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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Natur?“
    Tomislav bedachte den Himmel draußen mit einem Stirnrunzeln. „Hm-m-m … vielleicht eine oder zwei Ahnungen. Sie stützen sich auf gewisse Dinge, die meine Herde weiß oder glaubt, auf das, was ich gelesen oder anderswo gehört habe, und auf meine eigene … meine eigene Erfahrung. Höchstwahrscheinlich irre ich mich.“
    „Gehören sie der sterblichen Welt an?“
    „Sie können getötet werden, ebenso wie wir.“
    „Danach habe ich nicht gefragt, Tomislav.“
    Der Priester seufzte. „Ich vermute, daß sie nicht aus Adams Samen stammen.“ Hastig setzte er hinzu: „Das bedeutet nicht, sie seien böse. Denkt an die Leschi, Domovoi, Poleviki und ähnliche harmlose Geister – nun, manchmal sind sie ein bißchen boshaft, aber manchmal erweisen sie sich armen Menschen auch als gute Freunde …“
    „Doch andererseits“, sagte Petar, „denkt an die Viljai.“
    „Seid ruhig!“ rief Iwan in aufflammendem Zorn. „Ich will Euer Unheilkrächzen nicht mehr hören, verstanden? Ich kann auch den Bischof bitten, mir einen anderen Beichtvater zu schicken.“
    Er wandte sich wieder Tomislav zu. „Es tut mir leid, alter Freund.“
    „Ich … bin nicht … so zart besaitet“, brachte der Priester aus dem Wald mühsam hervor. „Es scheint zu stimmen, daß sich in den letzten Jahren eine Vilja in meiner Nachbarschaft bemerkbar gemacht hat. Gott verzeihe den Lästermäulern.“
    Er straffte die Schultern. „Meiner Meinung nach täten wir am besten daran – sowohl um unseretwillen als auch im Angesicht Gottes –, diese Leute gehenzulassen. Laßt sie zurück ans Meer bringen, unter Bewachung, wenn Ihr wollt, aber schafft sie weg und sagt ihnen Lebewohl.“
    „Das wage ich nicht, es sei denn, ich erhalte von einem Höheren den Befehl dazu“, entgegnete Iwan. „Und selbst wenn ich könnte, würde ich es nicht wollen, bis wir ganz sicher sind, daß daraus kein Unheil entstehen wird.“
    „Ich weiß“, sagte Tomislav. „Nun, dann ist hier mein Rat: Haltet sie als Gefangene, aber behandelt sie freundlich. Und laßt ihren Anführer mit zu mir nach Hause kommen, damit wir uns besser kennenlernen.“
    „Was?“ zeterte Petar. „Seid Ihr wahnsinnig?“
    Iwan selbst erschrak. „Ihr seid zumindest tollkühn“, bemerkte er. „Der Kerl ist groß. Wenn er sich erholt hat, könnte er Euch in Stücke reißen.“
    „Ich glaube kaum, daß er es versuchen wird“, antwortete Tomislav leise. „Und schlimmstenfalls, was kann er anderes töten als mein Fleisch, woraufhin meine Pfarrkinder ihn niederstechen werden? Ich habe seit langem jede Angst davor verloren, von diesem Leben Abschied zu nehmen.“
     
    Tomislavs Gemeinde war ein Dörfchen mit weniger als hundert Seelen, dessen Familien nahe verwandt miteinander waren. Es lag eine volle Tagesreise von Skradin entfernt, an einem Weg, der sich erst nördlich, dann westlich durch die Wälder um den See wand, obwohl dieses Wasser nie in Sicht kam. Hier hatten Menschen einmal um einen Windbruch Land gerodet und sich niedergelassen, um von Ackerbau, Holzfällen, Kohlenbrennen, Jagen und Fallenstellen zu leben. Sie bearbeiteten den Boden gemeinsam, wie sie es getan hätten, wären sie freie Bauern gewesen. Die meisten von ihnen waren eigentlich Leibeigene, aber das machte kaum einen Unterschied, denn die Edelleute von Hrvatska waren selten Unterdrücker oder Ausbeuter, und niemand hatte den Wunsch davonzuziehen.
    Die Siedlung wurde von einer Doppelreihe inmitten der Felder gebildet. Bäume, die man stehengelassen hatte, spendeten Schatten. Die Häuser, aus Holz gebaut, einen oder zwei Räume enthaltend, mit Stroh gedeckt, standen auf Pfählen. Laufbretter führten von den Ställen zu den Wohnräumen. Der Weg zwischen den Gebäuden war matschig, wenn er nicht staubig war, und dick voller Kot. Doch niemand wurde von üblen Gerüchen belästigt; die duftenden grünen Fernen sogen sie auf. Die Bewohner machten sich auch nicht viel aus den Fliegen im Sommer. Hinter jedem Haus war ein Küchengarten angelegt.
    Kleine Scheunen mit Lattenwänden standen umher, auf dünnen Stämmchen errichtet, deren Wurzeln vogelähnliche Füße abgaben, wie auf Baba Yagas berühmtem Wohnsitz. Ein paar Schuppen enthielten Werkzeuge und andere notwendige Geräte. Zweirädrige Karren wurden, wenn nicht gebraucht, auf die Seite gefahren; sie waren bunt gestrichen. An einem Ende des Weges war eine kleine Werkstatt, am anderen Ende die Kapelle, kaum größer, ebenfalls mit einfallsreichen Mustern

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