Kinder des Wassermanns
bekomme meinen Anteil an Vergnügungen. Wartet, bis wir Erntedankfest feiern.“ Tomislav hielt inne. „Mein irdisches Los ist tatsächlich in mancher Beziehung leichter geworden, seit meine arme Frau dahingegangen ist. Sie war lange krank und hilflos und brauchte meine Pflege.“ Er bekreuzigte sich. „Gott rief sie, zu ihm zu kommen und geheilt zu werden. Ich bin sicher, daß sie im Himmel ist.“
Erstaunt erkundigte sich Vanimen: „Ihr wart verheiratet? Ich weiß, daß die Kirchenmänner es früher waren, zumindest im Norden, aber seit Generationen hatte ich dergleichen nicht mehr gehört.“
„Wir sind zwar Katholiken, aber von der glagolitischen Observanz, die nicht die Roms ist. Obwohl es den Päpsten immer mißfallen hat, haben sie doch unsere Bräuche nicht direkt verboten.“
Vanimen schüttelte den Kopf. „Ich werde nie begreifen, warum ihr Menschen euch wegen solcher Schneckenhaus-Angelegenheiten streitet – wie ihr es tun mögt, wenn ihr doch währenddessen die Welt genießen könntet.“ Er merkte, daß sein Gastgeber einen Disput lieber vermeiden wollte, und fuhr fort: „Aber erzählt mir noch, wenn es Euch gefällig ist, von Eurer Vergangenheit. Bisher habe ich nur Bruchstücke davon gehört.“
„Da gibt es nichts zu erzählen“, antwortete Tomislav. „Ein ganz gewöhnliches, voranstolperndes sterbliches Leben. Es kann Euch nicht interessieren, der Ihr jahrhundertelang Wunder erlebt habt, die über mein Vorstellungsvermögen hinausgehen.“
„Oh doch, es würde mich interessieren“, widersprach Vanimen. „Ihr seid für mich ebenso fremdartig wie ich für Euch. Wolltet Ihr mir einen flüchtigen Blick in Euer Inneres gewähren, sähe ich vielleicht – nun, nicht nur, wie der Stamm Adams die Erde bewohnt, sondern auch warum …“
„Ihr werdet vielleicht erkennen, was Gottes Absichten sind!“ rief Tomislav aus. „Ha, diese Möglichkeit ist es wert, daß ich mein Herz vor Euch entblöße.
Nicht, daß ich viel zu enthüllen hätte. Fragt, was Ihr wollt, ich werde Euch antworten.“ Seine Stimme war leiser geworden. Sein Blick schweifte in die Ferne, über das Dach auf der anderen Seite des Weges, über die Bäume und den Himmel – zurück zu den verlorenen Jahren, dachte Vanimen. Ab und zu nahm er einen Schluck Bier, aber nicht wie sonst mit dem richtigen Genuß. Das tat nur sein Körper, um die Kehle feucht zu halten.
„Ich wurde als Leibeigener geboren, aber nicht hier, sondern in Skradin, ‚im Schatten der Burg’, wie die Redensart lautet. Mein Vater war dort Reitknecht. Der derzeitige Kaplan hielt mich für würdig, Unterricht im Lesen und Schreiben zu bekommen. Als ich das richtige Alter erreicht hatte – vierzehn Jahre –, empfahl er mich dem Bischof.
So ging ich nach Zadar, um für die heiligen Weihen zu studieren. Das war wahrlich harte Arbeit, sowohl für das Fleisch als auch für den Geist. Trotzdem, es war eine Stadt voller Leben, Menschen von jenseits jeden Horizonts, weltliche Waren, weltliche Vergnügungen. Ich gestehe, für eine Weile ließ ich mich davon einfangen. Danach bereute ich, und ich wage zu glauben, daß mir vergeben worden ist, und vielleicht habe ich dadurch ein wenig Verständnis für meine Mitgeschöpfe gewonnen.
Doch mit der Reue erwachte die Sehnsucht nach dem Land meiner Geburt, nach den einfachen Sitten, nach meiner eigenen Art von Leuten. Mehrere Jahre lang wurde in keinem Pastorat dieser Gegend eine Stelle frei. In dieser Zeit war ich Famulus des Bischofs.
Ich wandelte die Lust in den Wunsch nach einer gesetzmäßigen Ehe und traf Maßnahmen, eine Frau aus diesem Teil des Landes zu heiraten. Das war, bevor ich die Weihen erhielt, was mehr auf meinen eigenen Wunsch als auf die kanonischen Vorschriften zurückzuführen war. Ah, wie reizend war meine Sina in ihrer Jugend!
Doch schon bald wurde sie von Traurigkeit befallen. Anfangs mag das auf ihre neue Umgebung zurückzuführen gewesen sein. Menschenmengen, Lärm, Feilschen, Intrigen, Ruhelosigkeit, ständiger Wechsel – all das ängstigte sie und lastete auf ihrer Seele. Außerdem verloren wir zwei Kinder durch Krankheit. Die drei, die am Leben blieben, waren für sie ein geringerer Trost als für mich oder als ich es für sie hoffte.
Schließlich erhielt ich diese Kirche. Der Bischof brummte, weil er mich ziehen lassen mußte, aber er gab nach, als ich ihm klarmachte, was es für Sina bedeuten würde.
Doch es nutzte nichts. Weitere Kinder starben oder wurden tot geboren. Und was
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