Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten
Nacherzählen viel schwieriger, als sich eine Geschichte selbst auszudenken. Damit Spannung aufkommt, muss man Märchen, Sagen oder Legenden sehr gut kennen und verinnerlicht haben und sie trotzdem so erzählen, als ob man das Ende nicht kennt.
60 Wir kommen kaum noch zum Vorlesen, ist das schlimm?
Ja, das ist schade, und das sollten Sie ändern. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie aus Buch, Tablet oder eReader vorlesen.
Leider lesen weniger als 32 Prozent aller Eltern mit Kindern im Grund- und Vorschulalter vor. Und das auch gerade mal eine Viertelstunde pro Tag. Viel zu wenig, sagen Experten und verweisen auf die Bedeutung des Lesens für Sprachentwicklung, Kreativität und Fantasie. Mal abgesehen vom Wissenserwerb.
Lesen ist die Schlüsselkompetenz im Kommunikations- und Informationszeitalter. Kinder, die regelmäßig vorgelesen bekommen, haben einen entscheidenden Vorsprung gegenüber solchen, die ohne das aufwachsen. Beim (Vor)Lesen gelingt das Erlernen von Sprache wie nebenbei, lustvoll und ohne Anstrengung. Komplexe Satzmuster prägen sich ein, in unzähligen Variationen, weil jeder Autor seinen eigenen Stil hat. Neue Wörter und Begriffe erschließen sich aus dem Kontext, und Kinder nehmen sie in ihren Wortschatz auf. Das gesprochene Wort erzeugt einen lebendigen Strom innerer Bilder, eine Fähigkeit, die das Gehirn mit etwa 18 Monaten entwickelt und die die Grundlage für die Entwicklung des symbolischen Denkens ist. Das wiederum ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den sicheren Umgang mit Buchstaben und Zahlen und damit für das Erlernen von lesen, schreiben und rechnen.
Bereits mit zwei, drei Jahren lernt ein Kind, die Gefühle und Bilder, die ein Text anbietet, zu sortieren und von der Realität zu unterscheiden. Immer sicherer wird es in dem Gefühl, dass man unter diesen Bedingungen Gefahren furchtlos entgegentreten kann. Darüber bildet das Kind die Fähigkeit aus, sich in die Wirklichkeiten anderer einzufühlen.
Beim Vorlesen geht es jedoch nicht vorrangig um eine intellektuelle oder soziale Frühförderung, sondern um das liebevolle Zusammensein. Deshalb sind Kinder, die längst dem Vorlesealter entwachsen sind, oft noch hungrig danach, und deshalb können Geschichten tatsächlich trösten und heilen.
Beim Vorlesen sollte man auch zu Büchern ohne Bildergreifen. So können Kinder ihrer Fantasie freien Lauf lassen und ihre eigene Bildsprache entwickeln. Übrigens: Vorlesen sollte Spaß machen, auch den Eltern. Was Sie selbst zum Nachdenken, Schmunzeln oder Lachen anregt, gefällt auch Ihrem Kind. Beim Vorlesen wichtig: Augenkontakt halten. Zappelige Kinder auf den Schoß nehmen.
Bücher sind übrigens Gebrauchsgegenstände und sollten überallhin mitgenommen werden dürfen, auch auf die Toilette und in die Küche.
61 Warum lieben Kinder Rollenspiele?
In die Rolle eines anderen zu schlüpfen, bedeutet vor allem, sich gefühlsmäßig in eine andere Stimmung zu versetzen. Spielt ein Kind Superman oder Avatar, muss es sich auch stark und mutig fühlen, imitiert es einen Popstar, kann es selbst innerlich ein bisschen abheben. Rollenspiele sind das beste soziale und emotionale Training, das sich denken lässt.
Kinder können dabei ein ganzes Repertoire an Gefühlen sammeln. Gleichzeitig lernen sie, verschiedene Perspektiven einzunehmen, Fähigkeiten, die ihnen helfen, Probleme und Konflikte zu lösen und Angst, Trauer, Wut zu verarbeiten.
Viele Rollenfantasien sind mit einer Fülle von intensiven, «erwachsenen» Lebensgefühlen verbunden. Wenn ein Kind besonders schnell rennt, tut es das nicht einfach so, sondern weil es sich vorstellt, dass es Goldmedaillengewinner ist oder ein FBI-Agent. Treffen sich drei Kinder zum Kicken, stehen sich nicht Paul, Bruno und Lea gegenüber, sondern Ronaldo, Messi und Rooney.
Zwischen zwei und drei Jahren spielen Kinder am liebsten Szenen aus dem Familienalltag: einkaufen, kochen, verreisen, ein Baby bekommen, sich verlaufen. Dabei entwickeln sie ein Gespür für die Rollenverteilung in der Familie und erwerben Alltagsfertigkeiten. Auch ihre Geschlechtsidentität entdecken Kinder über Rollenspiele. Dabei wird hin und wieder ziemlich dick aufgetragen. Aber Kinder müssen übertreiben. Rollenklischeeskritisch zu hinterfragen, gelingt erst viel später im Teenageralter.
Mit dem vierten, fünften Lebensjahr schlüpfen Kinder bevorzugt mit Playmobil- und Legofiguren in Fantasie- und Märchengestalten. Am liebsten in die Rolle des starken, unbesiegbaren,
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