Kinder des Wassermanns
gegenüber, der nackte Sohn des Meermanns den schlanken, schlechtgekleideten Menschen überragend, Tauno ernst, Niels müde und verschüchtert. Endlich fand der Liri-Prinz Worte. „Wenn ich dich schlecht behandelt habe, bitte ich dich um Verzeihung. Du hättest durch mich Besseres verdient gehabt. Ich habe es versucht, beim letzten Teil unserer Reise, aber – nun, ich hatte zuviel im Kopf, und so vergaß ich immer wieder, was ich dir schuldig bin.“
Niels hob den Blick vom Boden und antwortete in einer Art Verzweiflung: „Das hat nichts zu bedeuten, Tauno. Nicht auszuloten ist die Schuld, die ich dir gegenüber habe.“
Tauno lächelte bitter. „Für was, mein Freund? Daß du immer wieder und wieder für eine Sache, die nicht die deine war, in Mühsal und Lebensgefahr geraten bist? Daß noch Schlimmeres vor dir liegt?“
„Wieso? Mir winkt Reichtum und alles, was er bedeutet – ein Ende der Not und schweren Arbeit und Sorge für meine Verwandten. Du hast das Gold natürlich für Margrete, für Yria geholt, aber werde ich nicht ebenfalls reich belohnt werden?“
„Hmm. Ich kenne mich in den Wegen der Erdlinge nicht aus, aber ich kann mir vorstellen, gegen welche Schwierigkeiten du wirst kämpfen müssen. Und wenn du versagst, werden dir die Menschen ein Ende bereiten, das weit schrecklicher sein wird, als du es vom Meer oder seinen Ungeheuern zu erwarten hättest. Hast du darüber schon nachgedacht, Niels?“ fragte Tauno. „Hast du wirklich darüber nachgedacht? Ich frage dich Yrias wegen, damit nicht auch sie in den Untergang hineingezogen wird, aber auch an deinem Schicksal nehme ich Anteil.“
Mit fester Stimme antwortete der junge Mann: „Ja, ich habe darüber nachgedacht. Du weißt, wem ich in meinem Herzen diene. Da ich ihr nun keinen schlechten Dienst erweisen will, habe ich jede freie Stunde damit zugebracht, Pläne zu schmieden. Ingeborg wird mein erster Ratgeber sein, sie ist weltklüger als ich, aber sie wird nicht der einzige bleiben. Was geschieht, liegt bei Gott, aber ich bin hoffnungsvoll.“ Er holte Atem. „Du weißt, nicht wahr, daß Übereilung uns vernichten könnte? Wir müssen uns jeden Schritts vergewissern, bevor wir ihn tun.“
„Aye. Wann werdet ihr es geschafft haben? In einem Jahr?“
Niels runzelte die Stirn und zupfte an seinem Jünglingsbart. „Ich glaube, es wird länger dauern. Jedenfalls bis ich mir eine gute Position geschaffen habe – aber das ist es ja nicht, was du hören willst. Yria … wenn alles gut geht … vielleicht haben wir sie in einem Jahr losgekauft. Es hängt alles davon ab, welche Verbündeten wir finden können, verstehst du … Oh, sagen wir, daß wir in zwölf Monaten ab heute genauer wissen, wie sich die Dinge entwickeln.“
Tauno nickte. „Wie du willst. Eyjan und ich werden dann zurückkehren und hören, was du zu berichten hast.“
Niels blieb der Mund offenstehen. „So lange werdet ihr fort sein?“
„Warum sollten wir hierbleiben, wenn wir doch darauf brennen, nach unserm Volk zu suchen?“
Niels schluckte schwer. Er verflocht ruhelos die Finger. Nach einer Weile war er fähig zu fragen: „Wo wollt ihr suchen?“
„Im Westen“, antwortete Tauno mit weicherer Stimme als bisher. „In Richtung Grönland. Hauau und ich haben in einer mondbeschienenen Nacht auf See darüber gesprochen. Er kann in die Zukunft sehen. Meine eigene Zukunft war undeutlich, aber er sagte, er höre ein Flüstern in seinem Kopf, dort irgendwo warte ein Teil meines Schicksals auf mich.“
Sonnenschein fiel auf sie nieder und ließ Taunos Haar bernsteinfarben aufleuchten. Als hole ihn das in die Wirklichkeit zurück, zuckte er die Schultern und setzte hinzu: „Es ist vernünftig, auf Grönland zuzuhalten. Unterwegs können wir Nützliches erfahren, und auf Island auch.“
„Du wirst Eyjan nicht in Gefahr bringen?“ bat Niels.
Tauno stieß ein hartes Lachen aus. „Es ist schwer, sie aus der Gefahr herauszuhalten.“ Als er den Gesichtsausdruck des anderen bemerkte, forderte er ihn auf: „Laß uns die Sorgen nicht suchen. Genügend viele werden uns ohne unser Zutun auf den Weg gestreut. Besprechen wir lieber, wie wir uns wiedertreffen.“
Niels stürzte sich auf diese Sache, als wolle er einer anderen entfliehen. Lange wurde geredet. Es war notwendig, daß die Geschwister ihm mitteilten, wann sie eintreffen würden, und danach auf ihn warteten. Das hier war eine ungeeignete Stelle dafür. Am Ufer gab es wenig Dek-kung. Wenn Fischer aus Alsen, die
Weitere Kostenlose Bücher