Kinderkrankheiten von A–Z
Kinder scheinen sich schneller anzustecken als Erwachsene. Meist kapselt das Immunsystem die Bakterien unbemerkt in der Lunge ab (Primärkomplex ). Die Keime überleben in diesem verkalkten Herd allerdings bis zu Jahrzehnten, breiten sich z. B. bei Abwehrschwäche wieder aus und lösen eine Tuberkuloseerkrankung aus. Bei Kindern ist das meist innerhalb von 1–2 Jahren der Fall. Bei 40 % dieser Kinder schädigen die Bakterien dann die Lunge so sehr, dass sich große Höhlen bilden, die in die Bronchien durchbrechen können. Erst bei dieser offenen Lungentuberkulose gelangen die Erreger beim Husten wieder nach außen, d. h., der Betroffene ist ansteckend. Über die Blutbahn gelangen die Bakterien auch ins Gehirn oder in andere Organe (Miliartuberkulose ). Babys und Kleinkinder sind durch ihr unfertiges Immunsystem besonders gefährdet für einen schweren Verlauf.
Was Sie für Ihr Kind tun können
Tuberkulose gehört in ärztliche Hände! Die Diagnose zu stellen, ist allerdings nicht immer einfach. Der Tuberkulintest, ein einfacher Hauttest, zeigt zwar den Erregerkontakt an, nicht aber eine akute Erkrankung. Weitere Untersuchungen sind Röntgenbilder der Lunge und evtl. die Erregersuche im Auswurf. Nach Kontakt zu einem Tuberkulosepatienten oder bei einem auffälligen Hauttest ohne weitere Beschwerden gibt man ein Antibiotikum. Bei einer akuten Erkrankung sind mehrere Antibiotika kombiniert über mehrere Monate einzunehmen. Die Impfung schützt nur begrenzt und wird nicht mehr empfohlen, auch wird der Tuberkulintest nicht mehr routinemäßig bei der Vorsorge eingesetzt.
Übergewicht
Hungerkünstlerinnen im Modebusiness auf der einen Seite, Kinder, die wegen ihrer Pfunde nicht mehr hüpfen oder balancieren können, auf der anderen. Abweichungen vom Normalen scheinen immer mehr zuzunehmen.
Wissenschaft und Medien zeichneten in den letzten Jahren ein erschreckendes Bild: Übergewicht wird mit einer Epidemie verglichen, die schlimmste Prognosen übertrifft und nicht nur Konsequenzen für den Einzelnen, sondern auch für Gesundheits- und Sozialsysteme sowie die Wirtschaft hat. Die WHO schätzte 2004 den Zustand von Übergewicht bei Kindern mit 14 Millionen Betroffenen (das entspräche 24 %!) in der EU als »außer Kontrolle geraten« ein.
Ganz so extrem scheinen die Zustände in Deutschland noch nicht zu sein, wenngleich auch hier Übergewicht über die letzten 20 Jahre um 50 % zugenommen hat. Einer aktuellen Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge leben in Deutschland etwa 1,9 Millionen (15 %) übergewichtige Kinder und Jugendliche im Alter von 3–17 Jahren, davon sind wiederum etwa 800 000 fettleibig (adipös ). Der Anteil nimmt mit dem Alter zu – bei den Kindergartenkindern liegt er noch bei 9 %, steigt jedoch auf 15 % bei Grundschülern und 17 % bei 14- bis 17-Jährigen an.
Ein erhöhtes Risiko für Übergewicht haben Kinder mit Migrationshintergrund, aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und übergewichtiger Mütter. [ 188 ]
Begriffsbestimmung
Die kindliche Entwicklung verläuft in individuell unterschiedlichen Sprüngen. Deshalb ist es gar nicht so einfach, Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas ) zu definieren. Beim Erwachsenen wird üblicherweise der Body-Mass-Index (BMI ) zugrunde gelegt, der von Körpergewicht und -größe abhängt (Gewicht in Kilogramm geteilt durch Größe in Metern zum Quadrat; BMI = kg/m2). Bei ihnen werden alters- und geschlechtsabhängig Normbereiche festgelegt (ca. 19–25) und Abweichungen nach unten als Untergewicht, nach oben als Übergewicht und ab einem gewissen Wert als Adipositas bezeichnet. Bei Kindern wird der BMI in Perzentilenkurven (wie die Grafiken im »Gelben Heft«) mit dem BMI einer gesunden Vergleichsgruppe (gleiches Alter und Geschlecht ) in Beziehung gesetzt. Die Kurve in der Mitte ist die 50. Perzentile, d. h., eine Hälfte der Kinder liegt darunter, die andere darüber. Übergewicht bedeutet, dass das Kind mit seinem Gewicht oberhalb der 90. Perzentile liegt, also 9 von 10 Kindern leichter sind; Fettleibigkeit besteht ab der 97. Perzentile. [ 189 ]
Ursachen für Übergewicht
»Schwere Knochen« als Begründung für überzählige Pfunde kennt wohl jeder Kinderarzt. Doch Knochenbau und Stoffwechsel- bzw. Hormonstörungen machen nur einen sehr geringen Teil der Ursachen aus. Stattdessen ist Übergewicht meist Folge übermäßigen Essens in Kombination mit mangelnder Bewegung – wobei Geschmacksvorlieben durchaus vererbt werden. Die zugeführte Energie
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