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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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waren mit ihren Nerven am Ende.
    Warum meldet sich der Erpresser nicht mehr? Was ist mit Emma? Warum lässt er sie nicht frei? Hatte er vielleicht einen Unfall oder einen Herzschlag erlitten – und konnte deshalb Emmas Aufenthaltsort nicht mehr preisgeben? Oder wollte er vielleicht Emmas Versteck gar nicht verraten, weil dies Teil seines sadistischen Plans war? War er vielleicht gleich nach der Geldübergabe mit der Beute verschwunden und hatte Emma bereits zuvor getötet? Oder war ihm Emmas Schicksal schlichtweg egal, und sie ging in irgendeinem Erdloch jämmerlich zugrunde?
    Fragen über Fragen.
    Fragen, auf die es bislang keine Antworten gab.
    Wolfram Tannenberg war der Hauptadressat der nächtlichen Anfeindungen. Kein Wunder, schließlich war er ja auch de facto die Ursache dieses Dramas. Die einhellige Meinung der Familie bestand darin, dass ohne seinen Beruf Emmas Entführung niemals stattgefunden hätte. Diesem Argument vermochte er nichts entgegenzusetzen.
    Er litt wie ein Hund und wurde von Selbstkritik gemartert. Er machte sich große Vorwürfe, dass er möglicherweise einen gravierenden Fehler dadurch begangen hatte, dass er seine Vorgesetzten noch immer nicht über die Existenz Knut Mattissens informiert hatte – des einzigen Tatverdächtigen weit und breit, dem man ein nachvollziehbares Motiv für die Entführung zuordnen konnte. Vielleicht hätte eine Großfahndung nach ihm schon längst zu Emmas Befreiung geführt.
    Vielleicht war alles aber auch ganz anders. Vielleicht handelte es sich bei dem Täter ja gar nicht um Knut Mattissen. Vielleicht ging es diesem unbekannten Verbrecher doch nur ums Geld. Und diese plakativen Hinweise auf die Zwillingsbrüder waren nichts anderes als geschickte Täuschungsmanöver, um von den wahren Motiven des Entführers abzulenken. Vielleicht war diese gesamte Zwillingsgeschichte nur eine riesige Schimäre?
    Die nagende Ungewissheit über den Verbleib des kleinsten Familienmitglieds brannte so heftig in Tannenbergs Körper, dass er das Gefühl hatte, Stück für Stück von seiner eigenen Magensäure aufgefressen zu werden. Je angestrengter er über diese Fragen nachgrübelte und je mehr die Familie alle diese Möglichkeiten erörterte, umso aggressiver und aufgeheizter wurde die Stimmung ihm gegenüber.
    Die Einzigen, die sich in dieser Nacht mit Kritik weitgehend zurückhielten, waren Johanna von Hoheneck und der Rechtsmediziner. Unfreiwillig hatten sie die Rolle von Schlichtern übernommen. Mit geradezu stoischer Ruhe gelang es ihnen immer wieder, die Gemüter einigermaßen zu beruhigen und eine weitere Eskalation zu verhindern.
    Irgendwann vor dem Morgengrauen, das in dieser heißen Sommernacht seinen Namen wirklich verdient hatte, gelang es Johanna, Tannenberg für ein paar Stunden ganz aus der Schusslinie zu nehmen. Sie nahm ihn einfach an der Hand und führte ihn hoch in seine Wohnung. Er ließ es willenlos geschehen. Hanne zog ihn aus, legte ihn ins Bett und streichelte ihn so lange, bis er schließlich in einen dringend notwendigen Erholungsschlaf fiel.

Donnerstag, 8. August
    9 Uhr
     
    Als Tannenberg erwachte, ging es ihm bedeutend besser. Und nach einer ausgiebigen Dusche fühlte er sich geradezu wie neu geboren. Der segensreiche Schlaf hatte ihn mit neuer Lebensenergie ausgestattet. Noch während des Frühstücks telefonierte er mit Sabrina. Er hatte sie bereits in der Nacht über die Geldübergabe informiert und sie gebeten, auch weiterhin niemanden außerhalb des Insiderkreises davon in Kenntnis zu setzen.
    Nach langem Hin und Her hatte er sich dazu durchgerungen, seine bisherige Einzelkämpfer-Strategie auch weiterhin beizubehalten und seine Vorgesetzten nicht mit seinen illegalen Aktivitäten zu behelligen. Allerdings hatte er sich selbst ein Ultimatum gesetzt: Falls sich der Entführer bis 15 Uhr nicht bei ihm melden würde und Emma bis dahin noch immer nicht in Freiheit wäre, wollte er Eberle detailliert informieren und ihn um Durchführung einer breit angelegten Such- und Fahndungsaktion ersuchen.
    Er hatte die Zähne geputzt und gurgelte gerade, als sein Handy läutete. Ein Ruck wie ein Stromstoß peitschte durch seinen Körper. Das Geräusch kam so überraschend, dass er sich um ein Haar an dem schaumigen Wasser verschluckt hätte. Prustend spie er den Mundinhalt ins Waschbecken. In Erwartung des Erpressers drückte er die grüne Verbindungstaste.
    »Standesamt Rostock«, meldete sich eine barsche Frauenstimme. »Herr Tannenberg?«
    »Ja,

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