiff tauchte am verschwimmenden Horizont auf, während das Seevolk seine Vorbereitungen traf. Es war eine Galeere, schlank, rot und schwarz gestrichen. Das Segel war eingerollt; sie wurde durch Ruder wie Spinnenbeine bewegt. Die Galionsfigur glänzte golden durch die Gischt, ein geflügelter Löwe. Daraus und aus dem Kurs erriet Vanimen, so wenig Informationen er über diesen Gegenstand hatte, daß es ein venetianisches Schiff auf dem Weg nach Hause war. Nachdenklich zog er die Stirn in Falten. Es war kein Frachtschiff – und wäre das der Fall gewesen, dann wäre es in einem Geleitzug gefahren –, aber für ein Kriegsschiff sah es zu geräumig aus.
    Er riß sich aus seinen Gedanken und wandte seine Aufmerksamkeit der Rettung seines eigenen Fahrzeugs zu. Für die Befehle, die er dem Mann am Ruder und den Leuten auf Deck zu erteilen hatte, brauchte er Erfahrung und Verstand und ebenso ein angeborenes Gefühl für die Elemente. Deshalb achtete er in der nächsten Stunde kaum auf das fremde Schiff … bis Meiiva, die am Bug Wache gehabt hatte, nach achtern zu ihm kam.
    Sie zog ihn am Ellenbogen, zeigte mit dem Finger und rief aufgeregt: „Sieh mal dorthin, ja? Sie wollen uns den Weg abschneiden.“
    Vanimen stellte fest, daß sie die Wahrheit sprach. „Gerade dann, wenn wir keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, unsere wahre Natur zu verbergen!“ rief er aus. Nach einem Augenblick, in dem er versuchte, gegen mehr als das Rollen und Stampfen festen Stand zu behalten, entschied er: „Wenn wir in aller Eile Kleider anlegten, könnte das merkwürdiger wirken, als wenn wir bleiben, wie wir sind. Hoffen wir darauf, daß sie nur denken, wir seien lieber unbedeckt; wir haben, wie du dich erinnern wirst, selbst schon nackte Seeleute gesehen, seit wir vom Ozean her durch die Enge gekommen sind. Höchstwahrscheinlich will der Herr des Schiffes nur fragen, wer wir sind. Er wird kaum nahe genug herankommen, um zu erkennen, daß wir nicht von seiner Art sind – zu gefährlich in diesem Wetter –, und nassem Haar sieht man nicht gleich an, ob es blau oder grün ist.
    Sag den Leuten auf dem Deck Bescheid, sie sollen Obacht geben, wie sie sich benehmen.“
    Als Meiiva wieder zu ihm zurückkehrte, kam die Galeere mit dem Wind auf sie zu, und Vanimen zog die Nase kraus. „Puh!“ sagte er. „Riechst du das? Sie stinkt nach Schmutz, nach Schweiß, aye, und nach Elend. Welche Teufelei hat sie an Bord?“
    Meiiva spähte hinüber. „Ich sehe einige, die Metall tragen, und ich sehe Waffen“, antwortete sie. „Aber was sind das für welche, die sich mittschiffs, in Lumpen gekleidet, zusammendrängen?“
    Das wurde ihnen klar, als die Entfernung sich verringert hatte. Männer, Frauen, Kinder mit dunkler Haut und stumpfen Gesichtern trugen Ketten an Hand- und Fußgelenken. Sie standen, saßen, lagen, zitterten vor Kälte, suchten das bißchen Trost, das ihnen die Nähe der anderen geben konnte. Neben ihnen glänzten die Piken der Wachen, die von hellerer Hautfarbe waren. Unbehagen beschlich Vanimen. „Ich glaube, ich weiß es“, sagte er zu Meiiva. „Es sind Sklaven.“
    „Was?“ Dies Wort aus der Menschensprache hatte sie noch nie gehört.
    „Sklaven. Leute, die gefangengenommen wurden, die verkauft und erworben und zur Arbeit gezwungen werden wie die Tiere, die Pflug und Karren ziehen, was du sicher schon beobachtet hast. Daß es so etwas gibt, habe ich von Menschen gehört, mit denen ich gesprochen habe. Zweifellos kehrt das Schiff dort von einem Übefall auf Ausländer im Süden zurück.“ Vanimen spuckte leewärts und wünschte sich, er könne es nach der anderen Seite tun.
    Meiiva zuckte zusammen. „Ist das wahr?“
    „Aye.“
    „Und trotzdem zieht der Schöpfer der Sterne diese Rasse allem anderen in der Welt vor?“
    „Ich verstehe es auch nicht … Hoi, sie rufen uns an.“
    Über die Grenzen hinweg, die der Wind und die Sprachschwierigkeiten setzten, konnte keine richtige Unterhaltung geführt werden. Ein magerer Mann, glattrasiert, in einem Brustharnisch und einem Helm mit wildem Federschmuck, musterte sie, bis Vanimen die Haut kribbelte. Doch endlich fiel die Galeere zurück, und der Liri-König gönnte sich einen Atemzug der

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