Kinder
ein und aus, setzte sich auf die
Matte und nahm die Grundposition ein.
»Dieser Dreckskerl!«
Rainer Pietsch kam gerade aus dem Badezimmer, als er seine Frau in
der Küche schimpfen hörte. Alle Kinder waren schon zum Bus gegangen, und auch
er selbst musste sich nun allmählich auf den Weg machen.
»Was ist denn los?«, fragte er.
Erschrocken sah Annette Pietsch auf.
»Hast du gedacht, ich sei schon los – und jetzt erwartest du deinen
Hausfreund?«
Rainer Pietsch zwinkerte seiner Frau verschwörerisch zu, aber es
dauerte einen Moment, bis sie zurücklächelte.
»Na, über wen hast du dich denn gerade so aufgeregt?«
»Über Kray, den Anwalt.«
»Für den du gestern Abend das Catering gemacht hast?«
»Ja, genau über den. Hier!« Sie hielt ihm den Umschlag mit den
Geldscheinen hin. »Das hat er mir gestern gleich in die Hand gedrückt.«
»Oh, gleich bar bezahlt – das ist doch okay, oder? Dann musst du
deinem Geld nicht wieder ewig hinterherrennen.«
Annette Pietsch rollte genervt die Augen.
»Was ist denn? Stimmt der Betrag nicht?«
Annette Pietsch nickte.
»Toller Anwalt«, seufzte ihr Mann und setzte sich neben sie.
»Ich hab’s gestern nicht gleich nachgezählt.«
»Na ja, das wäre wahrscheinlich auch unhöflich gewesen. Fehlt denn
viel?«
»Nein, aber er hat meine Rechnung einfach abgerundet – üblicherweise
legt man ein paar Euro drauf!«
»Und jetzt?«
»Hm.« Annette Pietsch zuckte die Schultern und versuchte, sich
unauffällig die feuchten Handflächen an der Hose trockenzureiben. »Wegen der
vierunddreißig Euro mache ich keinen Aufstand.«
»Na, hör mal! Soll ich ihn anrufen? Mach ich für dich, kein
Problem.«
»Nein, lass mal – lieber verzichte ich auf die paar Euro, und dafür
bleibt mir ein Streit erspart. So etwas geht doch immer irgendwie auf Kosten
des Geschäfts.«
Rainer Pietsch sah seine Frau aufmerksam an: Irgendetwas anderes
machte ihr noch zu schaffen, aber er kam nicht drauf, in welche Richtung er
fragen sollte.
Annette Pietsch spürte seinen forschenden Blick mehr, als sie ihn
sah. Und sie hoffte, dass dieses Gespräch hiermit zu Ende war und sie den Namen
Kray nie wieder hören oder aussprechen musste.
Ronnie war etwas früher in der Schule als seine Freunde,
und wie üblich hockte er gegenüber dem Wasserspender, vor dem er sich jeden
Morgen mit Petar und meistens auch mit Michael traf, auf dem Boden und las
einen Comic.
Tobias und Marc kamen zum Schulgebäude herein, entdeckten Ronnie und
besprachen sich kurz.
»Sollen wir’s Ronnie geben?«, schlug Tobias vor.
»Und Michael?«, fragte Marc.
»Für den kann ich morgen dasselbe noch einmal mitbringen, kein
Problem.«
Dann schlenderten sie grinsend auf Ronnie zu.
»Na, du Gerippe?«
Tobias hatte sich breitbeinig vor dem hageren Ronnie aufgebaut, Marc
stand feixend daneben.
»Nur kein falscher Neid«, brummte Ronnie, blätterte die nächste
Seite auf und kümmerte sich nicht weiter um die beiden.
»Ach, hast ja recht, Langer«, sagte Marc nach einer kurzen Pause.
»Warum sollen wir so früh am Morgen schon Streit anfangen?«
»Eben«, sagte Ronnie und las weiter.
»Komm, Tobi, wir lassen ihn«, sagte Marc und ging zum Wasserspender.
Tobias schien noch kurz nachzudenken, dann setzte er sich ebenfalls
in Bewegung, blieb aber mit seinem linken Bein in einem von Ronnies
Ranzengurten hängen – der Ranzen fiel um, und die Wasserflasche rutschte aus
ihrer Halterung auf den Boden.
Ronnie sah hoch, entdeckte die Flasche und fixierte Tobias
missmutig.
»Okay, okay«, sagte der sofort und bückte sich nach der Flasche.
»War keine Absicht, Mann!«
»Wer’s glaubt«, brummte Ronnie und vertiefte sich wieder in seinen
Comic.
Tobias hob die Flasche auf, ging mit ihr hinüber zum Wasserspender
und füllte sie. Marc stellte sich so hinter Tobias, dass Ronnie, der aber
ohnehin nicht aufsah, nicht bemerken konnte, wie Tobias mit einer schnellen Bewegung
Pulver aus einem Tütchen in die Flasche gab.
Dann schüttelte er die Flasche, wartete, bis kein Schaum mehr zu
sehen war, und brachte sie zu Ronnie zurück.
»Da«, sagte er, »ich hab sie für dich gefüllt. Friedensangebot.«
Ronnie sah verblüfft auf, zuckte dann aber mit den Schultern.
»Okay, danke, stell sie einfach wieder hin, ja?«
Tobias stellte die Flasche neben Ronnie auf den Boden und richtete
auch seinen Ranzen wieder auf.
»So, und jetzt schwirrt mal ab, ihr beiden! Ich will endlich wissen,
wie die Daltons diesmal wieder geschnappt
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