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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Krawatte, eine Krawattennadel, mehrere Paare Pumps und zwei Paare Rangerstiefel, Handschuhe, ein Käppi und ein Hut, den sie genauso lächerlich fand wie das letzte Mal, als sie ihn aufgesetzt hatte, unmittelbar vor ihrem Urlaub.
    Nur dass sie diese Kleidung heute nicht mehr nur bei besonderen Anlässen trug – Paraden oder Besuchen des Präfekten -, sondern tagtäglich. Diese Uniformen, auf die die meisten ihrer Kollegen so stolz waren, waren in ihren Augen Symbole des Abstiegs und der Ungnade, in die sie gefallen war.
    Sie hatte zwei Jahre als Zivilfahnderin der Gendarmerie gearbeitet. Und jetzt musste sie wieder ganz von vorn beginnen.
    Sie hatte von einer Beförderung auf einen Posten in einer Großstadt geträumt. Einer Stadt voller Licht, Lärm und turbulentem Treiben. Stattdessen fand sie sich auf dem Land wieder.#
    Sie wusste, dass ihr jeder bedeutende Fall sofort entzogen und einer Fahndungsgruppe übertragen würde, die größer und leistungsfähiger war als ihr bescheidenes Team.
    Sämtliche Kleidungsstücke waren sauber und gebügelt; sie räumte sie wieder in den Wandschrank und vergaß sie, so schnell es ging. Ihr Urlaub endete morgen früh. Bis dahin würde sie sich keine negativen Gedanken erlauben.
    Sie ging in das winzige Wohnzimmer ihrer Dienstwohnung und griff nach der Zeitung auf dem Couchtisch. Dann schaltete sie ihren Computer auf dem kleinen Schreibtisch vor dem Fenster an und setzte sich davor.
    Ziegler fand den Artikel. Aber auf der Website der Zeitung fanden sich keine anderen Informationen als in der gedruckten Fassung. Allerdings verwies ein Link auf einen älteren Artikel – der erschienen war, als sie sich auf den griechischen Inseln aufhielt. Er trug den Titel: „MORD AN JUNGER LEHRERIN IN MARSAC: Der Aufklärer des Verbrechens in Saint-Martin wurde mit den Ermittlungen betraut.“ Sie spürte ein Kribbeln.
     
    „Verdammt, wissen Sie, wie spät es ist?“
    Der Minister spuckte in den Hörer, während er eine Hand zur Nachttischlampe ausstreckte. Er drehte sich kurz zu seiner Frau um, die in der Mitte des Bettes tief und fest schlief; sie war vom Läuten des Telefons nicht einmal aufgewacht. Der Mann am anderen Ende der Leitung gab keinen Laut von sich. Schließlich war er Fraktionsvorsitzender in der Nationalversammlung, und für gewöhnlich holte er Leute nicht wegen Lappalien aus dem Bett.
    „Sie können sich doch denken, dass es überaus wichtig ist, wenn ich Sie um diese Uhrzeit anrufe.“
    Der Minister setzte sich kerzengerade auf.
    „Was ist los? Hat es einen Terroranschlag gegeben? Ist jemand umgekommen?“
    „Nein, nein“, sagte die Stimme. „Nichts dergleichen. Dennoch konnte das meiner Meinung nach nicht bis morgen warten.“
    Dem Minister lag die Bemerkung auf der Zunge, dass Meinungen so vielfältig waren wie das, was ihnen beiden zwischen den Beinen hing, aber er verkniff es sich. Er wollte schleunigst mehr erfahren.
    „Worum geht es?“
    Der Fraktionsvorsitzende erklärte es ihm. Der Minister runzelte die Brauen, ließ die Beine aus dem Bett gleiten und schlüpfte in seine Pantoffeln. Er tappte ins Büro seiner Dienstwohnung.
    „Sie sagen, er war der Liebhaber dieser Frau? Ist das ein Gerücht oder eine Tatsache?“
    „Er hat es dem Polizisten gegenüber selbst gestanden.“
    „Der ist ja noch blöder, als ich dachte! Und er hat Ihnen nicht zufälligerweise gestanden, dass er sie umgebracht hat?“, spöttelte der Minister.
    „Ich denke nein“, antwortete der Anrufer völlig ernsthaft. „Ich glaube nicht, dass Paul zu so etwas imstande ist. Wenn Sie meine Meinung wollen: Paul ist ein Schwächling, der den starken Mann markiert.“
    Der Fraktionsvorsitzende war recht zufrieden mit dieser Einlassung, die seinen Rivalen entlastete und zugleich herabsetzte. Er wusste nur zu gut, wie ehrgeizig Paul Lacaze war. Dass der junge Abgeordnete auf seinen Posten scharf war. Er verabscheute diesen unabhängigen, eigensinnigen Kopf, der ständig aus der Reihe tanzte und sich als weißer Ritter der Politik gerierte. Das Problem mit weißen Westen ist, dass sie schnell schmutzig werden. Im Grunde war er nicht unglücklich über das, was gerade geschah. Aber der Minister seufzte.
    „Ich rate Ihnen, Wörter wie ‚Meinung‘, ‚ich glaube‘ oder ‚nach meiner Einschätzung‘ aus Ihrem Wortschatz zu streichen“, versetzte er schroff. „Die Wähler wollen keine Meinungen, sie wollen Taten und Tatsachen.“
    Der Fraktionsvorsitzende hätte gern widersprochen, aber er

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